Ein Herz für Mittelständler, und Preistransparenz im Co-Location Keppel baut sich einen Brückenkopf aus Singapur
Mit einem ungewöhnlichen Preismodell will Keppel Datacenters in Deutschland Enterprise-Kunden gewinnen. Das neue Frankfurter Rechenzentrum des Co-Locators ist die erste deutsche Niederlassung des Rechenzentrumszweigs des traditionsreichen asiatischen Konzerns.
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Passend zur Seefahrer-Tradition von Keppel Corp. schipperten am Dienstag rund 150 Gäste anlässlich der Eröffnung des „FDC 1“ (Frankfurt Data Centre 1) von KDC über den Main, wo sie empfangen und bewirtet wurden.
Das Mutterunternehmen Keppel Inc. hat eine lange Geschichte. Sie reicht zurück bis zu Kapitän Keppel, einen Briten, der 1848 nach Singapur kam. 1900 wurde der Tiefseehafen von Singapur nach Keppel – mittlerweile 92jährig und zum Admiral der Königlichen Flotte aufgestiegen – benannt. Unternehmerischer Vorläufer der heutigen Keppel Corp. war eine kleinere Werft, Keppel Shipyard. 1968 nannte sich das Unternehmen in Keppel Corp. um und begann zu diversifizieren.
Heute beschäftigt Keppel rund 30.000 Mitarbeiter weltweit und ist in vier Sektoren aktiv: Marine/Offshore, Marine/Offshore – eines der Tochterunternehmen dieses Bereichs ist immer noch Keppel Shipyard. Weitere Bereiche sind Investment, Infrastruktur (Keppel Telecommunication & Transportation, T&T), Immobilien. Seit rund 15 Jahren baut und betreibt Keppel auch Rechenzentren. KDC (Keppel Data Centres) gehört zum Bereich T&T.
Jens Peter Müller, Geschäftsführer des deutschen Ablegers von KDC, sagt:„Es begann mit einem Lagerhaus-Umbau in Singapur – inzwischen hat KDC (KDC) in Singapur vier Rechenzentren in Betrieb, zwei weitere sind im Bau.“ Weltweit betreibt man 19 Rechenzentren in Asien, Europa und Australien. Nur in den USA befindet sich keines. Die europäischen RZs befinden sich an Tier-1-Standorten wie Dublin (2), Amsterdam (2), London und Cardiff, Mailand und jetzt Frankfurt, wo weitere entstehen sollen.
Engere Verbindungen zu Asien
„Keppel expandiert lieber Schritt für Schritt. Wir glauben, dass sich in den nächsten Jahren die Verbindungen zwischen Asien und Europa verstärken werden“, sagt Müller. Große Service Provider wie Tencent, Alibaba oder Baidu seien schon in Frankfurt präsent, um auch in Europa Kunden zu gewinnen, aber auch SaaS-Anbieter aus der zweiten Reihe kämen nun, die man hier kaum kenne die aber größer seien als bekannte europäische Namen.
„Viele von diesen Firmen haben mit KDC bereits eine Geschäftsbeziehung beziehungsweise einen Rahmenvertrag, der bei Bedarf einfach auf Europa erweitert werden kann“, sagt Müller. Aber es expandierten auch viele Firmen aus Europa nach Asien oder hätten dort Produktionsstätten.
Im Datacenter-Markt gäben weltweit die großen US-Anbieter den Ton an, doch nun intensiviere sich der Wettbewerb. Denn in Asien gebe es größere Datacenter-Anbieter mit mehreren Dutzend inländischer Standorte und gutem Kapitalzugang, so Müller weiter, deren Marken aber im Ausland nicht bekannt seien. Keppel habe wegen der westlich geprägten Wirtschaftskultur von Singapur und seiner gleichzeitigen Verwurzelung in der asiatischen Mentalität gute Chancen, sich an den Anfang der zu erwartenden Expansionswelle asiatischer Betreiber zu setzen.
Citibank übergibt an Keppel
Dabei ist es nützlich, dass sich das Geld für Investitionen sozusagen im eigenen Konzern, im Investitions-Geschäftszweig, befindet. So kann Keppel Inc. mehrere Wege gehen, um an attraktive Rechenzentrumsstandorte zu kommen: Entweder man betätigt sich als reiner Investor bei Datacenter-Neubaumaßnahmen wie etwa beim innovativen Frankfurter Rechenzentrum Maincube, oder man übernimmt, wie nun bei FDC 1, bestehende Rechenzentren in den Bereich KDC und baut sie entsprechend dem eigenen Bedarf um.
Das nunmehr übernommene Rechenzentrum wurde 2009 von der Citibank für die Eigennutzung eingerichtet. 2017 kam der Deal mit Keppel zustande; in einer von vier Hallen zu je 2.500 Quadratmeter Fläche blieb die Citibank als Nutzer der ehemals eigenen Infrastruktur erhalten.
Alternative für Enterprise-Kunden
KDC adressiert ausschließlich Kunden aus dem Enterprise-Bereich. „Wir sind kein Billigheimer. Einzelracks wird es bei uns nur für Bestandskunden geben, die bereits in einem anderen Rechenzentrum präsent sind und nun langsam expandieren wollen“, erläutert Müller. Kunden sollen möglichst mindestens einen Cage – zwischen zehn und 30 Racks mit je drei Quadratmeter Fläche in einem abschließbaren Drahtkäfig – belegen.
Frankfurt als Standort wurde wegen der räumlichen Nähe zum wichtigsten Internet-Knotenpunkt De-CIX gewählt. Im FDC 1 hat KDC mit der entsprechenden Vernetzungshardware bestückte De-CIX-Racks implementiert, an die die Keppel-Kunden ihre IT direkt physisch anbinden können. Dadurch haben sie schnellen Zugriff auch auf die Infrastruktur quasi jedes wichtigen Cloud-Service-Provider in Deutschland.
Auch bei der internationalen Standortvernetzung will Keppel seinen Kunden helfen. „Die meisten Enterprise-Kunden nutzen keine eigene ASN (Autonomous System Number)“, weiß Müller. Das ist eine quasi autonome Netzstruktur innerhalb des Internets mit eigenem Adressbereich, die nur von ihrem Besitzer, meist größeren Unternehmen mit entsprechenden Netzwerk-Spezialisten, in Eigenregie verwaltet wird.
Als Lösung für ein virtuelles Datacenter auch ohne eigenes ASN können Präsenzen in Keppel-Rechenzentren weltweit dienen. „Wir ermöglichen so das Failover, Kapazitätsverschiebungen und insgesamt Multicloud-Computing“, sagt Müller. Dabei wolle man mit Partnern kooperieren – welche, wird demnächst bekannt gegeben werden.
Preistransparenz von Anfang an
Deutsche Kunden will Keppel vor allem mit Preistransparenz locken. „In Frankfurt kostet 1 Kilowatt Anschlussleistung in der gleichen Verfügbarkeitsklasse wie bei uns zwischen 75 und 200 Euro monatlich“, führt Müller aus. Wer wie viel bezahle, hänge von der gebuchten Menge, aber auch davon ab, wie wichtig ein Kunde dem entsprechenden Co-Locator sei.
Am wichtigsten würde meist die Präsenz eines der großen Cloud-Providers genommen, der dann erhebliche Preisvorteile genieße. Die Konsequenz: Der Mittelstand subventioniere größere Unternehmen quer. Damit soll bei KDC Schluss sein. Die De-CIX-Präsenz soll die direkte Anwesenheit eines großen Cloud-Providers überflüssig machen.
Die Preise gliedern sich, strikt gestaffelt nach der gebuchten Kilowatt-Anschlussleistung, in drei Kategorien: Wer 50 bis 150 Kilowatt bucht, das entspricht etwa einem Cage, zahlt 135 Euro pro Kilowatt. Zwischen 151 und 500 Kilowatt sind 125 Euro fällig, über 500 Kilowatt wird ein Projektpreis vereinbart. Letzteres bedeutet de facto für Großnutzer genau wie woanders wahrscheinlich sehr viel bessere Sonderkonditionen, aber wenigstens ist die Preisgestaltung für die übrigen Kunden klar definiert.
Der Sweet Spot
Dazu kommt ein Preis für den Stromverbrauch, der bei 0,238 Euro pro Kilowattstunde liegt und damit laut Müller im unteren Drittel der Spannbreite bei Frankfurter Rechenzentren. Er bezieht den Verbrauch der Kühl- und Klima-Infrastruktur, die Verluste des Trafos und der Unterbrechnungsfreien Stromversorgung mit ein. Das gilt allerdings nur bei einer Vertragsbindung von mindestens 48 Monaten, einer Leistungsdichte von durchschnittlich 0,8 bis 1,4 Kilowatt pro Quadratmeter und n+1-Redundanz.
Außerhalb des Sweet Spot wird es teurer. „Das ist aber genau die durchschnittliche Flächenleistung, die viele Unternehmen heute benötigen, auch wenn einzelne Racks mal höhere Werte bis 20 Kilowatt erzielen“, sagt Müller und ergänzt: „Am Strom wollen wir nichts verdienen.“ Auch für Connectivity wird nichts berechnet.
Man darf gespannt sein, wie dieses Konzept das Preisgefüge auf dem Frankfurter Co-Location-Markt beeinflusst. Vorläufig ist KDC dabei, die zweite von vier Datacenter-Hallen zu je 2.500 Quadratmeter mit Kunden zu füllen. In absehbarer Zeit soll das geschafft sein. 25 Prozent der Fläche, also eine Halle, belegt schon die Citibank und sorgt damit für das notwendige Grundrauschen.
* Ariane Rüdiger ist freie Journalistin aus München.
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