Industrie 4.0 und MES Was ist Lean MES und was kann das für Industrie 4.0 tun?
Folgende Definition von „MES“ findet sich in den unendlichen Weiten des Internet: „MES ist eine modulare Unternehmenssoftware, die das ERP und die Fertigungsebene datentechnisch verbindet“. Thorsten Gerberich, der die Carl Haas GmbH vertritt, Spezialist in der Kunststoffverbundtechnik und Drahtverarbeitung. Industrie 4.0 aber ist eine Herausforderung für MES.
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Im Rückgriff auf die Gerberich-Definition last sich hinzufügen, dass die MES-Module hochintegrativ miteinander vernetzt sind, so dass ein solches System
- aufbereitete Fertigungsdaten in Echtzeit liefert
- die IT-Landschaft (Datenkonsistenz) homogenisiert
- Abläufe und Maßnahmen initiiert.
- Dadurch besteht die Gefahr von
- Fehlinvestitionen durch „Over-Engineering“
- Ein Risiko von Fertigungsstillständen
- Aufwänden für Datenpflege und MES-fähige Maschinen.
Das wird durch die Digitalisierung nicht unbedingt besser. Tatsächlich befürchten viele mittelständische Betriebe Probleme durch zu komplexe Systeme und hohe Investitionen trotz der rosigen Aussichten durch Industrie 4.0. Eine erschwingliche Alternative für den Mittelstand ist ein - wenn man so will – „Lean MES 4.0“. Dieses soll die notwendige Kollaborationsproduktivität durch Integration gewährleisten und schon heute Produktionsreserven freisetzen.
Warum Industrie 4.0?
Die Anforderungen an Produktionsbetriebe nehmen kontinuierlich zu. Neben Verbesserungen auf Produkt- und Prozessebene ist eine flexible Fertigung gefragt, um Kleinstmengen und Einzelstücke nach individuellen Kundenwünschen gewinnbringend zu produzieren.
In diesem Kontext ist der Begriff Industrie 4.0 nicht mehr wegzudenken. Er steht für die vierte Industrielle Revolution. In Anlehnung an das Schlagwort der Industrie 4.0 wird im Folgenden unter dem Motto „Lean MES 4.0“ ein MES als bezahlbare und zukunftssicherere Alternativlösung für den Mittelstand vorgestellt.
Die Industrie 4.0 kennzeichnet eine neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten, der vor allem durch das Zusammenwirken von klassischen und neuen Internet-basierten Technologien (sowie RFID beispeilsweise) möglich wird. Die Industrie 4.0 verspricht eine höhere Produktivität durch eine bessere vertikale und horizontale Integration von dezentraler Intelligenz.
MES als Brücke
Voraussetzung für eine solche „Smart Factory“ ist die Verfügbarkeit aktueller und nachvollziehbarer Informationen (und verarbeitender Intelligenz) an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt. Durch eine umfassendere vertikale und horizontale Integration der dezentralen Information und Intelligenz entsteht so die geforderte bessere „Kollaborationsproduktivität“.
MES-Applikationen wie „Bisoft MES“ der GBO Datacomp GmbH oder "Prisma" von IBS verwandeln in diesem Sinne Betriebsdaten in relevante Informationen und machen sie umfassend und überall verfügbar und nutzen sie für eine optimale Steuerung. Autoren wie Sontow et al. sprechen daher von MES als Brückentechnologie für die Industrie 4.0 (Sontow 2014).
Das integrierte Werkstück ist der Grundgedanke der Industrie 4.0: Es beinhaltet aktives Wissen, kommuniziert mit Maschinen, Werkzeugen sowie Menschen und sucht sich seinen optimalen Weg durch die Produktion – unter Berücksichtigung eventueller Anlagestörungen, Reihenfolgen von Terminen und mit optimalem Energieverbrauch.
Die heutigen MES stellen diese Verbindung zwischen Mensch, Maschine, Material und Werkzeug bereits durch die zentrale Daten- und Prozessbasis her und ermöglichen heute schon eine hohe Integration in Management-Systeme – ein wichtiger Schritt in Richtung Industrie 4.0. Auch in Zukunft müssen integrative Aufgaben nicht zwangsweise auf das intelligente Werkstück ausgelagert werden, insofern werden MES nach Ansicht des Autors auch in Zukunft diese Rolle in vielen Steuerungsszenarien übernehmen.
Standardisierte Schnittstellen als Basis
Damit MES dies zukünftig optimal leisten können, gilt es, eine weltumfassende Standardsprache der Schnittstellen zu entwickeln. Eine standardisierte Schnittstellensprache und ein dadurch vereinfachtes Lean MES vereinfacht Innovationen auch für einen Mittelstand. Bis die vereinheitlichten Schnittstellen zur Verfügung stehen, übernimmt Software, wie „Bisoft Virtcont 4.0“, die Integration. Auf Basis der heute bereits zur Verfügung stehenden, teilweise standardisierten Kommunikationsmöglichkeiten, wie OPC oder OPC UA, werden die Integrationen bereits vorgenommen.
Die deutsche Wirtschaft ist durch mittelständische Betriebe geprägt, so dass der Mittelstand hierzulande für das von Bund und EU geförderte Projekt „Industrie 4.0“ erfolgsentscheidend ist. Doch ist die Industrie 4.0 überhaupt mittelstandstauglich?
In puncto Industrie 4.0 und Mittelstand ist festzustellen:
- Der Mittelstand ist von den technologischen und organisatorischen Voraussetzungen heterogen aufgestellt.
- Industrie 4.0-Lösungen für den Mittelstand können kein technisches Basis-Szenario oder einen bestimmten Reifegrad voraussetzen.
- Der Mittelstand wird nur da investieren, wo der Return on Investment deutlich ist, und nur so viel, dass die Wirtschaftlichkeit optimiert wird.
Hightech-Lösungen und Big-Bang-Lösungszenarien sind daher keine ideale Lösung. Die Alternative sind schlanke, aber integrations-offene Systeme auf Basis offener Standards, die die heute vorhandene Systemlandschaft unterstützen und sukzessiv noch vorhandene Produktivitätspotenziale realisieren statt Big Bang.
MES und Lean?
Unter diesen Voraussetzungen wird nun Lean MES diskutiert. Gemeint sind funktional „schlanke“ MES als Drehscheibe, die durch ergänzende Integrationstools verschiedenste Systeme, Anlagen, Werkzeuge, Materialien und den Menschen vernetzen. Die Daten stehen in Echtzeit an jeder beliebigen Stelle zur Verfügung – von der Verdichtung der Einzelinformationen an der Maschine bis hin zum effizienten Kennzahlen-Management. Der reibungslose Datenaustausch via Cloud mit Vorlieferanten, Zulieferern und Endkunden ist in einem solchen Szenario gewährleistet.
Da aufgrund der tiefen Vernetzung das Thema Datensicherheit ein kritischer Punkt ist, kommt der Beachtung von Datensicherheit eine hohe Priorität zu. Insgesamt wird so ein schlankes, vernetzendes MES 4.0 zur Plattform für den Entwicklungspfad in die Zukunft!
Industrie 4.0 und Lean?
Passen denn die auf dem ersten Blick unvereinbaren Konzepte Industrie 4.0 und Lean zusammen? Als CIM, der „Vorläufer“ von Industrie 4.0, scheiterte, war Lean gerade die Alternative beziehungsweise die Gegenbewegung. Die Industrie 4.0 kann hier aus den Fehlern von CIM lernen.
Nicht zentralisierte, maximal funktionale, monolithische Systeme sind zukunftsträchtig, sondern vernetzte, dezentrale und schlanke Lösungen, die über die oben geforderte gemeinsame Sprachen miteinander verbunden werden. Insofern muss Industrie 4.0 – wenn überhaupt - ein „Lean CIM“ sein, wo Technologie und Integration eine Schlüsselrolle spielen, aber situativ je nach Kontext eingesetzt werden. Schlanke MES-Systeme erlauben das sukzessive Wachsen von Industrie 4.0-Lösungen – mit heutigen MES als idealen Ausgangspunkt.
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