Der Fujitsu Digital Annealer macht’s möglich Bis zu 45 Prozent weniger Strecke für die Kommissionierung im Lager

Autor / Redakteur: Dipl. Betriebswirt Otto Geißler / Ulrike Ostler |

Fujitsu IT Products Limited, eine Produktionsstätte für die Herstellung von Computer- und Speichersysteme, suchte nach einer Optimierung der Routenführung für die innerbetriebliche Bauteilelieferung. Die hauseigene Entwicklung des „Digital Annealer“ (DAU) leistete dazu einen entscheidenden Beitrag.

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Fujitsu IT Products Limited ist eine wichtige Produktionsstätte für Computersysteme, Speichersysteme und mittlere bis große Server wie Mainframes, UNIX-Server, unternehmenskritische IA-Server und Supercomputer von Fujitsu.
Fujitsu IT Products Limited ist eine wichtige Produktionsstätte für Computersysteme, Speichersysteme und mittlere bis große Server wie Mainframes, UNIX-Server, unternehmenskritische IA-Server und Supercomputer von Fujitsu.
(Bild: Fujitsu)

Seit der Gründung des Werks im Jahr 2002 wurden die Produktionsorganisationen als auch die dazugehörigen Fertigungsverfahren sukzessive weiterentwickelt. Für die Optimierung innerbetrieblicher Routen der Teilelieferung sowie der lagerhaltigen Teileplatzierung kamen Verfahren zur Lösung kombinatorischer Optimierungsprobleme zum Einsatz. Diese Verfahren lassen sich durch den wegweisenden Digital Annealer-Service von Fujitsu nun extrem beschleunigen.

Digital AnnealerUnit
Digital AnnealerUnit
(Bild: Fujitsu)

Im Endergebnis reduzierte die Lösung auf Basis des Digital Annealing am Shopfloor sowohl die Zeit für die Auswahl der erforderlichen Teile als auch die Entfernung zum Einsatzort. Die Gesamtwegstrecke ließ sich um 45 Prozent verkürzen. Gleichzeitig erfolgte eine Optimierung des Regallayouts und der Teileplatzierung. Wie konnte das gelingen? Was macht den Digital Annealer so effektiv?

Von der Zukunft inspiriert

Der Digital Annealer verwendet ein digitales Schaltungsdesign, das in seinem Ansatz von den Ideen der Quantenphänomene geleitet wurde. Eine 8192-Bit-Vollkonnektivität ermöglicht es allen Bits, Signale direkt untereinander auszutauschen. Der Clou dabei: Ein Akzelerator nutzt einen vom Quanten-Tunnel-Effekt inspirierten Simulationseffekt, der Annealing genannt wird. Um einen zusätzlichen Aufwand zu vermeiden, nimmt er quasi eine „Abkürzung“.

Quantum Tunneling.
Quantum Tunneling.
(Bild: Fujitsu)

Der Digital Annealer arbeitet zudem bei Raumtemperatur, während die typischen Quantencomputerlösungen nahe beim absoluten Nullpunkt (- 273,15 °C) betrieben werden müssen. Ein weiterer Vorteil: die nahtlose Integration in Betriebsumgebungen eines Standard-Rechenzentrums, die ein spezifisches Fachwissen oder komplexe Infrastrukturen erübrigen. Im Ergebnis lassen sich mit dem Digital Annealer heute bereits quantenähnliche Fähigkeiten für kombinatorische Optimierungsprobleme bereitstellen und nutzen. Das gilt für hochanspruchsvolle Aufgaben im Hier und Jetzt, die von klassischen IT-Architekturen nicht in einer angemessenen Zeitspanne zu bewältigen sind.

Komplexe Optimierungsprobleme

Für das Verständnis von kombinatorischen Optimierungsproblemen muss man sich das klassische Beispiel des „Problems des Handlungsreisenden“ (Botenproblem, Rundreiseproblem, englisch: Traveling Salesman Problem oder Traveling Salesperson Problem - TSP) ansehen. Die Aufgabe besteht darin, eine Reihenfolge für den Besuch mehrerer Orte so zu wählen, dass keine Station außer der ersten mehr als einmal besucht wird, die gesamte Reisestrecke des Handlungsreisenden möglichst kurz und die erste Station gleich der letzten Station entspricht.

Die kombinatorische Optimierung bezieht sich dabei auf das Finden der optimalen Lösung aus einem endlichen Satz von Optionen. Wenn jedoch die Anzahl der Optionen zunimmt, nimmt auch die erforderliche Rechenleistung und Zeit für die Lösungsfindung zu – und zwar exponentiell. Die Anzahl der Optionen ergibt eine stattliche Zahl mit 36 Stellen.

Einsatz in der Praxis

Zur Zeit der Implementierung verfügte das Lager über eine Fläche von etwa 1.000 Quadratmetern mit etwa 3.000 gelagerten Produkten. Vor der Einführung des Digital Annealer waren die auf dem Lieferschein aufgeführten Bauteile sehr unstrukturiert im Lager verteilt. Damit wurde ein systematisches Einsammeln der Teile unmöglich und die Mitarbeiter mit wenig Erfahrung mussten teilweise viel Zeit aufwenden, um bestimmte Bauteile zu suchen. Dies macht sich vor allem bei kleineren Produktionsmengen mit vielen Varianten und Arten von Teilen deutlich bemerkbar.

Denn Kunden fordern heute in vielen Branchen für ihre Produkte einen immer höheren Grad an Individualisierung. Damit sind zum Beispiel in der Automobilbranche unter anderem die frei kombinierbaren Ausstattungsvarianten gemeint.

Jedoch können diese anspruchsvollen Anforderungen nur von einer dynamischen Produktion bis hin zur Losgröße 1 nach dem Modell der Industrie 4.0 wirtschaftlich sinnvoll realisiert werden. So ist es im Fertigungsumfeld entscheidend, komplexe Arbeitsabläufe durch große Variantenvielfalt der Produkte – quasi ohne Änderung der Taktung - zu minimieren.

Komplexe Routen - Regalnummer, Teilenamen auf dem Lagerticket und Abholzeit.
Komplexe Routen - Regalnummer, Teilenamen auf dem Lagerticket und Abholzeit.
(Bild: Fujitsu)

Mithilfe des Digital Annealer ist es möglich, beispielsweise die komplexen Strecken des innerbetrieblichen Transports vorab in Simulationen zu testen und so die Wegstrecken zu optimieren. Der Digital Annealer leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Minimierung der gesamten Produktionszeit und ermöglicht jederzeit eine schnelle Neuplanung in einer dynamischen Fabrik.

Mitarbeiter werden entlastet

Bei Fujitsu erhalten die Lagermitarbeiter mit der Implementierung des Digital Annealer ein Tablet, das ihm stets den optimalen und damit kürzesten Abholweg visuell anzeigt, um die Bauteile vom Lager in die Fertigung zu liefern. Das System kann jeder verstehen und ist sehr einfach zu bedienen. Damit sind jetzt auch Nachwuchskräfte in der Lage, die gestellten Aufgaben sehr leicht und schnell zu erledigen.

Der optimale Abholweg wird auf einem Tablett angezeigt, so dass Mitarbeiter mit wenig Erfahrung den kürzesten Weg wählen können.
Der optimale Abholweg wird auf einem Tablett angezeigt, so dass Mitarbeiter mit wenig Erfahrung den kürzesten Weg wählen können.
(Bild: Fujitsu)

Ein Begleiteffekt des Digital Annealer ist eine optimierte Platzierung der zu versendenden Bauteile im Lager. Die Teile werden daher möglichst in Regalen in der Nähe des Ortes platziert, an dem sie am häufigsten in der Produktionslinie benötigt werden.

Die gewonnen Erkenntnisse aus diesem Projekt lassen sich ebenfalls auf andere Geschäftsfelder wie zum Beispiel Vertrieb, Einzelhandel, Automotive und Finanzen übertragen.

Veranstaltungshinweise: Weitere Informationen erhalten Sie am Stand von Fujitsu auf der Hannover Messe (01. - 05.04.2019 in Hannover, Stand E16 in Halle 7) und auf der hub.berlin (10.-11.04.2019 in Berlin).

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