Jedem Rechenzentrum ein eigenes Haus? Sichere Gebäude sind das A und O für den IT-Einzug
Datacenter sind oft in Gebäuden untergebracht, die eigentlich für eine andere Nutzung zur Verfügung stehen, zum Beispiel Bürogebäude, Lager- und Produktionshallen. Diese entsprechen oft jedoch nicht den Anforderungen an ein hochverfügbares Datacenter. Ein solches sollte sich somit in einem eigenen Haus befinden.
Anbieter zum Thema

Vor der Planung und Auslegung des Gebäudes sind Analysen hinsichtlich der Risikobewertung und Standortauswahl des Gebäudes unerlässlich. Dazu zählen insbesondere mögliche Arealrisiken, Hochwassergefahr, Sturm, Blitzeinschlag oder Erdbeben. Dazu kommen Übertragung von Erschütterungen von der Straße aus, von benachbarten Produktions-Betrieben, Einwirkung von Starkstromleitungen sowie nachbarliche Gefährdungen durch feuergefährdete Betriebsstätten wie Tankstellen oder Chemikalienlager. Diese können Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Datacenter- (DC-) Ausfalls haben.
Wichtige Merkmale und Voraussetzungen
Bei Neubau eines Gebäudes sind folgende Merkmale zu berücksichtigen, die auch bei Betrachtung einer Bestandsimmobilie wichtig sind:
- Massivbauweise; Systemprüfung des baulichen Brandschutzes; Wände, Boden, Decken nach EN1047-2; Schutz gegen Rauchgas und Spritzwasser für 60 Minuten
- idealerweise fensterlos
- keine ständigen Büroräume
- Türen sind rauchdicht, selbstschließend, entsprechen der Feuerwiderstandsklasse T90 und Einbruchwiderstandsklasse WK4
- Sensible Gebäudeteile im Gebäudeinneren liegend
- Einrichten von Sicherheitszonen, siehe untenstehende Grafik „Beispiel Datacenter Design“
- Separation und Abschottung der Sicherheitszonen
- Absicherung durch Zaun und Tor
- Schutz vor Sabotagen
- Störmeldeüberwachung von Energieversorgung, Klima, Leckagen
- Abdichtung gegen eindringendes Grundwasser, Überschwemmungsschutz
- Konzept des äußerer Blitzschutz, im Gebäudeinneren Schutz durch Potenzial-Ausgleich
- EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit) für den IT-Bereich prüfen, Gutachten eines Sachverständigen
- Brandschutzgutachten eines Sachverständigen
- Überspannungsableiter (grob, mittel, fein)
- Aufteilung des Grundrisses in logische Brandabschnitte
- Kabelkanäle zum IT-Raum nach E 90 sichern
- Kabel bestehen aus brandhemmendem Material
- bei Leitungen, die durch Wände geführt werden, sind die Durchführungen feuer- und rauchfest zu verschließen
- bauliche Erweiterungsmöglichkeiten vorsehen, ohne den IT-Betrieb zu gefährden
Das Chamber-Konzept und seine Vorteile
Um die Sicherheit zu gewährleisten, wird das Gebäude in Sicherheitszonen eingeteilt, (siehe: Grafik „Beispiel Datacenter Design“). Wichtig ist eine klare Isolation beziehungsweise Trennung innerhalb der Sicherheitszonen, um eine gegenseitige Beeinflussung auszuschließen. Die hochsensiblen IT-Räume befindet sich im Gebäude-Inneren, roter Bereich. Die passive Netzwerkverkabelung ist in separaten Räumen redundant aufgelegt, als TK-Räume 1 und 2 dargestellt, roter Bereich. Die Technische Infrastruktur ist losgelöst von den IT-Räumen in einem eigenen Sicherheitsbereich untergebracht, blauer Bereich.
Anlieferung und Auspacken von Materialen erfolgt ausschließlich in einem separaten Raum. Das verhindert, das sich Staub etwa in den IT-Räumen ausbreiten kann und der Zutritt von Fremdpersonal in den IT-Räumen bleibt erpart. Ersatzsysteme, Ersatzteile und Patchkabel sind in einem separaten Spare-Part-Raum unter Verschluss zu halten, gelber Bereich.
Zu den einzelnen Räumen haben nur autorisierte Personen Zutritt. Ein Wartungstechniker für die Klima-Anlage hat nur Zutritt zu den Klimageräten (blau), nicht aber zu den Räumen der IT-Infrastruktur (rot). Die Absicherung erfolgt mittels eines geeigneten Zutrittkontrollsystems.
In diesem Designbeispiel ist das Rechenzentrum in drei Chamber für die IT-Infrastruktur, Server, Storages und drei separate Klimaspangen aufgeteilt. Diese Aufteilung hat den Vorteil, dass nur so viel Energie und Kühlung verbraucht wird, wie in dem aktiven Chamber auch benötigt wird.
Im Rahmen der Inbetriebnahme des Rechenzentrums werden die IT-Devices in Chamber 1 installiert. Kommt es zu einem Austausch der IT-Infrastruktur, werden die neubeschafften Systeme in Chamber 2 installiert. Energie- und Klimageräte für diesen Bereich werden gegebenenfalls beschafft und aktiviert. Erst wenn die neuen Systeme produktionsbereit sind, werden die Altsysteme in Chamber 1 demontiert, die Energie- und Klimaversorgung für diesen Raum wird abgeschaltet. Der Raum ist damit für die nächste IT-Generation vorbereitet. Der aktuelle Betrieb bleibt während dieser Maßnahmen davon unberührt.
Aus Sicherheitsgründen sollte vor Inbetriebnahme des Chamber 2 eine Feinstaubreinigung durch einen Fachbetrieb vorgenommen werden. Die IT-Systeme sind sehr empfindlich, und Feinstaub kann Bauteile oder Festplatten zerstören. Chamber 3 ist eine Reserve für die Zukunft und kann zunächst im Rohbauzustand verbleiben.
Dies sind die Vorteile des Chamber-Konzepts:
- Durch die Parzellierung der Räume wird weniger Energie benötigt
- Durch die separate Klimaspange benötigt der Klima-Anlagentechniker keinen Zutritt zu den IT-Räumen (oft sind die Klimageräte in den IT Räumen untergebracht)
- Bei Generationswechsel der IT-Devices gibt es keine Störung des laufenden Betriebs
- Es gibt kein Fremdpersonal während der Umbauphase im Bereich des laufenden Betriebs
- Staubeinflüsse durch den Umbau im Bereich des laufenden Betriebs fehlen
* Wolfgang Heinhaus ist Partner Advisor bei der Experton Group. Er hat über 25 Jahre Erfahrung in der Informationstechnologie auf Anwender- sowie auch auf Beratungsseite.
(ID:44225012)