Heimelige First Level Solutions Chatbots und Sprach-Assistenten im ITSM verbreiten Wohlfühl-Atmosphäre
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Auf Buchungsplattformen und Online-Shops sind Bots längst gang und gäbe. Die Automatisierungstechnik schickt sich an, auch Business-to-Business-Bereiche wie das IT-Service-Management zu erobern. Chat- und Voice-Bots können maßgeblich dazu beitragen, Störungen bereits auf der Eingangsebene (im Fachjargon: First Level) zu beseitigen – vor allem dann, wenn sie ein integraler Bestandteil des Systems sind und über Selbstlernfähigkeiten verfügen.

Es ist nur wenige Jahre her, da meldeten IT-Anwender eine auftretende Störung durchweg mündlich – entweder indem sie schnell den Telefonhörer in die Hand nahmen oder persönlich in der IT vorsprachen. Doch seit die IT zunehmend Unternehmensbereiche durchdrang, verlor dieses „Hey-Joe“-Prinzip deutlich an Effizienz.
Von der Einführung digitaler ITSM-Tools versprachen sich die Unternehmen straffere Prozesse und mehr Transparenz. Und das leisteten sie auch. Aber ein Gutteil der Nutzer empfindet diese Systeme bis heute umständlich und wenig „menschenfreundlich“.
Schuld sind vor allem die starke Schematisierung und der teils exzessive Gebrauch technischer Fachausdrücke. Neue Technologien und Möglichkeiten zur natürlichsprachlichen Konversation sollen nun auch die weniger IT-affinen Mitarbeiter ins Boot holen.
Was ist ein Bot?
Der Begriff „Bot“ ist eine Kurzform von Roboter, und er verweist darauf, dass es sich um eine Automatisierungstechnik handelt. Eine Bot-Software transformiert natürlichsprachliche Anfragen – in Text- oder in Sprachform – in Maschinencode. Im Hintergrund sucht ein Algorithmus nach Antworten, die zu den gestellten Fragen passen, und verwandelt sie für die Ausgabe wieder in natürliche Sprache. Diese Technik ist bereits einige Jahre alt. Dementsprechend gibt es Bots unterschiedlicher Reifegrade:
- Auch heute noch haben manche Bots lediglich Zugriff auf ein (begrenztes) Schlagwörterverzeichnis. Sie stellen und beantworten Standardfragen. Da sie vom Anwendungssystem getrennt existieren, „wissen“ sie nichts über die Historie des User-Kontakts und sind blind gegenüber dem eigentlichen Kontext.
- Intelligentere Bots arbeiten mit semantischen Algorithmen. Sie versuchen, Anfragen zu „verstehen“, sie in Bezug auf eine intendierte Absicht zu analysieren. Zudem sind sie in der Lage, die aktuelle Anfrage in einen Zusammenhang mit früheren zu stellen.
- Die Bots der Zukunft sind selbstlernend. Dank neuronaler Verknüpfungen „erinnern“ sie sich nicht nur an ähnliche Anfragen, sondern erkennen auch feine Unterschiede und deren Implikationen für die Lösungsfindung. Sie beherrschen die Kunst, eine Unterhaltung in Gang zu halten, und verfeinern diese im Laufe der Zeit.
Die Zukunft der Bot-Technik liegt also in der „Künstlichen Intelligenz“ (KI), sprich: in Neuronalen Netzen und selbstlernenden Algorithmen, Machine Learning oder ML genannt. Mit dieser Technologie wird sich künftig ein großer Teil der Störungsmeldungen erfassen und abschließend bearbeiten lassen. „Artificial Intelligence ist ein Versprechen, und die Branche ist auf dem Weg, es zu erfüllen“, klärt die KI-Forscherin Aleksandra Przegalinska auf, Associate Professor und Vice-President an der Kozminski University in Warschau.
Was leisten Chatbots und Sprach-Assistenten für das ITSM?
ITSM ist im Grunde eine IT-Disziplin. Aber diejenigen, die es damit zu tun bekommen, sind häufig kompetent auf anderen Gebieten als der IT: Die Nutzer. In ihrem Berufsalltag stellen sie fest, dass ihr Drucker nicht druckt oder ihre E-Mails verloren gehen, können aber nur wenig darüber sagen, wie es dazu kam. Sie kennen die Fachausdrücke nicht, und es ist Vielen schleierhaft, was der Computer mit seinen Fehlermeldungen meint.
Angesichts des Fachkräftemangels erkennen immer mehr Unternehmen, dass sie ihre Arbeitskräfte mindestens genauso umwerben müssen wie ihre Kunden. Das gilt besonders für den Störungsfall.
Läuft die Technik nicht, wie sie soll, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meist erst einmal verärgert. Sie sollten deshalb möglichst schnellstmöglich das Gefühl bekommen, dass ihnen geholfen wird. Dazu gehört auch, dass ihre Nutzererfahrung so angenehmen wie möglich ist. Dies gilt sowohl für das Absetzen der Störungsmeldung und regelmäßige Status-Updates als auch für die Lösung selbst.
Ausgerechnet ein Bot sorgt für ein Wohlgefühl
Ein Chatbot ist für viele der optimale Zugang. Doch Vorsicht: Ein Bot, der nur simple Antworten gibt oder diese schuldig bleibt, trägt zu noch mehr Verärgerung bei. Auch wenn die Maschine allzu schlau erscheint, könnte das die User verschrecken. „Es wichtig, den Sweet Spot zu finden“, bringt es KI-Professorin Przegalinska auf den Punkt.
Gemäß dem europäischen „AI-Act“ muss ein User darüber informiert werden, wenn er mit einem Bot spricht. Diese Transparenz ist laut Przegalinska nicht überall selbstverständlich, was der Manipulation durch „Deep Fakes“ Vorschub leisten könnte. In der EU sieht man das glücklicherweise kritisch, und das sollte sich auch in der Gesetzgebung niederschlagen.
Davon abgesehen, dürfte es den meisten Nutzerinnen und Nutzern gleichgültig sein, ob sie Hilfe von einem Menschen oder einem intelligenten Bot erhalten. Wichtig ist, dass die Antworten klar und eindeutig sind. Sonst sinkt der Grad ihrer Zufriedenheit mit der Arbeit und in der Folge auch die Produktivität – weit über die eigentliche Störung hinaus. In einem Unternehmenssystem ist kein Platz für Mehrdeutigkeit.
Für was und für wen eignen sich Bots?
Ein Help- oder Service-Desk ist oft schon im First-Level-Support mit qualifizierten und damit teuren Arbeitskräften besetzt. Können sie das Problem nicht lösen, müssen sich die noch höher spezialisierten Fachleute im Second Level der Sache annehmen. Auf diese Weise kann ein einziger Incident 20 Euro oder mehr an Kosten verursachen. Es empfiehlt sich also, die Anzahl der Störungsmeldungen und vor allem die der Eskalationen zu verringern.
Auch im ITSM greift die viel zitierte „Pareto-Regel“: Etwa 80 Prozent der Incidents betreffen lediglich 20 Prozent der Komplexität des Systems. Für immer wiederkehrenden Anfragen lässt sich mit Hilfe intelligenter Bots rasch eine Palette an Lösungen erstellen, die – mit mehr oder weniger gravierenden Abweichungen – auf viele Fälle anwendbar sind. Das ist das hauptsächliche Einsatzgebiet von ITSM-Bots.
Erhalten die Ratsuchenden schon auf dem First Tier eindeutige und detaillierte Ratschläge, so können sich die menschlichen Experten auf die wirklich komplexen Probleme konzentrieren. Oder sie können präventiv tätig werden, beispielsweise als Berater. „Der Mensch bleibt im System“, stellt Przegalinska klar, „und er trifft am Ende die Entscheidungen“. Aber die Routineprozesse lassen sich gut mit selbstlernenden Bots automatisieren.
Es gilt: Nicht nur für MSPs und Konzerne
Bots mit KI-Technologie werden den IT-Support schon mittelfristig effektiver und kostengünstiger machen. Das gilt nicht nur für MSPs und Großunternehmen. Kleinere Unternehmen benötigen häufig keine maßgeschneiderten Architekturen. Für sie sind erschwingliche Versionen mit vorgefertigtem Content denkbar. Prinzipiell sei „ein einfaches System, das gut funktioniert, sinnvoller als ein hochkompliziertes, das nicht zum Fliegen kommt“, so Przegalinskas Fazit.
* Florian Hennhöfer ist ITSM-Experte bei Efecte und Marcin Strzałkowski ist CEO von Inteliwise.
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