Messbar gedämpft Was ist Encircled Flux?
Anbieter zum Thema
Jetzt aber Flux! Wenn von Encircled Flux (EF) die Rede ist, geht es um die präzise, verlässliche und reproduzierbare Messbarkeit von Dämpfung in Multimodefasern. Marius Mammen von der TDE – Trans Data Elektronik GmbH, hilft bei der Begriffsklärung und erläutert: So geht’s.

Glasfaserkabel sind in Zeiten steigender Anforderungen an die Übertragungsgeschwindigkeiten die erste Wahl für zukunfts- und investitionssichere Netze. Um optische Signale über größere Entfernungen zu überbrücken, sind Multimodefasern ideal: Sie ermöglichen hohe Bandbreiten und haben eine deutlich geringere Dämpfung als Singlemodefasern.
Doch Daten, Sprach- und Video-Applikationen treiben die Bandbreite in immer neue schwindelerregende Höhen. Damit sich Infiband- und Gigabit-Ethernet-Technologien verlustfrei und auch mit immer enger werdenden optischen Dämpfungsbudgets realisieren lassen, müssen Dämpfungsmessergebnisse präzise, verlässlich und reproduzierbar sein. Hier kommt Encircled Flux (EF) ins Spiel.
Multimode-Glasfaserkabel können bei zu hohen Streuverlusten die Datenfluten nicht mehr bewältigen. Netzwerktechniker müssen wissen, wie hoch der Verlust der übertragenden Daten in den Multimodefasern ist. Sie nutzen daher Dämpfungsmessungen. Entsprechend der Messergebnisse lassen sich korrigierende Maßnahmen ergreifen.
Mit Encircled Flux erkennen Netzwerktechniker zuverlässig, ob ihr Netz ausgelastet ist oder ob Lichtleistung tatsächlich verloren geht - und wenn ja wie viel: Dafür definiert die Einkoppelbedingung die Anregungsbedingungen in Multimode-Glasfasern, indem das Verhältnis zwischen der eingekoppelten Sendeleistung und dem Radius des angeregten Teils des Faserkerns bestimmt wird.
Ganz schön herausfordernd: Wie sich präzise Messungen erreichen lassen
Die präzise und reproduzierbare Messung der Dämpfung in Multimodefasern ist anspruchsvoller als bei Singlemodefasern: In diesen breitet sich das Licht schließlich nur in einer Mode aus.
Multimodefasern hingegen haben einen wesentlich größeren Kern, wodurch die Lichtübertragung auf unterschiedlichen Wegen, so genannten Moden, möglich ist. Die Messbarkeit verlässlicher und reproduzierbarer Einfügedämpfungen (IL = Insertion Loss) ist in der Praxis daher herausfordernd: Techniker benötigen zunächst qualitativ hochwertige Komponenten wie Messkabel, Kupplungen und Stecker, um Encircled Flux Compliance herstellen zu können und die auf der Verkabelungsstrecke verloren gehende Lichtleistung genau zu messen. Ein falscher Messaufbau ebenso wie unterschiedliches Equipment kann zu IL-Messungenauigkeiten oder zu stark abweichenden IL-Werten beitragen.
Selbst wenn Techniker das gleiche Referenztestkabel mit Steckverbindern in Referenzqualität haben und es unter Verwendung von Mandrels (Wickeldorn) nutzen, kann es dennoch zu IL-Messungenauigkeiten oder abweichenden IL-Werten kommen. Dies ist der Fall, wenn sie unterschiedliche Lichtquellen oder Lichtenergien wie VCSEL (Vertical Cavity Surface Emitting Laser), Laser oder LED in die Stecker einkoppeln. Und auch wenn die Lichtquelle dieselbe ist, können typische Ungenauigkeiten im Bereich von bis zu +/- 0,09 dB auftreten.
Von Overfilled und Underfilled Launch Conditions
Verlust entsteht in allen Fällen: Oberflächenemittierende LED-Lichtquellen übertragen die Lichtenergie gleichmäßig über die ganze Fläche des Kerns verteilt. Weil die Strahlungsfläche und Winkelverteilung jedoch größer sind als der Faserkern, überfüllen sie die Multimodefaser respektive ihren Kern.
Die Folge: Sowohl das außerhalb des Faserkerns einfallende Licht als auch das in einem Winkel auftreffende und den Akzeptanzwinkel des Faserkerns übersteigende Licht geht für die Übertragung verloren. Diese „Overfilled Launch Condition“ genannte Vollanregung erzeugt tendenziell zu hohe Dämpfungswerte und damit zu pessimistische Messergebnisse.
Dagegen übertragen Kantenstrahler wie Laser oder VCSEL-Hochleistungslaser die Lichtenergie nur in einem geringen Bereich des Kerns. Bei diesen Lichtquellen sind die Strahlungsfläche und die Winkelverteilung des Lichts kleiner als der Faserkern. Da sich der Großteil der optischen Leistung in der Mitte der Faser konzentriert, ist der Kern nicht vollständig ausgeleuchtet. Das Ergebnis ist eine sogenannte „Underfilled Launch Condition“, die zu niedrige Dämpfungswerte erzeugt und in der Regel zu optimistische Messergebnisse produziert (siehe: Abbildung 2).
Die ideale Einkoppelbedingung
Nur wenn sich das Licht über den gesamten Faserkern verteilt, liegen ideale Einkoppelbedingungen vor. Um Dämpfungsmessungen vergleichen zu können, sind daher die Einkoppelbedingungen entscheidend, unter denen Licht in einen Stecker geleitet wird. Nur wenn die Übertragung des Lichtes in einem genau definierten Teilbereich des Faserkerns erfolgt, sprechen Experten von Encircled Flux (EF) (siehe: Abbildung 3)
Wichtig ist daher, die Anregungsbedingungen für die Einkopplung, wie sie Encircled Flux vorsieht, sorgfältig zu definieren. Das Ziel: Vergleichbare, reproduzierbare und damit verlässliche Messwerte zu erhalten und Messunsicherheiten zu minimieren. Das schafft Encircled Flux: Die Einkoppelbedingung ist durch sorgfältig definierte Anregungsbedingungen definiert und senkt die Messunsicherheit auf etwa zehn Prozent.
Ursprünge der Encircled Flux Metrik
Den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Encircled-Flux-Metrik bildet die Simulation von Übertragungsbandbreiten: Entwickler machten sich dabei die entstehende Modendispersion bei wenig begrenzter Bandbreite zu Nutze.
Ein weiterer enger Zusammenhang bildet die Entstehung und Entwicklung mit den Oberflächenemittern VCSELs: Seit 1999 kommen sie dank ihrer hohen Datenrate und ihrer optimalen Eignung für die analoge Breitband-Signalübertragung als optische Sender für die High-Speed-Übertragung zum Einsatz. VCSEL-Lichtquellen arbeiten mit einer Wellenlänge von 850 Nanometer (nm).
Anders aber als LEDs mit gleicher Wellenlänge koppeln sie das Licht ein: VCSELs emittieren einen schmalen Lichtstrahl, der in der Mitte des Glasfaserkerns am hellsten ist. Nach außen hin dunkelt er schnell ab und beleuchtet den Kern nahe der Grenzschicht zum Mantel nicht mehr. Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) hat die Wellenlänge von 850 nm auch für die Übertragung von VCSELs auf Multimodefasern für Gigabit-Ethernet vorgegeben.
Mit der Entwicklung des 10-Gigabit-Ethernet kam es zur Festlegung der Encircled-Flux-Metrik: Sie definiert Encircled Flux als Einkoppelbedingung für eine VCSEL-Lichtquelle, die ihre Lichtleistung stärker auf die Mitte des Faserkerns konzentriert als Laser oder LEDs. Der IEC-Standard 61280-4-1 definiert seit Juli 2009 die Teilbereiche für die Energieverteilung des Lichtes im Kern (siehe: Abbildung 4)
Neu hinzugekommen ist 2016 der IEC-Standard 61300-3-53: Er definiert den winkelabhängigen begrenzten Lichtstrom für 200-µm-Kern-Fasern bei 850nm. Diese Encircled Angular Flux (EAF) genannte Einkoppelbedingung regt die meisten transversalen Moden an. Der EAF bestimmt die Fernfeld-Messung des Lichtes, das vom Ausgang des Referenz-Grad-Vorlaufkabels kommt.
Damit meint Encircled Angular Flux den Bruchteil der gesamten optischen Leistung, die von einem Stufenindex-Multimode-Lichtwellenleiterkern innerhalb eines bestimmten Raumwinkels ausstrahlt. Die EAF-Metrik wird als Funktion der vollen Winkel der numerischen Apertur gemessen (siehe: Abbildung 5 und 6).
Die Einkoppelbedingungen variieren je nach Lichtquelle. Netzwerktechniker müssen deshalb die VCSEL- und LED-Dioden sowie Laser den EF-Bedingungen anpassen. Die Grundlage vieler Standards – wie IEE802.3, ANSI/TIA und ISO/IEC – bilden LED-Lichtquellen. Diese überfüllen jedoch den Glasfaserkern und weisen daher mehr Moden auf, die sich nahe der Grenzschicht zwischen Kern und Mantel befinden.
Diese Moden höherer Ordnung sind anfälliger für die Dämpfung durch das Biegen der Glasfaser und gehen an Verbindungsstellen zuerst verloren. Führen Netzwerktechniker Multimode-Dämpfungsmessungen mit einer LED-Lichtquelle durch, kommen so genannte Mandrels zum Einsatz, die zuverlässige und reproduzierbare Ergebnisse garantieren.
Dafür wird das mit der Lichtquelle verbundene Anschlusskabel so um den zylindrischen Wickeldorn (Mandrel) gewickelt, dass der Einfallswinkel an der Biegung kleiner ist als der Grenzwinkel der Totalreflexion. Die Moden höherer Ordnung lassen sich so beseitigen, bevor das Testsignal in die zu prüfende Strecke eingekoppelt wird. Das Ergebnis: Die gemessene Dämpfung verringert sich (siehe: Abbildung 7).
Für die Verwendung einer Laser-Lichtquelle sehen die Standards IEEE802.3aq und FOTP (Fiber Optic Test Procedure) zusätzlich einen Fiber Shaker vor. Dieser passt die „Speckle“ genannten helleren Sprenkel durch Änderung der differenzialen Weglänge der unterschiedlichen Moden in der Faser an. Dies geschieht durch kontinuierliches Schütteln der Faser während des Messvorgangs, um die „Speckles“ auszumitteln (siehe: Abbildung 8).
Abweichung von unter 10 Prozent
Dank der Encircled-Flux-Metrik lässt sich die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse signifikant verbessern und deren Abweichung auf einer gesamten Verbindungsstrecke auf unter 10 Prozent senken. Netzwerktechniker müssen die EF-Einkoppelbedingung regelmäßig überwachen, um vergleichbare Messergebnisse gewährleisten zu können.
Dies ist selbst dann nötig, wenn Hersteller von Dämpfungsmessgeräten die Einhaltung von EF garantieren. Denn selbst bei baugleichen Messgeräten der gleichen Serienreihe und desselben Baujahrs können Unterschiede auftreten. Soweit die Theorie.
Und in der Praxis?
Die IL-Messung von LWL-Steckern (S2) oder Kabeln läuft wie folgt ab: Netzwerktechniker verbinden einen Testjumper mit einer Lichtquelle. Am Ende des Testjumpers bringen sie einen Stecker an (S1) und verbinden diesen mittels Kupplung mit dem Prüfling. Danach koppeln sie das Licht von der Lichtquelle über S1 in den Stecker S2 ein, fangen es über das daran angeschlossene Kabel am anderen Ende auf und messen es.
Die Lichtübertragung in der Glasfaser erfolgt dabei nur im Faserkern, nicht in der gesamten Faser. Mit Hilfe diese Testaufbaus lassen sich die Verlustleistung beziehungsweise der Energieverlust messen, die beim Einkoppeln der Lichtenergie von S1 in S2 entstehen.
Encircled Flux kann sich abhängig von der verwendeten Faser oder weiteren Zwischenadaptierungen signifikant verändern. Daher müssen Netzwerkexperten die Compliance zwingend am Ende des Testjumpers kontrollieren.
Und das bringts!
Dank Encircled Flux lassen sich Ungenauigkeiten bei Dämpfungsmessungen nachweislich auf circa 10 Prozent reduzieren – vorausgesetzt, die Anregungsbedingungen sind sorgfältig definiert. Auch die gute Performance in Highspeed-Netzen bei Verwendung von 850 nm VCSELs in 10-Gigabit-Ethernet-Systemen lässt sich nur unter Einhaltung von Encircled Flux gewährleisten. Dasselbe gilt auch für Technologien wie PRIZM® LightTurn®: Hierbei werden optoelektronische Module direkt auf den Leiterplatten montiert und über Prismenstecker platzsparend angeschlossen.
Auch Lensed (PRIZM) MT (2-dB-Connector) liefern ohne EF-Compliance keine zuverlässigen Messergebnisse. Und last but not least garantiert Encircled Flux auch die bessere Vergleichbarkeit von unterschiedlichem Messequipment. Zwar liefern inzwischen viele Light Source + Power Meter (LSPM) und optische Zeitbereichsreflektometer (OTDR = optical time domain reflectometer) EF-Bedingungen, doch gilt die Einhaltung nur für den Messgeräte-Ausgang und nicht zwangsläufig für den nachgeschalteten Testjumper oder die Vorlaufstrecken. Der Grund: Wird ein Adapterkabel zwischen Messgeräte-Ausgang und Prüfling geschaltet, können sich die am zu messenden Stecker anliegenden Einkoppelbedingungen komplett ändern.
Auslöser hierfür können Fasertypen unterschiedlicher OM-Kategorien, deren Kombination, die Verbindungsanzahl oder sogar unterschiedliche Faserhersteller und Kabellängen sein. Deshalb müssen Netzwerktechniker mit geeigneten Testgeräten prüfen, ob die EF-Bedingungen noch anliegen. Tun sie das nicht (mehr), müssen sie sie gegebenenfalls mit geeigneten Maßnahmen, etwa einem Mode Controller oder Mandrel, herstellen. Eine verbindliche Anleitung für die Herstellung von Mandrels gibt es nicht, weshalb diese im Einzelfall faser- oder kabelabhängig mit Hilfe eines Encircled-Flux-Meters hergestellt werden müssen.
Hier wird nochmals klar: Encircled Flux ist kein statischer Parameter. Die Anregungsbedingung verändert sich dynamisch im Lauf einer Kabelstrecke. Wollen Hersteller und Netzwerkingenieure verlässliche und vergleichbare Messergebnisse erzielen, müssen sie die Einkoppelbedingungen direkt vor dem zu messenden Stecker prüfen. Nur – und wirklich nur hier – lässt sich Encircled Flux erfolgreich umsetzen.
Multimode Anregungsbedingungen vor Encircled Flux
Coupled Power Ratio (CPR)
Bis 2006 lag mit der Norm DIN EN 50346 Coupled Power Ratio (CPR) für die Anregungsbedingung (Launch Condition) zu Grunde. Sie ist definiert als Differenz der Lichtleistung, eingekoppelt in eine Multimode- und eine Singlemodefaser.
Fasern mit Overfilled Mode Conditions haben höhere dB-Differenzen als Fasern mit Underfilled Mode Conditions. Um den CPR-Wert einer Lichtquelle zu ermitteln, wird ein Messverfahren festgelegt und die Lichtquelle in fünf unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Kategorie 1 klassifiziert eine „overfilled launch condition“, Kategorie 5 eine „very underfilled launch condition”. Für die Wellenlänge von 850 nm und den Faserdurchmesser von 50 µ – bei der eine besondere Singlemodefaser mit 5 µ Kerndurchmesser benötigt wird – betragen die CPR-Kategorien:
Category (Overfilled) | = | 20-24,0 dB |
---|---|---|
Category 2 | = | 16-19,9 dB |
Category 3 | = | 11-15,9 dB |
Category 4 | = | 06-10,9 dB |
Category 5 (Very Unfilled) | = | 00-5,9 dB |
Modal Power Distribution (MPD)
Seit 2006 wurde die Modal Power Distribution (MPD) im Kontext der DIN ISO/IEC 14763-3 als Parameter für die Modenleistungsverteilung genutzt. Sie gilt für LED-Lichtquellen und basiert auf der Tatsache, dass die verschiedenen Moden höherer und niedriger Ordnung sich auch in der Faser unterschiedlich verhalten. Bei einer nicht biegeoptimierten 50 µm OM2-Faser sind fünf Windungen um einen Wickeldorn (Mandrel) mit 22 mm Durchmesser nötig, um Modal Power Distribution herzustellen. Sie garantiert eine overfilled launch condition und spiegelt damit die Worst-Case-Szenarien in einer Anwendung.
Doch sowohl bei CPR als auch MPD: Beide Anregungsbedingungen führen zu großen Abweichungen. Im Falle der Modal Power Distribution beträgt diese bis zu 40 Prozent.
* Marius Mammen ist Technischer Leiter und CTO der TDE – Trans Data Elektronik GmbH (tde).
(ID:48688586)