Rechenzentrum statt Kohlekraftwerk Datacenter-Grundsteinlegung bei KMW Green Mountain in Mainz
Anbieter zum Thema
Heute ist die Datacenter-Grundsteinlegung in Mainz. Dahinter steckt die Green Mountain KMW Data Center GmbH, ein Joint Venture des lokalen Energieversorgers Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (KMW) und des norwegischen Co-Location-Anbieters Green Mountain AS. Die Unternehmen sind zu jeweils 50 Prozent beteiligt. Doch das in nicht die einzige Besonderheit des Rechenzentrums.

Das Rechenzentrum entsteht auf dem KMW-Betriebsgelände, auf einer Grundstücksfläche von 25.000 Quadratmetern. Geplant sind drei Gebäude, die 2026 auf insgesamt 8.000 Quadratmetern Whitespace 80 Megawatt (MW) Gesamtleistung - 54 MW IT-Last - beherbergen sollen. Der erste Bauabschnitt mit 6.000 Quadratmetern IT-Fläche soll bereits Ende des kommenden Jahres fertig sein.
Die technische Betriebsführung und den Vertrieb übernimmt der Green Mountain. Das Unternehmen entwirft, baut und betreibt hochsichere, innovative und nachhaltige Rechenzentren in Norwegen und Großbritannien. Das Rechenzentrum in Mainz ist das erste Projekt in Deutschland und die erste große Co-Location-Site „westlich des Mains“, wie Andreas Herden, Vice President von Green Mountain in Deutschland sowie Kontinentaleurope, sagt.
Green Mountain ist bekannt für den Anspruch maximale Nachhaltigkeit erzielen zu wollen. Das ist mit grünem Strom in Norwegen vergleichsweise einfach. In Mainz ist dazu ein höherer Aufwand notwendig:
- Die in den IT-Räumen entstehende Abwärme wird ins Mainzer Fernwärmenetz eingespeist. Gedacht ist an eine Einspeiseleistung von 60 MW ins Mainzer Fernwärmenetz, also nach jetzigen Stand gehen die Verantwortlichen von einem Zielwert von 40 Prozent Nutzung der Abwärme aus.
Dazu wird mittels Hochtemeperaturwärmepumpen das warme Wasser von 30 Grad auf 110 Grad aufgeheizt. Auf dem Gelände befindet sich noch eine Müllverbrennungsanlage, und ein Blockheizkraftwerk, die bereits Abwärme liefern. Was mit der beim Aufheizen der Abwärme für das Fernwärmenetz anfallenden Kälte gemacht werden soll; ist noch nicht spruchreif.
- Wenn keine Fernwärme benötigt wird, wird das Rechenzentrum mit Flusswasser aus dem Rhein gekühlt. Der VorteiL. Es müssen keine Kompressoren betrieben werden. Trotzdem wird es Rückkühler auf dem Dach der Datacenter-Gebäude geben. Die sind für den Fall vorgesehen, dass wenn das Rheinwasser an einzelnen Tagen zu warm ist, „klassisch“ Kompressoren und diese Rückkühler die für den Datacenter-Betrieb notwendige Kälte erzeugen können.
Diese Option ist laut Herden redundant ausgelegt und stellt den sicheren Betrieb dar. Außerdem soll nach Angaben von Herden alles für möglichst viele Varianten der Flüssigkühlung vorbereitet werden, auch für eine direkte Chip-Kühlung und/ oder Serverkühlung.
- Die Notstromversorgung soll über über die umliegenden KMW-Gas-Kraftwerke abgedeckt werden. Das erspart dem Rechenzentrum die Notstromdiesel-Aggregate und das Rechenzentrum selbst wird nahezu emissionsfrei; denn KMW kündigt an, dass die Stromversorgung des Rechenzentrum zukünftig durch Erneuerbare Energien geleistet werde. Durch Solar-Und Windstromanlagen können mehr 100 MW zur Verfügung gestellt werden.
Mit alle den Energie-Effizienzmaßnahmen dürfte das neue Rechenzentrum allen bisherigen Vorgaben des Energie-Effizienzgesetzes locker entsprechen können. Doch den Kunden soll eine Möglichkeit geboten werden, eine komplette Datacenter-Strategie auf den Angeboten aufbauen zu können. Dazu zählt, dass Green Mountain bereits einige der nachhaltigsten Rechenzentren anbieten kann. So gehört Volkswagen zur Kundschaft im Norwegen (siehe: „Willkommen im Datacenter-Land! Volkswagen bezieht 2 Rechenzentren in Norwegen“.
Während sich die Rechenzentren in Norwegen für stromverschlingende HPC- und KI-Rechnereien anbieten, weil der Strom dort günstig und nachhaltig ist, soll das Mainzer Datacenter mit der Bezichnung „FRA1-Mainz“ durch geringe Latenz und Nähe zum Verbraucher punkten. Im Boden ist Dark Fibre verlegt und „der De-CIX ist mit an Bord“, sagt Herden.
Doch auch bei der Verfügbarkeit und Sicherheit sollen die Kunden keine Abstriche in Kauf nehmen müssen. Die bestehenden Rechenzentren genügen den Vorgaben Uptime Tier III, ISO9001, 14001, 27001, ISAE 3000 Type II und PCI-DSS; das neue ist für die EN 50600 geplant.
Und bei Hochwasser?
Übrigens soll die Nähe zum Rhein kein Problem darstellen. Das Rechenzentrum wird auf Säulen, quasi schwebend gebaut. Die 140 Pfähle haben einen Durchmesser von je 120 Zentimetern. Damit wird das Rechenzentrum einerseits wackelfest und tauglich für ein 500jähriges Hochwasser. Die unteren zwei Stockwerke dienen der Rechenzentrumsinfrastruktur, die oberen vier dem IT-Betrieb - in jedem der geplanten Gebäude.
Die ersten Gepräche mit der KMW sind gerade einmal zwei Jahre her, wie Herden berichtet. Im Mai des vergangenen Jahres wurde es dann konkret für die Planung des Rechenzentrums auf dem Platz eines ehemaligen Kohlekraftwerks. Die Gesellschafter des Joint-Venture sind Markus Blüm (KMW), Tobias Junglas (KMW), Tor Kristian Gyland (Green Mountain) und Rafi Wunsh (Azrieli Group).
Artikelfiles und Artikellinks
(ID:49771465)