Umfrage zum Onlinezugangsgesetz Wie weit sind die Länder bei der Umsetzung des OZG?
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Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sieht vor, dass alle Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digital angeboten werden. Doch wie ist der Stand bei der Umsetzung? eGovernment Computing hat beim Bund und den Ländern nachgefragt.

Nach eigenen Angaben liegt der Bund bei der OZG-Umsetzung gut im Rennen. Von den insgesamt 115 Leistungen, für die der Bund zuständig ist, sind bereits 85 digital verfügbar. 20 weitere Leistungen sollen noch in diesem Jahr folgen. Die restlichen zehn sollen dann im kommenden Jahr umgesetzt werden.
Anders sieht die Situation jedoch in den Bundesländern und Kommunen aus. Wie unterstützt der Bund hier bei der Umsetzung? Als zentrale Institution steuert das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) übergreifend die Umsetzung im Digitalisierungsprogramm und unterstützt personell sowie fachlich die Arbeit in den Themenfeldern.
Darüber hinaus werden alle Themenfelder jeweils von einem Tandem aus einem Land und einem Bundesressort federführend geleitet. Zusätzlich unterstützt der Bund die Länder mit finanziellen Mitteln wie dem Corona-Konjunkturpaket (3 Milliarden Euro). Die Vergabe ist dabei an das Prinzip „Einer für Alle“ (EfA) gebunden. Zudem stellt der Bund zahlreiche Handreichungen, Informations- und Austauschveranstaltungen, Netzwerkmöglichkeiten und Anleitungen zur OZG-Umsetzung für Länder und Kommunen bereit (insbesondere für die Rollen der OZG-Koordinatoren und die Federführer der Themenfelder in den einzelnen Ländern). Außerdem wurde vor kurzem der „EfA-Wegweiser“ in aktualisierter Version veröffentlicht.
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg werden alle Verwaltungsleistungen auf der landeseigenen eGovernment-Plattform entwickelt. Nach den Angaben des Digitalministeriums haben im Mai 2021 rund 590.000 Bürger ein Nutzerkonto angelegt. „Mit Hilfe unseres Universalprozesses kann im Grunde jede Verwaltungsleistung in kurzer Zeit auf service-bw digital angeboten werden. Einige Kommunen haben aktuell auf diese Weise rund 230 Leistungen digitalisiert und bieten damit fast ihr gesamtes Leistungsportfolio ihren Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen als Online-Antrag an“, heißt es aus dem Ministerium. Insgesamt haben die Kommunen bisher mehr als 320 unterschiedliche Leistungen digitalisiert.
Darüber hinaus wurden knapp 30 Leistungen im Rahmen sogenannter Digitalisierungslabore erstellt (z. B. Anwohnerparkausweis, Baugenehmigung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Meldebestätigung und -registerauskunft). Durch das im Juni 2021 verabschiedete Konjunkturpaket der Bundesregierung in Höhe von 130 Milliarden Euro konnte die OZG-Umsetzung zusätzlich Fahrt aufnehmen, heißt es weiter.
Damit die Digitalisierung in der Fläche gelingt, haben das Land und die Kommunalen Landesverbände Anfang 2019 eine eGovernment-Vereinbarung geschlossen. Eine enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunen im Land sowie die lizenzkostenfreie Bereitstellung der eGovernment-Plattform sind dabei Bestandteil der Vereinbarung. Da der Informationsbedarf zum OZG in allen Ressorts und Verwaltungsbereichen der Behörden hoch sei, habe das Land ein zentrales Informationsportal eingerichtet.
Zusätzlich werden Leistungen wie BAföG-Online (Sachsen-Anhalt) nach dem EfA-Prinzip nachgenutzt. Weiterhin bearbeitet das Land das Themenfeld „Mobilität und Reisen“ gemeinsam mit Hessen und übernimmt dabei die Entwicklung von insgesamt acht EfA-fähigen Leistungen. Davon sind bereits fünf digitalisiert und stehen zur Nachnutzung über das Landesportal bereit (unter anderem der Anwohnerparkausweis oder der Betrieb von Drohnen). Die drei verbleibenden Leistungen werden derzeit in den Digitalisierungslaboren als Standardprozess bearbeitet.
Jedoch sorgt das EfA-Prinzip in der mittelständischen IT-Wirtschaft zunehmend für Kritik. Branchenverbände werfen der Politik eine Missachtung des Vergaberechts vor. Dazu heißt es aus Baden-Württemberg: „Mit dem EfA-Prinzip kann die OZG-Umsetzung beschleunigt werden. Die Frage einer einheitlichen IT-Infrastruktur steht nicht in einem Konkurrenzverhältnis zum EfA-Prinzip.“ Mit dem OZG Hub habe das Land beispielsweise eine technische Infrastruktur entwickelt, die allen anderen Ländern eine Nachnutzung ermögliche.
Berlin
Bisher hat das Land Berlin 95 Verwaltungsleistungen digitalisiert. Weitere Leistungen sollen in Kürze umgesetzt werden. Mit dem Basisdienst „Digitaler Antrag“ werde das Online-Angebot kontinuierlich erweitert. Für die noch nicht digitalisierten Dienstleistungen kommt mit dem „Berliner Leistungskatalog“ ein ressortübergreifendes Instrument zur Priorisierung und Steuerung der Digitalisierung zum Einsatz, so die Senatsverwaltung für Inneres und Sport.
Da es sich bei Berlin um einen Stadtstaat handelt, steht das Land im Vergleich zu anderen Ländern nicht vor der Herausforderung die Kommunen miteinzubeziehen. Denn die Berliner Bezirke entwickeln ihre Angebote nicht eigenständig. Die Anbindung an Online-Dienste erfolgt über die fachlich zuständigen Behörden auf der Ebene der zuständigen Hauptverwaltungen. Allerdings werden die Bezirke im Zuge von Digitalisierungsprojekten eingebunden, „damit die entwickelte Lösung bestmöglich den bezirklichen Anforderungen entspricht“, erklärt der Senat.
Zum EfA-Prinzip heißt es aus Berlin: „Um den Umsetzungszeitraum einhalten zu können und bundesweit ein einheitliches Qualitätsempfinden bei der Inanspruchnahme von Verwaltungsleistungen sicherzustellen, ist sowohl die länder- als auch die ebenenübergreifende Zusammenarbeit unbedingt erforderlich. Gemeinsame informationstechnische Lösungen sparen Zeit, Kosten und Personalressourcen. Bislang haben viele Länder eigene Online-Dienstleistungen entwickelt, oft mit den gleichen Leistungen. Die Verwaltungsabkommen leisten einen wichtigen Beitrag zur ganzheitlichen Digitalisierung ohne die Kompetenzen der Länder einzuschränken.“
Die Nachnutzung der Dienste stehe den Ländern jedoch nicht uneingeschränkt frei. Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit würden durch das EfA-Prinzip nicht bedeutungslos. Ob die Vergabe eines Entwicklungsauftrages wirtschaftlicher gegenüber der Nachnutzung eines EfA-Dienstes sei, müsse im Einzelfall geprüft werden.
Brandenburg
Mit Blick auf das OZG teilt das Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg mit, dass sich die Behörden landesweit – aber auch die rund 11.000 Kommunen bundesweit – noch am Anfang der Umsetzung befinden.
Entscheidend für den Fortschritt der Digitalisierung in allen Ländern und Kommunen seien einerseits die Ergebnisse und Lösungen, die den Ländern und Kommunen durch die bundesweiten OZG-Themenfelder zur Nachnutzung bereitgestellt würden. Anderseits sei dies davon abhängig, welche strategischen, monetären, aufmerksamkeitsökonomischen und personellen Kapazitäten die Behörden für die Digitalisierung selbst aufbringen könnten.
Im Brandenburgische Themenfeld „Ein- und Auswanderung“ wurde der Aufenthaltstitel und die Verpflichtungserklärung entwickelt. Die nächsten Online-Leistungen sollen die Aufenthaltskarte und die Einbürgerung sein. Die Einbindung der Kommunen und Kommunalen Spitzenverbände erfolgt dabei auf der strategischen und operativen Ebene. Strategisch: Die Kommunen werden durch die Brandenburgischen Spitzenverbände im IT-Rat vertreten. Operativ: Die Kommunen sind an den einzelnen OZG-Projekten beteiligt, im Bürger- und Unternehmensservice, im IT-Kompetenzzentrum des Landes als auch bei der Weiterentwicklung der Smart-Village-App. Bundesweit arbeiten die Ministerien Brandenburgs in den unterschiedlichen Digitalisierungslaboren mit und im Rahmen der Gremien des IT-Planungsrats.
„Die Einrichtung von Bundeskonjunkturmitteln für die OZG-Umsetzung als auch die Unterstützung durch die FITKO verdienen eine enorme Wertschätzung. Sie erlauben es den Ländern, gemeinsam arbeitsteilig vorzugehen und ersparen es jedem einzelnen Land von Grunde auf 575 Verwaltungsleistungen eigenständig zu digitalisieren und jeweils milliardenschwer zu finanzieren“, heißt es aus Brandenburg.
Zusätzlich bietet Brandenburg seinen Landes- und Kommunalbeschäftigten die Möglichkeit, sich in den Bereichen Technik, IT und Digitalisierung weiterzubilden. Nach den Angaben des Innenministeriums werden durch den IT-Dienstleister (ZIT-BB) und die Landesakademie für Öffentliche Verwaltung (LaköV) rund 200 Fortbildungsmodule in den unterschiedlichsten Bereichen der IT angeboten.
Bremen
Bremen hat die Federführung für das Themenfeld „Familie & Kind“ übernommen. Zudem beteiligt sich das Land beim Themenfeld „Unternehmensführung & Entwicklung“. Einzelne OZG-Leistungen, wie die Namensbestimmung der Eltern im Zuge der Geburt oder des Unterhaltsvorschusses, sind bereits für Bremer Bürger online gegangen und werden nun im Rahmen der Konjunkturmittel zu Einer-für-Alle-Dienste weiterentwickelt. Andere Umsetzungsprojekte, wie die Ehe-Anwendung (in Kooperation mit Hessen) stehen kurz vor dem ersten Go-Live, heißt es aus dem Senat.
„Das EfA-Prinzip ist grundsätzlich der richtige Weg, auch wenn noch nicht alle Fragen abschließend geklärt sind“, so die Landesregierung. Dazu würden auch die Fragen des Vergaberechts zählen, insbesondere die Einbeziehung von überregionalen IT-Kooperationen (z.B. govdigital). Allerdings müsse das Hauptaugenmerk aller Umsetzungsstrategien künftig, gerade auch im Bereich der (nach)nutzenden Kommunen, auf eine Modularisierung und Standardisierung der Infrastrukturen gelegt werden, um die Konnektivität über gebietskörperschaftliche Grenzen hinweg zu gewährleisten.
„Hohe Aufwände für Fachverfahrensintegrationen sollten reduziert werden, damit Effizienzgewinne durch Digitalisierung auch tatsächlich erreicht werden können“, betont der Senat. Die Freie Hansestadt verfolge in den von ihr verantworteten Projekten konsequent eine Strategie der Standardisierung von Schnittstellen mit XÖV-Standards. Diese Standardisierung ermögliche einen „fairen“ Wettbewerb am Markt.
Nach den Angaben der Landesregierung ist der Informationsbedarf zum OZG in allen Ressorts und Verwaltungsbereichen hoch. Doch ein entsprechendes Fortbildungsangebot fehle, wird kritisiert.
Bayern
Nach den Angaben des Digitalministeriums sind in Bayern bereits 43 Prozent der OZG-Leisungen umgesetzt worden. Darunter fallen 55 so genannte „Top-Leistungen“, deren Umsetzung der Freistaat bereits Ende des Jahres 2020 erreicht hat. Bei den Top-Leistungen handelt es sich um die wichtigsten Verwaltungsleistungen. Dazu zählen etwa die Beantragung des Familiengeldes oder einer Geburtsurkunde.
Derzeit wird am flächendeckenden Rollout dieser Top-Leistungen gearbeitet, um diese bis Ende 2021 in ganz Bayern für alle Bürger nutzbar zu machen, heißt es.
„Eine der tragenden Säulen der Digitalisierungsstrategie des Freistaats ist der eGovernment-Pakt, mit dem Land und Kommunen gemeinsam den digitalen Verwaltungskreislauf schließen“, betont das Digitalministerium. Dies werde konkret durch eine enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden umgesetzt, die bei der Gestaltung der rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen von eGovernment unterstützen.
Auch die kostenfreie Bereitstellung des BayernPortal sowie wichtiger Basisdienste (für Authentifizierung, sichere Kommunikation und ePayment) durch den Freistaat für die Kommunen seien ein wichtiger Bestandteil. Zudem würdigt das Land mit dem neuen Prädikat „Digitales Amt“ Kommunen, die bereits mindestens 50 kommunale und zentrale Online-Verfahren im BayernPortal verlinkt haben.
Außerdem gebe es eine gute Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, die von einem intensiven direkten Austausch geprägt sei sowie von gemeinsamen Beratungen in den zuständigen Gremien des IT-Planungsrats und im Zuge des „Digitalisierungsprogramms Föderal“. Zudem setzt das Land mehrere bundesweite Infrastrukturprojekte um, wie zum Beispiel das ELSTER-Unternehmerkonto, das Großprojekt FINK (Aufbau der Infrastruktur für die deutschlandweite Interoperabilität der Bürgerkonten) sowie die bundesweite Registermodernisierung.
Obwohl das EfA-Prinzip häufig in der Kritik steht, ist Bayern von dieser Methode überzeugt: „Mit dem EfA-Modell wird die OZG-Umsetzung sogar beschleunigt. Ressourcen werden gebündelt, um die gesetzliche Vorgabe, das OZG bis 2022 umzusetzen, zu erfüllen“, heißt es dazu aus dem Digitalministerium.
Zusätzlich tauschen sich die Bundesländer regelmäßig über das so genannte D16-Treffen (Treffen der Digitalministerinnen und Digitalminister) aus, wobei auch das Thema digitale Verwaltung behandelt wird. Darüber hinaus arbeitet der Freistaat mit verschiedenen Bundesländern (etwa Hessen) eng zusammen. Auch die gemeinsame Arbeit mit dem Bund über die FITKO (Föderale IT-Kooperation) bewertet das Land als zielführend.
Ferner setzt der Freistaat auf Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Verwaltungen. So bietet die Bayerische Verwaltungsschule (BVS) das Basisseminar „Grundkurs Digitallotse“ an. In diesem Kurs werden die wichtigsten rechtlichen und organisatorischen Grundlagen vermittelt, die bei der Digitalisierung der kommunalen Verwaltung entscheiden sind. 80 Prozent der Seminargebühren werden dabei durch das Bayerische Digitalministerium finanziert.
Im März 2021 startete zudem der Digital.Campus Bayern, eine Informations-, Buchungs- und Lernplattform, auf die alle Verwaltungsmitarbeiter Zugriff haben sollen. Die modularen Bildungsinhalte reichen von kurzen Lerneinheiten über Blended Learning bis hin zum berufsbegleitenden Bachelorstudiengang „Digitale Verwaltung“.
Weiterhin geht man in Bayern davon aus, dass mit Hilfe des Konjunkturpakets des Bundes die OZG-Umsetzung weiter Fahrt aufnehmen wird.
Hamburg
Hamburg hat die Federführung für das Themenfeld „Unternehmensführung und -entwicklung – UFE“ übernommen, das 23 priorisierte OZG-Leistungen umfasst. Im Rahmen von sieben EfA-Projekten werden davon 13 Leistungen umgesetzt. Dabei geht es um Verwaltungsleistungen rund um Arbeitgeberpflichten, Sondernutzung von Straßen oder Veranstaltungen. Ein weiteres großes Hamburger OZG-Projekt ist die elektronische Wohnsitzanmeldung.
Laut Senatskanzlei befinden sich die sieben Umsetzungsprojekte derzeit in der Konzeptionsphase. „Es werden Stamminformationen für das Föderale Informationsmanagement (FIM) erstellt, ein Minimal Viable Product (MVP) definiert und Anforderungen an den geplanten Online-Dienst erarbeitet. Ein MVP ist die erste Entwicklungsstufe eines Produkts bzw. eines Services. Damit ist es möglich, das Produkt unter realistischen Bedingung zu testen. Alle Umsetzungsprojekte in Hamburger Verantwortung sind als EfA-Dienste geplant“.
Nach eigenen Angaben legt Hamburg großen Wert auf den kontinuierlichen Austausch mit Bund, Ländern und Kommunen. Als Federführer für das Themenfeld Unternehmensführung und -entwicklung arbeitet das Land eng mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) zusammen. Darüber hinaus besteht ein intensiver Kontakt zu Bremen und Nordrhein-Westfalen, die an der Entwicklung des Themenfelds beteiligt sind.
Bei der föderalen Zusammenarbeit profitiere das Land von der langjährigen Kooperationserfahrung im Dataport-Verbund der norddeutschen Bundesländer, heißt es.
In Bezug auf das EfA-Prinzip meldet die Hansestadt: „Die Kritik ist nicht berechtigt, denn die Vorgaben des Vergaberechts werden eingehalten. Die deutsche Verwaltung schafft es hier Doppelarbeit und Doppelbeauftragung zu vermeiden und damit Ausgaben zu sparen. Dass dies denjenigen nicht uneingeschränkt gefällt, die von der Doppelbeauftragung bisher profitiert haben, ist nicht verwunderlich.“ Aber nur auf diese Weise sei eine frühzeitige flächendeckende Verfügbarkeit der Online-Dienste zum Nutzen der Bürger möglich.
Hessen
Hessen trägt die Verantwortung für die zwei OZG-Themenfelder Mobilität & Reisen sowie Steuern & Zoll und setzt weitere Einzelvorhaben aus anderen Themenfeldern um – beispielsweise die Eheanmeldung und das Arbeitslosengeld 2 (ALG-II).
Das ALG-II zählt dabei zu den Verfahren, die bereits länderübergreifend in Betrieb sind. Nach den Angaben des Digitalministeriums befindet sich das Antragsverfahren für den Führerschein noch in der Testphase. Im Themenfeld „Steuern & Zoll“ stehe das Land bereits kurz vor dem Projektabschluss, heißt es weiter. Außerdem entwickelt das Land eigene Antragsverfahren, die nicht aus dem Digitalisierungsprogramm oder den genannten Themenfeldern bereitgestellt werden.
Hessen sehe das EfA-Prinzip als wichtiger Ansatz für die OZG-Umsetzung an – auch wenn in der Praxis noch nicht alle Fragen abschließend geklärt seien, heißt es. Dazu würden auch Fragen des Vergaberechts zählen, insbesondere der Bereich der (nach-)nutzenden Kommunen. Laut Digitalministerium werden dafür momentan tragfähige Lösungen erarbeitet und bundesweit abgestimmt.
„IT funktioniert gut und wirtschaftlich, wenn sie auf Basis von Standards und interoperablen Lösungen betrieben werden kann, etwa mit Schnittstellen im XÖV-Standard.“ Der XÖV-Standard ist ein Standard für den elektronischen Datenaustausch der Öffentlichen Verwaltung auf Grundlage der XML-Syntax. „Das ist zudem der Ansatz, an dem Hersteller von Fachverfahren andocken und damit von unserem Vorgehen profitieren können“, heißt es letztlich.
Mecklenburg-Vorpommern
Laut Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung befindet sich Mecklenburg-Vorpommern auf einem guten Weg. Die zentrale Landesplattform ist bereits im Jahr 2019 online gegangen. Über das MV-Serviceportal (www.mv-serviceportal.de) können sich Bürger sowie Unternehmen über alle Verwaltungsleistungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene informieren, Anträge stellen und Rückmeldungen erhalten. Über das Serviceportal stellt das Land auch allen Kommunen die OZG-konformen Online-Anträge zur Verfügung.
Auch die Kommunen beteiligen sich bei der Umsetzung. Die Städte und Gemeinden bedienen sich hierzu ihres Zweckverbands Elektronische Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern (eGo-MV). Die Landkreise steuern die OZG-Umsetzung über eine zusätzliche Einheit im Landkreistag. Zur Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen ist seit einigen Jahren das Büro kooperatives eGovernment zuständig, eine Einheit, die sowohl aus Mitarbeitern des Landes und der Kommunen besteht.
Über das Service-Portal des Landes werden schon jetzt mehr als 100 Leistungen vollständig digitalisiert angeboten, heißt es aus dem Digitalministerium. Teilweise können Bürger auch bereits digital bezahlen, zum Beispiel bei der Beantragung von Personenstandsurkunden. Bislang haben sich laut Ministerium mehr als 10.000 Nutzer auf der Plattform registriert haben.
Auch im eigenen Themenfeld „Bauen & Wohnen“ kommt das Land nach eigenen Angaben gut voran. Im Januar 2021 sei das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren, das mit dem Landkreis Nordwestmecklenburg als Hauptpartner entwickelt wurde, bereits online gegangen. Seitdem könne das Verfahren von anderen Kommunen und anderen Bundesländern nachgenutzt werden.
Das EfA-Prinzip wird dabei als bereichernd angesehen. „Gerade weil bundesweit so viele Leistungen in so kurzer Zeit auf allen Ebenen der Verwaltung digitalisiert werden sollen, müssen alle Kräfte gebündelt und Ressourcen effektiv eingesetzt werden. Arbeitsteilung ist in dem Zusammenhang der richtige Weg“, betont das Digitalministerium.
Ein wichtiger Treiber für die Umsetzung sei dabei die finanzielle Unterstützung durch den Bund. Deshalb spricht sich das Land für eine Fortsetzung nach Auslaufen der Konjunkturmittel aus.
Niedersachsen
Nach eigenen Angaben arbeitet Niedersachsen insbesondere im Rahmen des Programms „Digitale Verwaltung in Niedersachsen (DVN)“ mit Hochdruck an der Umsetzung des OZG und des Niedersächsischen Gesetzes über digitale Verwaltung und Informationssicherheit (NDIG). Diverse voll- und teildigitalisierte Leistungen wie die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, der Bewohnerparkausweis oder die Leistungen zum Infektionsschutz seien bereits verfügbar, heißt es aus dem Ministerium für Inneres und Sport. Weiterhin seien derzeit ungefähr 100 OZG-Leistungen in Planung.
Als Federführer für das Themenfeld Gesundheit arbeitet das Land an der Umsetzung von 16 Leistungen, die zur Nachnutzung auch für andere Länder freigegeben werden. Die Umsetzung aller Leistungen erfolgt in sogenannten Umsetzungsbegleitungsteams, die mit Fach- und Methodenspezialisten besetzt sind.
Als Basisdienst für Antragsverfahren, die im Land entwickelt werden, steht das Niedersächsische Antragsverwaltungssystem für Verwaltungsleistungen Online (NAVO) zur Verfügung. Darüber können Bürger und Unternehmen zentral erforderliche Anträge stellen und bearbeiten lassen. Mit NAVO wurden, laut Digitalministerium, bereits zahlreiche Online-Dienste entwickelt. Es dient auch als Basis für die Entwicklung im Themenfeld Gesundheit. Laut Innenministerium stehen auch im kommunalen Bereich mehrere Verwaltungsportale mit Onlinediensten zur Verfügung.
Im Rahmen des Programms DVN läuft zudem ein eigenes Projekt zur Einbindung der Kommunen. Um die kommunalen Kompetenzen in die Umsetzungsprojekte zu integrieren, wurde ein kommunales Kompetenzteam gegründet. Die Kommunen sind dabei in den Projektgremien und den meisten Umsetzungsprojekten vertreten. Außerdem arbeite das Programm intensiv mit den kommunalen IT-Dienstleistern, insbesondere der GovConnect, so das Innenministerium.
Darüber hinaus sei die DVN-Strategie stark auf das EfA-Konzept ausgerichtet. Das Land arbeite bereits mit anderen Bundesländern bei der Nachnutzung verschiedener Leistungen zusammen. In Bezug auf die EfA-Kritik heißt es aus dem Ministerium: „Aufgrund der gleichen zu bewältigenden Aufgaben ist eine Arbeitsteilung zwischen den Ländern sinnvoll und unter Einhaltung von Rahmenbedingungen auch zulässig. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden. Die Beratung und technische Umsetzung der Projekte erfolgt meist durch Unternehmen im IT-Bereich. Dazu gehört selbstverständlich auch die mittelständische Wirtschaft.“
Zusätzlich bestehen Kooperationen wie beispielsweise mit Dataport-Ländern beim Servicekonto und eine intensive Zusammenarbeit im IT-Planungsrat. Doch zur Beschleunigung der Umsetzung sei ein zentraler transparenter Überblick über alle in den Ländern laufenden und zeitnah geplanten Maßnahmen wünschenswert, heißt es aus Niedersachsen.
Weiterhin würde ein flexibler Einsatz der vom Bund bereitgestellten Konjunkturmittel die Handlungsfähigkeit der Akteure erhöhen und beschleunigen. „Eine Übernahme von übergeordneten Koordinierungs- und Abstimmungsaufgaben durch die FITKO unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Länder und Kommunen würde die Basis für schnellere Ergebnisse und eine gezieltere Zusammenarbeit schaffen“, betont das Innenministerium.
Sachsen
Sachsen ist für das Themenfeld „Recht & Ordnung“ zuständig. Dazu gehören die OZG-Leistungen in den Bereichen Opferentschädigungsgesetz, Fundsachen, Naturkatastrophen, Anzeige und Ordnungswidrigkeiten/Bußgeld. Die Anträge für die „Hilfen für die Opfer von Gewalttaten“ sind bereits seit Januar 2021 im sächsischen Serviceportal „Amt24“ online verfügbar.
Auch für die sonstigen OZG-Leistungen sei die Planung und Umsetzung in vollem Gange, heißt es aus der Sächsischen Staatskanzlei. So wurde Anfang Juni 2021 das Pilotprojekt des Online-Wohngeldverfahrens in zwei sächsischen Landkreisen gestartet.
Die zentrale Entwicklung von Verfahren für die kommunale Ebene wird jährlich mit 3 Millionen Euro aus dem staatlichen Haushalt gefördert. Zudem wurde die KOMM24 GmbH gegründet, um den Know-how-Transfer in kleinere Kommunen zu gewährleisten. Hier kommen die Ressourcen der großen Städte Dresden, Chemnitz und Leipzig mit denen des Zweckverbandes Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) und der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung (SAKD) zusammen, so die Sächsische Staatskanzlei. Dabei sollen vorrangig Innovationen und Softwarelösungen arbeitsteilig erstellt und dann allen Kommunen zur Nachnutzung angeboten werden – eine Art sächsisches Einer-für-Alle-Prinzip, heißt es weiter.
„Der Erfolg der digitalen Verwaltung bemisst sich aber nicht allein an den technischen Komponenten und Softwarelösungen. Wir müssen auch digitale Kompetenz bei den Bediensteten aufbauen“, betont Sachsens CIO Thomas Popp. Der Sächsische Städte- und Gemeindetag habe hierfür das Konzept der Digital-Lotsen beziehungsweise Digital-Navigatoren erstellt. „Mit den Lotsen bilden wir zentrale Veränderungsmanager aus, welche die Vor-Ort-Navigatoren anleiten und begleiten können. Jeder erfolgreiche Navigator kann in seiner Kommune so zum Multiplikator beziehungsweise Katalysator für erfolgreiche Digitalisierungsprojekte werden“, erläutert Popp. Zudem beteiligt sich das Land an der Bildungsplattform eGov-Campus des IT-Planungsrats.
Der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern findet in diversen Arbeitsgruppen statt. Das Land arbeitet beispielsweise sehr eng mit Baden-Württemberg zusammen, um die Serviceportale weiter zu entwickeln. Im Bereich des Bergbaus erstellt das Sächsische Oberbergamt gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Niedersachsen die digitalen Verwaltungsleistungen der Bergbehörden.
Im Hinblick auf die Kritik zum EfA-Prinzip fasst Thomas Popp zusammen: „Bei der Digitalisierung der Verwaltung arbeitet der Staat eng mit der Wirtschaft zusammen. Sehr viele IT-bezogene Leistungen werden vom Markt eingekauft und IT-Verfahren zusammen mit den Unternehmen passgenau entwickelt. Der Staat selbst verfügt gar nicht über ausreichend IT-Entwickler, um eigenständig alle Erfordernisse abzudecken“ Auch würden viele EfA-Leistungen mit externer Unterstützung entwickelt.
„In Sachsen werden wir für unser Themenfeld beispielsweise auf unsere Rahmenvertragspartner zurückgreifen, die alle mittelständisch geprägt sind. Die Modelle zur Nutzung von EfA-Leistungen sind juristisch geprüft und zulässig“, ergänzt Popp.
Doch eine pauschale Antwort, wie IT-Infrastruktur ausgestaltet sein müsse, um das OZG effektiv umzusetzen, gebe es nicht. „Vielmehr bestimmen die fachlichen Anforderungen und auch die bestehenden organisatorischen, rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen, wie Infrastruktur und das ‚Betriebsmodell‘ auszugestalten sind,“ so der Landes-CIO.
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit Rheinland-Pfalz die Federführung im Themenfeld „Umwelt“ übernommen und bearbeitet zudem das Themenfeld „Engagement & Hobbies“. Die digitalen Verwaltungsleistungen werden über das serviceportal.schleswig-holstein.de zur Verfügung gestellt. Als IT-Dienstleister ist Dataport für die operativen Aufgaben der Umsetzung zuständig.
Zugleich entwickeln die Dataport-Trägerländer kooperativ eine eigenständige Online-Dienste Infrastruktur (Online-Service-Infrastruktur – OSI) auf der neben den eGovernment-Basisdiensten, wie das Nutzerkonto, auch die im Rahmen des EfA-Vorgehens entwickelten Online-Dienste betrieben werden (sollen). Über diese Infrastruktur sollen dann auch Services von Behörden anderer Bundesländer zum Betrieb angeboten werden.
Für die Zusammenarbeit mit den Kommunen wurde der IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITVSH) Anfang 2019 gegründet. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem ITVSH und dem Land schreibt vor, dass für die Kommunen so genannte Referenzimplementierungen sichergestellt werden.
Zudem hat das Land ein Kommunikationsformat entwickelt. Das „OZG Café“ und die Single Points of Contacts (SpoC) sind in jedem Ressort eingerichtet, um den Informationsbedarf der Verwaltung aufzufangen.
Thüringen
In Thüringen werden sogenannte Basisdienste bereitgestellt, damit sich alle Akteure aktiv an der OZG-Umsetzung beteiligen können. Zu den Basisdiensten zählt ein Antragsmanagementsystem, das Thüringer Service- und Organisationskonto, ein ePayment-Dienst (ePayBL), sowie der Zuständigkeitsfinder. Beispielhaft seien hier die vielen elektronischen Antragsverfahren in der Stadt Schmölln oder den Kommunen im Landkreis Eichsfeld, heißt es aus dem Finanzministerium. Dort würden bereits jetzt mehrere tausend Anträge, beispielsweise zum Schulhort oder zu Kindertagesstätten, elektronisch eingehen.
Wie das Finanzministerium mitteilt, seien die Kommunen des Landes eng in die Umsetzung eingebunden. Dies betreffe nicht nur die Gremienarbeit im Beirat kommunales eGovernment, sondern auch die praktische Arbeit. Weiterhin werden die Kommunen seit 2019 intensiv durch das Kompetenzzentrum Verwaltung 4.0 beraten und begleitet.
Die Beratung bezieht sich dabei nicht nur auf die Klärung grundlegender Aspekte der OZG-Umsetzung, sondern auch auf die Einführung von elektronischen Verwaltungsleistungen über das Thüringer Antragsmanagementsystem (ThAVEL) inklusive entsprechender Schulungen. Zusätzlich stellt das Land Fördermittel zur Digitalisierung der kommunalen Verwaltungen bereit.
Laut Finanzministerium können im Land insgesamt mehr als 200 so genannte „Verrichtungsleistungen“ elektronisch von den Behörden über das zentrale Antragsmanagement genutzt werden. Außerdem beteiligen sich die Ministerien an einer Vielzahl von EfA-Projekten anderer Bundesländer und planen eine Nachnutzung.
Nach eigenen Angaben ist Thüringen zudem das einzige Bundesland, das zusammen mit dem BMI die Erprobung von EfA-Leistungen anderer Bundesländer durchführt und dabei eruiert, ob und wie die geschaffenen EfA-Lösungen sich bis in die kommunale Ebene hinein umsetzen lassen oder welche Änderungen beziehungsweise grundsätzlichen Überlegungen beim Roll-Out in den Kommunen notwendig sind.
Der Freistaat übernimmt dabei das Themenfeld „Steuern & Zoll“ und begleitet mit seinen Kommunen die Einführung eines elektronischen Gewerbesteuerbescheides beziehungsweise im ersten Schritt den sicheren Datentransport von der Steuerverwaltung in die Kommunen.
Aus der Sicht des Landes sollte die FITKO eine zentrale Rolle bei der Nachnutzung gemeinsamer Online-Dienste spielen. Dies gelte insbesondere für die gemeinsame föderale OZG-Umsetzung im Rahmen von EfA. Mit dem FIT-Store sei dazu ein wichtiges Instrument geschaffen worden, so das Finanzministerium.
„Dieses gilt es nun auszubauen. Zudem sollten auch die Kosten von Betrieb und Wartung von EfA-Leistungen aus einem zentralen Budget, das von den Ländern gebildet und von der FITKO bewirtschaftet wird, finanziert werden. Dies sollte zumindest für die sogenannte Single Digital Gateway (SDG)-Leistungen, über das einheitliche digitale Zugangstor der Europäischen Union, der Fall sein“, heißt es dazu aus dem Thüringer Finanzministerium.
In Thüringen wird das EfA-Prinzip für sinnvoll gehalten. „Ein arbeitsteiliges Vorgehen und eine zentrale Verfügbarkeit von Diensten für alle Bundesländer ist effizient“, heißt es dazu. Jedoch stoße das EfA-Prinzip in seiner Umsetzung auch an Grenzen. Diese seien sowohl „rechtlicher, als auch praktischer Natur“. Zudem habe das Land bereits frühzeitig darauf hingewiesen, dass mit den EfA-Projekten noch nicht die große Herausforderung des Roll-Outs in den Kommunen gelöst werde.
Aus Erfurt heißt es dazu:„Deshalb haben wir uns explizit auch für das Verprobungsprojekt entschieden. Nur indem wir praktische Erfahrungen sammeln, können wir die EfA-Produkte nachschärfen beziehungsweise Erkenntnisse für die weiteren EfA-Projekte liefern, so dass der Roll-Out in den Kommunen einfacher wird.“
Vor dem Hintergrund kritischer Stimmen gegenüber dem EfA-Prinzip erklärt eine Sprecherin des Finanzministeriums: „Die Kritik der mittelständischen IT-Wirtschaft am EfA-Prinzip kann ich insoweit nachvollziehen, als es einige große Landesdienstleister gibt, die EfA dazu nutzen wollen ihre Position auf Kosten des Wettbewerbs zu stärken und damit für die Verärgerung sorgen.“
Aus den Ländern Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Saarland haben wir bisher noch keine Antwort erhalten. Wir werden diese nachtragen, sobald wir sie erhalten.
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