Keine Chance für Zeitdiebe Der Turbo für das Service Management
Anbieter zum Thema
Unternehmen müssen immer schneller auf wechselnde Bedürfnisse ihrer Kunden reagieren. Dies gilt auch für die interne Kundschaft, die eigenen Mitarbeiter. Als zentrale Anlaufstelle dient hier in der Regel ein Service Desk, dessen Agenten eine Vielzahl wiederkehrende Standardanfragen beantworten müssen. Der Beitrag zeigt in drei praktischen Schritten und exemplarisch, wie Unternehmen mit Hilfe von Automatisierung ihre Produktivität und die Kunden- wie auch Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen können.

Der Faktor Geschwindigkeit hat sich zu einem Wettbewerbsvorteil entwickelt. Automatisierung ist deshalb in vielen Bereichen der Industrie bereits seit Jahrzehnten gelebte Realität. Im Service Management herrscht dagegen noch Nachholbedarf, denn hier hängt die Zufriedenheit interner und externer Kunden vor allem von zwei Faktoren ab: Antwortqualität und Reaktionszeit.
Organisationen müssen deshalb sicherstellen, dass die bereitgestellten Services rund um die Uhr verfügbar sind, Anfragen möglichst schnell beantwortet und auftretende Probleme zeitnah gelöst werden. Dies gilt keinesfalls nur für die klassische IT, sondern auch für Fachbereiche wie Personal-Management und die Finanzabteilung.
Automatisierung kann diese Herausforderung lösen und gleichzeitig die Mitarbeiter des Service Desk von eintönigen Tätigkeiten entlasten. Vor allem wiederkehrende Anfragen lassen sich leicht automatisiert bearbeiten und die entsprechenden Services in einem Self-Service-Portal zur Verfügung stellen.
Dies führt nicht nur zu höherer Kundenzufriedenheit, sondern auch zu einer Produktivitätssteigerung der gesamten Organisation: Mitarbeiter werden entlastet und benötigte Services lassen sich deutlich schneller bereitstellen und produktiver nutzen als vorher. Gleichzeitig sinken die Fehlerraten innerhalb der Prozesse, was wiederum Ausfallzeiten reduziert und sich positiv auf die vereinbarten Service Level Agreements auswirkt.
In drei Schritten zur Automatisierung
1. Sorgfältige Analyse
Die Praxis zeigt, dass viele Organisationen nicht wissen, welche manuellen Tätigkeiten besonders zeitintensiv sind, zu einer hohen Arbeitslast für den Service Desk führen und sich regelmäßig wiederholen. Zudem liegen getroffene Einschätzungen oft weit daneben.
Verantwortliche sollten deshalb zunächst mit einer gründlichen Analyse beginnen. Damit sich der Aufwand in vertretbaren Grenzen hält, können beispielsweise die Service-Tickets der letzten zwölf Monate als Basis dienen – vorausgesetzt, sie sind sinnvoll kategorisiert. Ist dies nicht der Fall, wird der Analyse-Aufwand deutlich größer.
Eine weitere ist Möglichkeit ist eine Analyse des Monitoring- und Event-Managements. Dabei sind „Zeitdiebe“ zu identifizieren und auf Möglichkeiten zur Automatisierung zu prüfen. Routine-Aufgaben, deren Erledigung sehr viel Zeit kostet, bieten hierbei das größte Optimierungspotenzial. Zudem sollten Verantwortliche dokumentieren, ob und welche der bestehenden IT-Systeme über Schnittstellen (APIs) ansprechbar sind.
Start und Selbstbedienung
Eine moderne Software-Infrastruktur besteht aus einer Vielzahl einzelner IT-Systeme, die über APIs ansprechbar sind. Diese ermöglichen neben dem klassischen Datenaustausch auch das Anlegen oder Berechtigen eines Benutzers oder die Bereitstellung von Cloud Services über Drittanwendungen.
Damit ein solcher Prozess mindestens teilautomatisiert werden kann, ist zunächst zu klären, wie dieser gestartet werden soll. Als für Endnutzer bequemster Weg hat sich in der Praxis ein unternehmensweites Self-Service-Portal bewährt: Über eine spezielle Webseite lassen sich verschiedene Aktionen anstoßen – beispielsweise die Bereitstellung von Cloud-Ressourcen oder ein einfacher Passwort-Reset.
Weitere Möglichkeiten zum Start von Serviceprozessen sind E-Mails oder Chat-Tools. Hier kann beispielsweise durch bestimmte Schlagworte die gewünschte Aktion ausgelöst werden.
2. Orchestrierung und Modellierung der Serviceprozesse
Nach dem Initiieren eines Prozesses erfolgt die Orchestrierung der zugehörigen Aktionen, also die Festlegung, in welcher Reihenfolge einzelne Aufgaben abgearbeitet werden. Dabei müssen unter Umständen Informationen, die aus einem vorherigen Prozessschritt stammen, auch im nachfolgenden Schritt noch zur Verfügung stehen oder in andere IT-Systeme übertragen werden.
Außerdem ist innerhalb dieser Planungsphase zu klären, ob Freigaben notwendig oder andere Personen zu benachrichtigen sind. Bei der anschließenden Modellierung der Serviceprozesse hat sich der Einsatz einer Workflow-Engine etabliert. Diese ist bereits in allen gängigen Service-Management-Tools enthalten und ermöglicht die recht einfache Erstellung und Darstellung komplexer Prozessketten. Auch Änderungen lassen sich mit wenigen Mausklicks durchführen.
3. Implementierung
Der auf dieser Art entstandene technische Prozess muss später in der betreffenden IT-Landschaft implementiert werden. Setzen Organisationen Service-Management-Lösungen ein, fällt dies deutlich leichter: Sie erhalten von den entsprechenden Anbietern in der Regel eine Sammlung verschiedener Werkzeuge, die unter anderem Self-Service-Portal, Ticketsystem und Workflow- und Orchestrierungs-Engine enthält.
Durch das Service-Portal können Endbenutzer selbstständig Services beauftragen, die wiederum im Portal genehmigt werden können. Zudem ist der aktuelle Stand einer Serviceanfrage zu jeder Zeit einsehbar. Das Ticket respektive der Service Request dient als zentrale Datendrehscheibe für alle relevanten Daten im Prozess. Gleichzeitig kann der aktuelle Status direkt im Ticket eingebunden werden. Im Fehlerfall bietet sich die Möglichkeit automatisiert erstellter Incidents, die dann mit dem initialen Service Request verknüpft werden.
Wurden bisher verschiedene Prozesse meist auch von verschiedenen Nutzern ausgelöst, wird bei einer Automatisierung im Prinzip nur noch ein initialer Prozess in Gang gesetzt, mit dem eine Reihe von Teilprozessen angestoßen wird. Nach der Ausführung werden die einzelnen Ergebnisse für einen folgenden Schritt bereitgestellt oder fließen direkt in das Endergebnis ein.
Die Vorteile von Automatisierung von Serviceprozessen im Überblick
- Beschleunigte Bearbeitung von Service Requests
- Senkung der Fehlerquote durch automatische Ausführung vordefinierter Prozesse
- Fehler durch automatisch erstellte Incidents sind leichter nachvollziehbar
- Weniger systemische Belastung durch schnell und stringent umgesetzte Abfragen
- Messbare Entlastung des First- und Second-Level-Supports
- Verbesserung der Servicequalität
Die wichtigsten Kennzahlen
Bei neu eingeführten Technologien und Prozessen stellt sich fast immer die Frage nach der Erfolgsmessung und einem möglichst schnellen Return on Investment (ROI). Dies gilt auch bei der Automatisierung im Service Management, die vor allem bei der Implementierung aufwendiger Prozesse oft mit erheblichen Kosten verbunden ist. Deshalb gilt es bereits im Vorfeld wichtige Kennzahlen zu ermitteln, welche die Ergebnisse zuverlässig messen und (später) als Basis für die Konzeption weiterer Automatisierungsprojekte dienen.
Der Klassiker für eine solche Erfolgsmessung ist nach wie vor ein Online-Fragebogen, den Kunden nach der Erfüllung eines Incidents oder Service Requests beantwortet. Zudem können Mitarbeiter, die zuvor die einzelnen Schritte des Prozesses händisch ausführen mussten, zu ihrer Zufriedenheit befragt werden.
Damit möglichst viele Nutzer Feedback geben, sollte auf ein passendes Design der Fragenbogen geachtet werden. Sie sollten möglichst klar formuliert und in möglichst kurzer Zeit zu beantworten sein. Eine weitere Möglichkeit ist die Messung von SLA-Zeiten, die sich sehr gut mit den Werten vor der Automatisierung vergleichbar lassen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Welche Möglichkeiten in der Automatisierung von Standardroutinen im Service Management liegen, zeigt sich bereits an einem einfachen Beispiel aus der Praxis wie dem Onboarding neuer Mitarbeiter. Neben der Zuweisung des Arbeitsplatzes sind folgende Prozessschritte notwendig:
- Anlegen eines Accounts für das Active Directory (AD)
- Berechtigung für Netzlaufwerke
- Einrichtung von Abteilungsdruckern
- Einrichten einer E-Mail-Adresse
- Einrichtung einer Telefonnummer
- Ausstellen einer Zugangskarte
Vor der Automatisierung mussten die Mitarbeiter der IT diese Schritte manuell durchführen und in vier unterschiedlichen Systemen bearbeiten. Im ersten Schritt wurde aus dem Ticketsystem heraus die Checkliste erstellt und ausgedruckt, im Active Directory der Benutzer-Account eingerichtet sowie Netzlaufwerke und Drucker zugeordnet.
Anschließend wurde die E-Mail-Adresse eingerichtet. Danach musste der E-Mail-Account noch manuell mit dem AD-Account verknüpft werden. Im nächsten Schritt wurde dem Account eine freie Nummer in der Telefonanlage zugewiesen. Schließlich wurde manuell per E-Mail eine Zugangskarte beantragt. Gerade in Unternehmen, die fast täglich neue Mitarbeiter einstellen ist diese Aufgaben für IT-Mitarbeiter nicht nur eintönig, sondern vor allem ineffizient.
Nach der Automatisierung dieses Onboarding-Prozesses muss nun lediglich die Genehmigung durch den Hiring Manager erfolgen.
Der technische Ablauf
Der benötigte AD-Account wird via Powershell-Skript erstellt, das auch den zugehörigen Benutzernamen automatisch ermittelt und aus dem Ticketsystem heraus angestoßen wird. Ebenso werden die Netzlaufwerke und der Abteilungsdrucker in Abhängigkeit der Abteilung und des Standorts des neuen Mitarbeiters automatisch zugewiesen.
Anschließend erfolgt das Anlegen eines E-Mail-Accounts, der über eine REST-API im E-Mail-Server eingerichtet wird (Unternehmen setzt kein „Microsoft Exchange“ ein). Gleiches gilt für die Zuweisung der Telefonnummer.
Zusätzlich zum ursprünglichen Prozess werden noch die Zugangsdaten für den neuen Mitarbeiters an den Vorgesetzten gesendet, damit diese bereits am ersten Arbeitstag zur Verfügung stehen und keine Verzögerungen beim Onboarding auftreten. Auch die E-Mails zur Beantragung der Zugangskarte für das Firmengebäude und die Begrüßung werden automatisch erstellt und verschickt.
Das messbare Ergebnis: Nach der Automatisierung gibt es in dem gesamten Prozess – von der Erstellung der Zugangskarte einmal abgesehen – keinen manuellen Arbeitsschritt für die Mitarbeiter der IT. Die durchschnittliche Durchlaufzeit des Onboarding-Prozesses hat sich von knapp vier Stunden auf 30 Minuten reduziert.
Nicht vergessen: Die Mitarbeiterbeteiligung
Servicekunden freuen sich in der Regel sehr über die schnelle Bearbeitung ihrer Incidents und Service Requests. Gleiches gilt für Service-Agenten, die durch Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben entlastet werden. Insbesondere in IT-Abteilungen mussten Mitarbeiter zusätzliche Aufgaben übernehmen, da es an Fachkräften fehlt.
Die Automatisierung von Serviceprozessen löst dennoch bei einigen IT-Mitarbeitern Zukunftsängste aus. Ihnen stellt sich dabei oft die Frage, ob sie nicht über kurz oder lang durch Automatisierung ersetzt werden. Dies gilt in besonderem Maße bei den hier vorgeschlagenen Umstrukturierungen des Service Managements, denn es fallen teilweise Tätigkeiten weg, die bisher manuell auf der Ebene des Second-Level-Supports erledigt wurden.
Mitarbeiter sollten bereits zu Beginn jeder Automatisierungsinitiative eingebunden werden. In der Regel werden sie schnell erkennen wo der Nutzen liegt. Sind sie in entsprechenden Teams involviert, können mitbestimmen, wie sie ihre frei gewordenen Ressourcen einsetzen können und wollen. Dies kann für Organisationen sehr nützlich sein, denn die Mitarbeiter übernehmen mehr Verantwortung und bringen sich aktiver in Planungs- und Umsetzungsprozesse ein.
Eine weitere Möglichkeit sind Weiterbildungsmaßnahmen, sodass Mitarbeiter Spezialaufgaben übernehmen können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Unternehmen können eigenes Know-how aufbauen und sparen zudem Zusatzkosten für externe Dienstleister, da sie entsprechende Aufgaben mit eigenen Ressourcen abdecken können.
Langsam starten
Die Automatisierung von Routine-Aufgaben im Service Management kann die Effizienz von Unternehmen entscheidend steigern – vorausgesetzt. die Neustrukturierung erfolgt nicht übereilt. Viele Prozesse lassen sich bereits mit einem Regelwerk abbilden, das nur einen „Stein des Anstoßes“ benötigt, um dem Weg bis zum gewünschten Ergebnis eigenständig zu finden.
Davon profitieren zuerst die Servicekunden: Wenn sie die betreffende Routine in einem Self-Service-Portal auslösen, erhalten sie das gewünschte Ergebnis innerhalb kürzester Zeit. Die Bearbeitung der einzelnen Aufgaben erfolgt schneller als vorher und ist zudem weniger anfällig für Fehler.
Damit geht ein doppelter Effizienzgewinn einher: Ergebnisse des Serviceprozesses schneller verfügbar und es werden Ressourcen frei, die zuvor zur Abarbeitung einzelner Prozesse benötigt wurden. Die betreffenden Mitarbeiter können sich nun besser um anspruchsvollere Aufgaben kümmern – die es in der IT zur Genüge gibt.
Doch Verantwortliche sollten bei allen Vorteilen nicht blindlings mit einer großangelegten Automatisierungsoffensive starten, sondern mit einer gründlichen Analyse ihrer Serviceprozesse beginnen. Um Erfahrungen mit der Automatisierung zu sammeln, ist es sinnvoll, mit einfachen Abläufen zu beginnen und erst dann komplexere Routinen, wie das oben beschriebene Onboarding neuer Mitarbeiter, anzugehen.
* Florian Hennhöfer ist Director Partner Enablement bei Efecte.
(ID:46511320)