Digitale Plattformen sind attraktiv als Marktplatz für Tausch und Austausch. Unternehmen, die sie intelligent einsetzen, sparen damit Zeit und Geld. Und eine Plattformarchitektur kann die Basis sein für Alleinstellungsmerkmale eines Unternehmens.
Die ideale Plattformarchitektur spart Zeit und Kosten
(Bild: von Rosy from Bad Homburg/Germany auf pixabay)
Der Begriff der Plattform hat in der digitalen Welt Konjunktur. Plattformen gibt es dort zuhauf: das Spektrum reicht von der industriellen Planung und Fertigung (Automobile, Industriesteuerungen, Rechenzentren und mehr) über die Verkehrsplanung (beispielsweise „Digitale Schiene Deutschland“) bis zum Finanzwesen (Trader Plattform) und zur digitalen Ökonomie (Internet-Plattform).
Nicht zu vergessen der Plattform-Begriff in der Informatik, den wir unter „Ergänzendes zum Thema“ in dort gebotener Kürze erläutern und dem wir kurzfristig einen eigenen Definitionsartikel widmen werden (siehe: Kasten)
Wenn man etwas tiefer in die Semantik des Begriffs eindringt, so wie er derzeit verwendet wird, dann stellt man fest, dass zwar die Verwendung durchaus schillert, dass aber doch einige Elemente allen Verwendungsweisen gemeinsam sind: Eine „Plattform“ wird zum einen „irgendwie“ als zentrale Stelle eingesetzt und fungiert zum anderen als vermittelnde Instanz in alle möglichen Richtungen.
IT-Plattformen - Hardware und Software
Um zeit- und kosteneffiziente Software schreiben zu können, benötigen auch hochklassige Programmiererinnen und Programmierer eine Plattform, also eine Umgebung, die so konfiguriert ist, dass chip- und prozessortechnische „Innereien“ für sie unsichtbar („transparent“) sind. Derartige Hardware- und Software-Entwicklungsplattformen bieten sozusagen „Black-Box-Funktionalität“, das heißt die Anwenderin oder der Anwender wissen, was die Plattform „kann“, wollen und müssen aber nicht wissen, wie sie das macht. Alle technischen Details sind gekapselt.
Solche Plattformen helfen indes nicht nur den „Softwerkern“, sondern auch den Anwenderinnen. Durch die gekapselte Funktionalität lassen sich nämlich Neuentwicklungen sowohl in der Hardware als auch in der Software so gestalten und unter die „funktionale Haube“ bringen, dass auch bisherige Systeme, Programme, Laufzeitumgebungen etc. unter der neuen Plattform laufen („Abwärtskompatibilität“). Andererseits kann man auch gekapselte Funktionsblöcke so gestalten, dass man erwünschte oder vorhersehbare technische Entwicklungen schon vorzeitig einbaut („Aufwärtskompatibilität“).
Die x86-Prozessorplattform ist wohl das beste Beispiel aus der Frühzeit der Informationstechnik für eine Jahrzehnte lang ermöglichte Abwärtskompatibilität.
Auf jeden Fall: Kapselung oder Abstraktion
Auf welcher Ebene man mit der Kapselung oder Abstraktion beginnt, ist letztlich situations- und zweckbedingt. Eine entsprechende Plattform kann Binärcode- oder auch Quellcodekompatibilität garantieren, sie kann auf Betriebssystemebene aufsetzen oder sie kann sogar, beispielsweise bei dynamisch interpretierten Laufzeitumgebungen, die Unterschiede verschiedener Betriebssysteme „einebnen“, so dass es für den Entwickler unwichtig ist, welches Betriebssystem verwendet wird.
In heutigen Anwendungen im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) und Höchstleistungsrechnen (HPC) sind noch einmal mehr Funktionsebenen „wegabstrahiert“. Ein Beispiel ist Nvidias Server-Plattform „HGX H100“ für Exascale-Hochleistungsrechnen und KI mit Billionen von Parametern, wie sie beispielsweise humanoide Konversationssysteme a la „ChatGPT“ benötigen.
Für die Serverplattform HGX H100 verwendet Nvidia die neue auf ARM-Technik aufbauende „Grace“-CPU, wobei der Superchip „Grace Hopper“ die Grace-CPU und die Hopper-GPU über eine genau abgestimmte Chip-to-Chip-Schnittstelle mit einer Geschwindigkeit von 900 GB/s koppelt. Programmierinnen und Programmierer müssen sich dabei auf die hochkomplexen Algorithmen konzentrieren können und benötigen deshalb viel „Abstraktionsarbeit“ seitens Nvidia bei der Architektur der KI-Rechnerplattform als solcher.
Noch ein Beispiel
Ein anderes Beispiel – noch einmal von Nvidia – ist die „Omniverse“-Plattform, die für das weltweite gemeinsame Arbeiten vieler Beteiligter an dreidimensionalen Objekten, Szenen sowie oft hochkomplexen Szenerien wie ganzen Fabriken ausgelegt ist. Eine wesentliche Komponente für das „Hantieren“ im Omniverse ist dabei eine von Nvidia bereitgestellte Entwicklungsplattform, die auf „Universal Scene Description“ (USD) basiert, einer 3D-Sprache, die Interoperabilität zwischen verschiedenen Software-Suiten herstellt (siehe: „Offene Standards für 3D-Inhalte; Pixar, Adobe, Apple, Autodesk und Nvidia bilden Allianz für OpenUSD“).
Als besonders interessantes Beispiel für groß anlegte IT-Plattformen sei hier noch eine Synthese aus HPC und Quantencomputing (QC) erwähnt, wie sie der schweizerisch-österreichisch-deutsche QC-Cloud-Anbieter QMware zusammen mit Quix Quantum, einem Hersteller photonischer Quantenrechner anbietet.
Bei diesem hybriden HPC/QC-Produktangebot muss die Integration auf allen Ebenen des Computational Stack stattfinden, eine bloße Verbindung auf der Workflow-Ebene von HPC und QC beispielsweise wäre keine tragfähige Basis für die Software-Entwicklung. Konkret benötigt man eine vollständige Integration aller Befehle in einem Software Developer Kit, sodass man den Code auf verschiedenster Quanten-Hardware ablaufen lassen kann.
Es lässt sich leicht denken, wie viel Abstraktionsarbeit notwendig ist, um Informatikerinnen und Informatiker ein Werkzeug an die Hand zu geben, damit sie diesen Hybridrechner programmieren können, ohne dauernd in die Tiefen der Quantenphysik hinabsteigen zu müssen.
Strukturmuster identifizieren
Ganz offensichtlich soll eine digitale Plattform Ordnung schaffen und so den Einsatz von Arbeitskraft und Finanzen möglichst effizient steuern, um Kraft und Kosten zu sparen. Dazu sind bestimmte Strukturmuster nötig, die man unter dem Begriff der Plattformarchitektur zusammenfassen kann.
Wenn eine Plattformarchitektur Arbeit, Zeit und Kosten sparen soll, dann heißt das in erster Linie Doppelarbeit zu vermeiden, sprich diejenigen Arbeitsschritte zu identifizieren und in einer Plattform zusammenzufassen, die in verschiedenen Prozess-Stadien und unterschiedlichen Komponenten repetitiv vorkommen.
Eine konkrete Vorgehensweise ist hierbei die strikte Trennung von Datenbasis, Zugriffsmethoden und den eigentlichen Anwendungen, damit die Entwicklerinnen und Entwickler nicht jedes Mal das Rad in Form von geeigneten Datenstrukturen neu erfinden müssen.
Im idealen Fall profitieren im Übrigen auch die Anwender von einem solchen Ansatz, da beispielsweise Anwendungen („Apps“) unterschiedlicher Anbieter zusammenspielen können (sollten). Oder es können eigenentwickelte Apps (so man die IT-Expertise im Haus hat) mit zugekauften Anwendungen kombiniert werden.
Die verschiedenen Typen einer Plattformarchitektur
Die ideale Plattformarchitektur ist auf das Teilen von Expertise und Arbeitskraft und damit auf Kosteneffizienz ausgelegt. Nicht jeder muss alles machen, sondern jeder macht, was er oder sie am besten können, so dass das Ergebnis ein „Best of all“ ist.
Ein optimales Ergebnis ist aber nur dann möglich, wenn die Schnittstellen exakt definiert und einfach zu handhaben sind. Nur dann kann die jeweilige Expertise von Plattform-Betreibern, Applikations-Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Systemintegratoren nahtlos ineinandergreifen.
In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, wenn eine offene Plattformarchitektur, beispielsweise mit offen gelegten Schnittstellendefinitionen, verwendet wird. In jedem Fall muss die Architektur einer Plattform in angemessener Weise definiert werden. Es muss klar sein, ob eine Plattform offen oder geschlossen ist, ob sie gemeinsam genutzt wird oder proprietär ist.
Wer mit einer Plattform arbeiten will, sollte sich sehr genau darüber informieren, wie die Bausteine der Plattformarchitektur (einschließlich der Plattformbetreibenden, der Plattformanbietenden und der Plattformnutzenden) aussehen. Eine Matrix offener/geschlossener beziehungsweise gemeinsam genutzter/eigener Plattformen und der Ressourcen/Fähigkeiten für jede dieser Plattformen kann dabei eine große Hilfe sein.
Plattformarchitektur und Digitaler Zwilling
In Deutschland dürfte derzeit das Prinzip der Plattformarchitektur am erfolgreichsten und intensivsten im Fertigungsbereich (Industrie 4.0) umgesetzt werden. Aber auch im Finanzbereich wird die Architektur eines schmalen zentralen „Baukörpers“ mit vielen flexiblen Andockpunkten erfolgreich angewandt. Man denke hier nur an die digitalen Finanzplattformen, beispielsweise die so genannten Neobroker, deren Architektur aus einer modularen digitalen und schlanken Bank-Infrastruktur und vielen kundenfreundlichen, sprich funktional reichhaltigen und dennoch intuitiv zu bedienenden Apps besteht.
Im Fertigungsbereich ist der Gedanke der Plattformarchitektur vor allem im Umfeld der virtuellen digitalen Abbildung realer Abläufe, Stichwort Digitaler Zwilling, zu verorten. Dabei handelt es sich nicht um ein monolithisches Datenmodell, sondern um unterschiedliche Aspekte digitaler Repräsentationen, Funktionalitäten, Modelle und Schnittstellen.
Stand vom 30.10.2020
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Entsprechende Teilmodelle haben dabei „Fühler“ nach außen, verwaltungstechnische Ummantelungen („Asset Administration Shells“), über die sie miteinander kommunizieren und agieren. Das heißt: Ein wichtiger Teil der digitalen Abbildung sind dynamische Elemente wie Datenaustausch, Schlussfolgerungen und Anpassungen an neue Fakten.
Die Komplexität des technischen Gebildes „Digitaler Zwilling“ hat dabei hohe Anforderungen an genau definierte und allgemein akzeptierte Schnittstellen, sowohl im syntaktischen Bereich (Protokolle) als auch in der Semantik (Informationsmodelle).
Als umfassende syntaktisch-semantische Informationsmodelle sind diese virtuellen Assets die ideale Plattform für eine flexible Fertigungssteuerung, über die sämtliche für die Fertigung relevanten Objekte zusammen mit deren Daten zentral gehandhabt werden können und auf die über standardisierte Methoden und Funktionen Apps aller Art flexibel zugreifen können.
Plattformarchitektur als Basis für Alleinstellungsmerkmale
Die einer solchen Plattformarchitektur zugrunde liegende Interoperabilität ermöglicht es dem Anwender, beliebige Anwendungen und Systeme über die Plattform zu integrieren. Nicht zuletzt befreit eine solche Plattformarchitektur den Anwender aus den Fängen eines Herstellers (Vendor-Lock-in).
Und wenn man wenigsten ein Minimum an IT-Expertise im Haus erarbeitet hat, dann befreit es einen auch aus den Fängen eines einzigen, allwissenden Systemintegrators. Fertigungsunternehmen mit ausgeprägter IT-Expertise benutzen im Idealfall die zugekaufte Plattformarchitektur und einige wenige Basisanwendungen als allgemeine Grundlage, die sie dann mit dem spezifischen Branchenwissen ihres Unternehmens und dem Expertenwissen hinsichtlich des eingesetzten Maschinenparks anreichern und so echte Alleinstellungsmerkmale generieren.