Die BTGA-Regel 3.003 und vieles mehr Korrosionsrisiken in der Datacenter-Klimatisierung

Von Tobias Wolf* |

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Alle Klimakomponenten sind dauerhaften luft- oder wasserseitigen Korrosionsrisiken ausgesetzt. Angefangen bei der simplen Verschraubung über Pumpen, Rückkühler bis hin zum kompletten Kaltwassersatz. Wer hier fachgerecht vorbeugt, minimiert Ausfallrisiken und spart so langfristig erhebliche Kosten. Tobias Wolf vom Kühlungsexperten Stulz hat einen Leitfaden erstellt.

So sehen Korrosionsschäden an Lamellen-Rohr-Wärmetauschern aus.
So sehen Korrosionsschäden an Lamellen-Rohr-Wärmetauschern aus.
(Bild: Stulz)

Kaum ein größeres Rechenzentrum in Deutschland kommt heute noch ohne Freie Kühlung aus. Denn Freikühlanlagen sparen immense Strommengen ein, weil sie die Einschaltzeiten von Kältekompressoren im Jahresverlauf um mehrere tausend Stunden reduzieren können. Neben einer deutlich verbesserten Energie-Effizienz punkten Freikühlanlagen aber auch bei der Verfügbarkeit, indem sie zusätzliche Optionen für die Kälte-Erzeugung bereitstellen.

Damit eine Freikühlanlage Kälte erzeugen kann, müssen die empfindlichen Luft-Wasser-Wärmetauscher jedoch störungsfrei arbeiten. Außenluft-beaufschlagte Wärmetauscher von Freikühlanlagen gehören deshalb zu den betriebskritischen Komponenten von Rechenzentren.

Da die Luft-Wasser-Wärmetauscher direkten Emissionen aus der Außenluft ausgesetzt sind, bestehen für sie oftmals standortbedingte Zusatzrisiken durch Luftverschmutzung und salzhaltige Luft, die zu einer beschleunigten Korrosion führen können. Ein grundlegendes Verständnis verschiedener Korrosionsschutzmaßnahmen für Luft-Wasser-Wärmetauscher sowie der im Kaltwasserkreislauf stattfindenden korrosiven Prozesse kann maßgeblich zu mehr Investitionsschutz im Rechenzentrumsbetrieb beitragen und als Basis für ein proaktives Wartungskonzept dienen.

Aus der Nähe betrachtet: Korrosionsschäden an Lamellen-Rohr-Wärmetauschern
Aus der Nähe betrachtet: Korrosionsschäden an Lamellen-Rohr-Wärmetauschern
(Bild: Stulz)

Bei der Klimatisierung von Rechenzentren können schon minimale Betriebsstörungen zu teuren Konsequenzen führen. Um Ausfallrisiken zu reduzieren, setzt man im IT-Bereich deshalb auf definierte Verfügbarkeitsklassen, die sich je nach Anforderung durch einen mehrfach redundanten Systemaufbau auszeichnen.

Neben planerischen Ansätzen sollte ein effektives Verfügbarkeitskonzept darüber hinaus auch Instandhaltungs- und Servicemaßnahmen beinhalten. Dichtigkeitskontrolle, regelmäßige Filterwechsel und die sorgfältige Reinigung von Wärmetauscherflächen gehören dabei zu den gängigsten Wartungsarbeiten.

Damit langfristig ein Energie-effizienter und zuverlässiger Betrieb sichergestellt ist, sollten sich Datacenter-Betreiber zudem möglichst frühzeitig mit dem Thema des vorbeugenden Korrosionsschutzes auseinandersetzen. Häufig vernachlässigt, schützt ein grundlegendes Verständnis von korrosiven Prozessen im Kühl- und Klimasystem oftmals vor späten Überraschungen.

„Rechtzeitig“ lautet das Zauberwort

Da je nach individuellen Umgebungsfaktoren alle Kältekomponenten mehr oder weniger starken korrosiven Vorgängen ausgesetzt sind, ist es nur eine Frage der Zeit, bis messbare Materialveränderungen in einzelnen kältetechnischen Bauteilen auftreten. Die richtige Wahl des Korrosionsschutzes kann Rechenzentrumsbetreiber jedoch dabei unterstützen, die Lebensdauer von Präzisionsklimasystemen erheblich zu verlängern.

Aus physikalischer Sicht beschreibt Korrosion die messbare Reaktion eines Metalls mit seiner Umgebung. Daraus resultierend entsteht meist ein schleichender Prozess, der im Laufe der Zeit zu Beeinträchtigungen der Funktion eines Bauteils oder sogar eines kompletten Systems führen kann. Ausgelöst werden korrosive Vorgänge durch chemische oder elektrochemische Substanzen in der Umgebungsluft oder durch den Kontakt zweier unterschiedlicher Metalle. Korrosion tritt zwar prinzipiell überall auf, ungünstige Umweltbedingungen können einen langsamen natürlichen Abtragungsprozess jedoch drastisch beschleunigen.

In Kälte-Anlagen sind beispielsweise Rohre und Lamellen von Wärmetauschern ständig der Außenluft ausgesetzt, was sie grundsätzlich anfälliger für korrosiven Abtrag macht. Korrosion kann dabei schwerwiegende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit von Kältesystemen haben. Bei besonders ungünstigen Umweltbedingungen können Wärmetauscher so stark beschädigt werden, dass sie sich verformen oder einzelne Lamellen brechen.

Die Konsequenzen bei Vernachlässigung

Luftstromblockaden sowie eine Verringerung der effektiven Wärmetauscherfläche reduzieren dann den Wirkungsgrad des Kältesystems. Oftmals sind bereits erfolgte Schädigungen der Materialstruktur zudem irreversibel und erfordern teure Reparaturen oder sogar einen Austausch.

In der Kältetechnik zählen Sauerstoff- und Säurekorrosion zu den häufigsten Korrosionsursachen. Sauerstoffkorrosion wird dadurch verursacht, dass ein Metall mit Sauerstoff reagiert und dabei Oxide ausbildet. Bei Kupfer und bei Aluminium schützt die so entstehende natürliche Oxidschicht das Innere des Metalls, so dass eine Oxidierung hier sogar als vorteilhaft angesehen werden kann.

Die Formen der Säurekorrosion sind jedoch weitaus aggressiver als die Prozesse der Sauerstoffkorrosion. An Standorten mit hoher industrieller Belastung können Emissionen die Korrosionsrate erheblich beschleunigen. Verbindungen wie Stick- und Schwefeloxide sowie Ammoniak, Chloride und Kohlenmonoxid reagieren mit Kupfer und Aluminium und bilden Säuren, die zu mikroskopischen Vertiefungen im Material führen können.

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Korrodierter Druckschalter aus V4A aufgrund von Säurekorrosion in VE-Wasserkreislauf
Korrodierter Druckschalter aus V4A aufgrund von Säurekorrosion in VE-Wasserkreislauf
(Bild: Stulz)

Dieser Prozess wird auch als Pitting bezeichnet und kann schon innerhalb weniger Monate schwerste Korrosionsschäden verursachen. Die größten Risikofaktoren für einen beschleunigten korrosiven Abtrag finden sich dabei an Standorten mit Schwerindustrie, hoher Verkehrsdichte oder in direkter Nähe von landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Sobald mehr als ein Metall in einem kältetechnischen Bauteil verwendet wird, kann in einem System die so genannte galvanische Korrosion auftreten. In Kombination mit einem Elektrolyten wie Salzwasser beginnen Ionen eines „unedleren“ Metalls, in die Richtung eines „edleren“ Metalls zu fließen. Dieser Prozess führt irgendwann zu einem Abtrag des Metalls, das seine Ionen abgibt. Davon besonders betroffen sind Kupfer-Aluminium-Bauteile sowie Metallkombinationen innerhalb von Umgebungen mit hoher Salzwasserbelastung.

Speziell bei Aluminium-Microchannel-Wärmetauschern, die über eine Kupferverrohrung verbunden sind, kann die galvanische Korrosion erheblichen Schaden anrichten. Bruch und Verstopfung der feinen Mikrokanäle führen dann zu partiellen Druckverlusten oder sogar zu Kältemittelleckagen. Weitere Faktoren wie die Verwendung von minderwertigen Metallen erhöhen das Korrosionsrisiko zusätzlich. Brüche und Löcher an der Oberfläche können zudem vermehrt Wasser einfangen und so die Zersetzung beschleunigen. Generell erhöhen ein warm-feuchtes Klima sowie häufige Temperaturschwankungen ebenfalls das allgemeine Korrosionsrisiko.

Strukturelle Schutzmaßnahmen

Dank moderner Verfahrenstechnik existieren heute umfangreiche Möglichkeiten, Wärmetauscher vor Korrosion zu schützen. Jede Methode birgt dabei individuelle Vor- und Nachteile.

Dickere Aluminium-Lamellen schützen vor frühzeitigem Lamellenbruch. Das zusätzliche Material verzögert die strukturellen Auswirkungen korrosiver Prozesse und verlängert so den Zeitraum, bis es zu einem Lamellenbruch kommt. Im Anlagenbetrieb blockiert die zusätzliche Lamellenbreite jedoch den Luftstrom und verringert damit den Wirkungsgrad des Wärmetauschers.

Eine bessere Möglichkeit für strukturellen Korrosionsschutz bietet der Einsatz von Cu/Cu-Coil-Fins. Sie eliminieren die Auswirkungen von galvanischer Korrosion im Wärmetauscher, da sowohl die Rohre als auch die Lamellen vollständig in Kupfer ausgeführt sind. Darüber hinaus behält der Wärmetauscher aufgrund der Kupferlamellen auch seine guten Wärmeleitungseigenschaften. Nachteile ergeben sich vor allem durch die höheren Materialkosten sowie beim mangelnden Schutz vor Sauerstoffkorrosion.

Moderne Beschichtungstechnik

Neben strukturellen Maßnahmen können auch moderne Beschichtungstechniken den Korrosionsschutz erhöhen. Die Deckschichten werden dabei meist mittels Drucksprühsystemen direkt auf die Oberfläche der Wärmetauscherbauteile aufgebracht.

Um Metallkomponenten vor sauren Lösungen in der Atmosphäre zu schützen, kommt ein nichtreaktives Harz wie Epoxid zum Einsatz. Die Sprühbeschichtung bietet umfassenden Schutz vor allen Korrosionsarten und ist im Vergleich zu anderen Beschichtungsarten zudem relativ kostengünstig.

Die energetisch ungünstige, relativ hohe Schichtdicke reduziert jedoch teilweise die Effizienz der Kälte-Anlage, da sie sich negativ auf die Wärmeleitfähigkeit auswirkt. Zusätzliche Druckverluste erhöhen außerdem die Leistungsaufnahme der Ventilatoren.

Spezielle Epoxidharze wie Blygold verwenden deshalb aluminiumpigmentiertes Polyurethan. Bei entsprechender Anwendung bietet das Material selbst einen hervorragenden Schutz. Es lässt sich zudem sehr gleichmäßig aufbringen und sorgt so für eine hohe Uniformität der einzelnen Schichten.

E-Coating-Tauchbeschichtung bei einem Microchannel-Wärmetauscher
E-Coating-Tauchbeschichtung bei einem Microchannel-Wärmetauscher
(Bild: Stulz)

Ein bekanntes Problem aller Sprühbeschichtungen sind jedoch mögliche Lücken in der Deckschicht. Diese sind aufgrund der Sprühtechnik nie ganz auszuschließen und begünstigen die Entstehung von punktuellen Korrosionsstellen. Sprühbeschichtungen sind deshalb für herkömmliche Aufstellbedingungen empfehlenswert. Sie eignen sich aufgrund der beschriebenen Verfahrensschwächen aber weniger für Standorte mit sehr hoher Umgebungsbelastung durch Abgase, sauren Regen oder salzhaltige Luft.

Anders als die Sprühbeschichtung punktet die kathodische Tauchlackierung mit einer sehr hohen Schichten-Uniformität. Bei diesem Verfahren wird der Wärmetauscher elektrisch aufgeladen und dann komplett in ein Chemikalienbad eingetaucht. Die Beschichtung haftet so gleichmäßig auf allen Oberflächen. Bei sorgfältiger Montage sind deshalb keinerlei Schutzlücken zu erwarten.

Epoxidharz-Sprühbeschichtung eines Microchannel-Wärmetauschers
Epoxidharz-Sprühbeschichtung eines Microchannel-Wärmetauschers
(Bild: Stulz)

Neben einem hohen Uniformitätsgrad erzielt die Kataphorese darüber hinaus die dünnste Schutzschicht aller Beschichtungsverfahren und hat damit nur geringe Auswirkungen auf die Wärmeleitfähigkeit. Das spezielle 'ElectroFin'-Verfahren verwendet zusätzlich kationisches Epoxidpolymer, das per kathodischer Tauchlackierung aufgetragen wird und ebenfalls einen hervorragenden Schutz gegen alle Arten von Korrosion erreicht. Nachteilig ist hier allerdings der deutlich höhere Preis für den technisch aufwendigen Beschichtungsprozess.

Tabelle 1: Übersicht verschiedener Korrosionsschutzverfahren für Luft-beaufschlagte Wärmetauscher

Verfahren

Uniformität

Schichtdicke

Salzsprühtest

Verlust der Wärmeleitfähigkeit

Zusatzkosten

Zusätzliche Lamellendicke
   
-   
   
-   
   
-   

~5 Prozent

niedrig

Cu/Cu-Coil-Fins

-

-

-
~0 Prozent
mittel

Einfache Sprühbeschichtung, wie mit Epoxid
   
Ok   

50 - 70 μm
   
1500+ Stunden   

~3-5 Prozent

mittel

Hochwertige Sprühbeschichtung, etwa Blygold)

gut

25 -30 μm

6000 - 11 000+ Stunden

0 - 3 Prozent

sehr hoch

kathodischeTauchlackierung, etwa ElectroFin)

sehr gut

15 - 25 μm
   
6000+ Stunden   

0 - 1 Prozent

hoch

Aus dem Vergleich( siehe: Tabelle 1) der verschiedenen Korrosionsschutzverfahren lassen sich direkte Schlussfolgerungen für die Praxis ableiten. Eine Sprühbeschichtung mit aluminiumpigmentiertem Polyurethan (Blygold) bietet aufgrund der sehr guten Ergebnisse aus dem Salzsprühtest insgesamt den effektivsten Schutz. Das Risiko von punktuellen Schutzlücken bleibt jedoch bestehen.

Obwohl sie einen niedrigeren Salzsprühwert aufweist, überzeugt die kathodische Tauchlackierung (E-Coating) – vor allem durch die zuverlässigere Beschichtungstechnik. Eine Beschichtung mit Epoxidharz liegt zwar bei Leistungsminderung und Korrosionsschutzwirkung hinter anderen Verfahren, dies aber bei deutlich niedrigeren Verfahrenskosten.

Aufstellbedingungen und Korrosionsrisiken für Kälte-Anlagen
Aufstellbedingungen und Korrosionsrisiken für Kälte-Anlagen
(Bild: Stulz)

Strukturelle Maßnahmen wie Kupferlamellen und -rohre sowie breitere Aluminiumlamellen sind fertigungstechnisch einfach umzusetzen. Größere Aluminiumlamellen sind hierbei zwar die kostengünstigste Lösung, aber langfristig gesehen auch die unsicherste. Aluminium-Lamellen mit höherer Lamellendicke sollten deshalb vorzugsweise in Kombination mit anderen Schutztechniken eingesetzt werden.

Cu/Cu-Coil-Fins sind relativ teuer und bieten im Vergleich zu Aluminium-Lamellen nur einen begrenzten Vorteil. Da sie hauptsächlich vor galvanischer Korrosion schützen, kommen sie vor allem für Anlagen in unmittelbarer Meeresnähe in Frage.

Tabelle 2: Standortbedingungen und Schutzverfahren

Standortbedingungen

Korrosionsfaktoren

Geeignetes Schutzverfahren
Flughafen/
hohe Verkehrsdichte
allgemeine Korrosion von NOx, SOx und CO. Sprühbeschichtung oder E-Coating
Industrie allgemeine Korrosion von NOx, SOx, CO, Ammoniak, Chlor, etc. Sprühbeschichtung oder E-Coating
Meeresnähe galvanische Korrosion durch hochkonzentriertes Salzwasser. Cu/Cu-Coil-Fins
Küste galvanische Korrosion durch niedrigkonzentriertes Salzwasser. Cu/Cu-Coil-Lamellen, Sprühbeschichtung oder E-Coating
Landwirtschaft allgemeine Korrosion durch NOx, SOx und Ammoniak. Sprühbeschichtung oder E-Coating
kombinierte Standortbedingungen galvanische und allgemeine Korrosion hochwertige Sprühbeschichtung oder E-Coating

Als Teil des vorbeugenden Korrosionsschutzes ist neben einer standortbezogenen Bewertung der individuellen Korrosionsrisiken eine Überwachung der im Kaltwasserkreislauf herrschenden Wasserparameter erforderlich. Denn Betreiber, die schon bei der Erstbefüllung auf die richtige Wasserqualität achten, verbessern nicht nur die Systemlebensdauer, sondern profitieren auch dauerhaft von einer höheren Anlageneffizienz.

Hierbei spielt auch die Art der Kältesysteme eine wichtige Rolle. In der Rechenzentrumskühlung wird hauptsächlich zwischen zwei verschiedenen wassergekühlten Systemaufbauten unterschieden: Präzisionsklimageräte mit integriertem DX-Kältekreislauf (Direktverdampfung) oder CW-Innengeräte (Kaltwasser), die über Wärmetauscher mit einem zentralen Kaltwassersatz verbunden sind. Um eine lange Betriebsdauer ohne Störungen sicherzustellen, ist bei beiden Varianten ein von Fremdpartikeln und sedimentierenden Stoffen freier und sauerstoffdichter Wasserkreislauf notwendig.

Aktuelle Forschungsprojekte zeigen, dass bei geschlossenen Kreisläufen in Kalt- und Kühlwassersystemen schon innerhalb von ein bis zwei Jahren erste Korrosionsschäden auftreten können. Diese sind nicht nur wegen möglicher Rohrleitungsschäden und Undichtigkeiten ein Problem, sondern auch, weil abgeplatzte Korrosionspartikel Pumpen, Filter oder die Kapillaren von Wärmetauschern zusetzen können.

Vorbeugender Korrosionsschutz beginnt bei der Wasserqualität

Für einen umfassenden Korrosionsschutz ist die Qualität des Wassers im Kreislauf elementar, da mit ihr das direkte Risiko von Korrosionsschäden steigt und fällt. Die Wasserqualität an sich lässt sich aber nicht nur anhand eines einzigen Parameters bewerten, denn die Interpretation der Wasserzusammensetzung kann je nach Anwendungszweck und Bedingungen ganz unterschiedlich ausfallen.

Das liegt daran, dass die Korrosivität eines bestimmten Wassergemisches sich je nach Werkstoffzusammenstellung im Kühlkreislauf unterscheidet. In den meisten Wasserkreisläufen kommt ein Materialmix von Stoffen zum Einsatz, die unterschiedliche chemische Eigenschaften aufweisen. Die wichtigsten Komponentenmaterialien sind dabei Schwarzstahl, Kupfer, Edelstahl, Grauguss, Aluminium, Silberlot und Gummidichtungen.

Eine konstruktive Korrosionsvorbeugung, beispielsweise durch Vereinheitlichung der Werkstoffe, ist meist sehr aufwendig und in der Praxis oft nicht umsetzbar. Daher stellt sich die Frage, wie sich das System alternativ vor Korrosion schützen lässt. Als einzige sinnvolle und zudem einfachste Möglichkeit des Korrosionsschutzes in Kaltwassersystemen bleibt oft nur die kontinuierliche Kontrolle und Anpassung der Wasserbedingungen.

Häufige Korrosionsarten im Kaltwasserkreislauf

  • Die Sauerstoffkorrosion entsteht durch gelösten Sauerstoff im Wasser. Bei geschlossenen Systemen baut er sich mit der Zeit ab, allerdings ist generell ein Restsauerstoffgehalt anzunehmen. Reagieren Sauerstoff, Wasser und das Metall (meist Eisen) miteinander, kommt es zu einer Oxidation beziehungsweise Korrosion des Metalls.
  • Bei der Säurekorrosion werden Metalle durch einen zu niedrigen pH-Wert (<5 pH) von Säure angegriffen und zersetzt oder in Ionen abgespalten, so dass sich schließlich elementarer Wasserstoff bildet. Die Reaktion kann ohne Sauerstoff stattfinden und verläuft aggressiver und schneller, je saurer das Milieu ist.
  • Die elektrochemische Korrosion wird auch als galvanische Korrosion bezeichnet. Es müssen sich zwei Werkstoffe berühren, die in der elektrochemischen Spannungsreihe der Metalle einen großen Potenzialunterschied besitzen. Das unedlere Metall gibt Elektronen ab und wird oxidiert. In der Folge kommt es zu einer stetigen Zersetzung des Werkstoffes. Dabei verläuft die Korrosion aggressiver und schneller, je weiter die Metalle in der galvanischen Spannungsreihe auseinander stehen. Als leitendes Umgebungsmedium fungiert das Wasser mit seinen darin enthaltenen Salzen.
  • Die bakterielle Korrosion kann ebenfalls ohne Sauerstoff vonstattengehen. Bakterien entziehen dem Metall Elektronen, woraufhin das Material oxidiert. Als Abfallprodukt der Bakterien entsteht Schwefeloxid, welches einen starken Geruch des umgebenden Mediums bewirkt und ein Indiz für eine bakteriologische Belastung sein kann.

Vor allem der Sauerstoffgehalt hat massive Auswirkungen auf mögliche Korrosionsprozesse im Kaltwasserkreislauf. Ist ein hoher Sauerstoffanteil im Wasser vorhanden, kann gleichzeitig auch von einem hohen Korrosionsrisiko ausgegangen werden.

In geschlossenen Systemen baut sich dieser Anteil allerdings schnell ab. Um einer Sauerstoffkorrosion vorzubeugen, besteht zudem die Möglichkeit, Sauerstoff chemisch zu binden. Doch auch weitere Faktoren tragen zur Korrosivität des Kreislaufwassers bei. Dazu zählen der pH-Wert, die Wasserhärte sowie die Leitfähigkeit des Wassers.

Beurteilungsfaktoren und Qualitätsaspekte

Der pH-Wert gilt als Maß für die Stärke einer sauren oder basischen wässrigen Lösung. Der durchschnittliche pH-Wert von Leitungswasser liegt bei 7,5. Sowohl ein zu hoher als auch ein zu niedriger pH-Wert sollten vermieden werden. Denn verschiedene Materialien haben unterschiedliche pH-Wertebereiche, in denen sie eine schützende Oxidschicht ausbilden können. Wird dieser Bereich eines verbauten Materials unter- oder überschritten, steigt das Korrosionsrisiko deutlich. Es kann zur genannten Säurekorrosion kommen.

Die Problematik beim pH-Wert ist, dass in der Praxis nach Befüllen einer Anlage noch ein großer Anteil gelöster Kohlensäure im Kreislaufwasser enthalten ist. Dieser Anteil entweicht nach und nach als Kohlenstoffdioxid. Aufgrund der fehlenden Kohlensäure steigt dann der pH-Wert. Ein genaues Einstellen des pH-Wertes ist somit fast unmöglich. Liegt im Rohrnetz ein Materialmix vor, so verkleinert sich der Wertebereich, in dem der pH-Wert nicht korrosiv auf jegliche Komponenten wirkt.

Korrosionsrisiken von Metallen und der pH-Wert
Korrosionsrisiken von Metallen und der pH-Wert
(Bild: Stulz)

Die Härte des Wassers wird durch den Gehalt an Erdalkalimetall-Ionen im Wasser definiert. Zum einen existiert die Carbonat-Härte, die auch als temporäre Härte bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um die Kationen von Magnesium und Calcium.

Andererseits gibt es einen Anteil von permanenter Härte, die nicht als Feststoff ausfallen kann. Die nicht permanenten Hydrogenkarbonate, welche beim Befüllen eines Kreislaufes im Wasser gelöst sind, fallen an den warmen Abschnitten des Kreislaufes in Kohlenstoffdioxid und Carbonate aus. In der Umgangssprache ist diese Verbindung auch unter der Bezeichnung „Kalk“ bekannt. Dieser setzt sich von innen an den Wärmetauscherflächen und Rohrleitungen fest und kann so erhebliche Effizienzverluste in der gesamten Anlage verursachen.

Alles in allem ...

Moderne Präzisionsklimasysteme sind robust und zuverlässig und übernehmen heute über lange Zeiträume von bis zu 15 Jahren betriebskritische Aufgaben. Für den Erhalt der Anlagenleistung spielt das passende Servicekonzept jedoch eine tragende Rolle.

Tobias Wolf: „Die  BTGA-Regel 3.003 besitzt für Klimasysteme von Rechenzentren enorme Aussagekraft. “
Tobias Wolf: „Die BTGA-Regel 3.003 besitzt für Klimasysteme von Rechenzentren enorme Aussagekraft. “
(Bild: Stulz)

Neben obligatorischen Dichtigkeits- und Funktionsprüfungen sollte in einer umfassenden Wartungsstrategie deshalb auch der vorbeugende Korrosionsschutz Berücksichtigung finden. Denn bei regelmäßiger Überprüfung von möglichen Korrosionsursachen bleibt nicht nur der Wirkungsgrad der Luft- Wärmetauscher erhalten, auch die gesamte Anlagenlebensdauer lässt sich so erheblich verlängern.

Dabei helfen schon vermeintlich einfache Maßnahmen:

  • Um den Schutz dauerhaft zu verbessern, empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen groben Schmutz wie Blätter, Pollen und Staub mit einem Industriestaubsauger von den Wärmetauscherflächen zu entfernen.
  • Die Beschichtung muss anschließend gründlich auf Verunreinigungen und Schäden überprüft werden.
  • Feiner Schmutz und Verklebungen lassen sich am besten mit einem Hochdruckreiniger oder einem Wasserschlauch entfernen.
  • Bei der Verwendung von zusätzlichen Reinigungsmitteln ist darauf zu achten, dass Reinigungsmittel und Beschichtung zueinander kompatibel sind. Hinweise dazu gibt der jeweilige Anlagenhersteller.

Die Leitfähigkeit des Wassers wird durch die Menge der im Wasser gelösten Anionen und Kationen bestimmt. Dazu zählen Härtebildner wie Magnesium, Calcium und Hydrogencarbonat aber auch Salze und gelöste Metallionen. Je mehr Teilchen vorhanden sind, desto höher ist die Leitfähigkeit und somit auch die Anfälligkeit gegenüber elektrolytischer Korrosion.

Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit für Ausfällungen im Wasser. Der bekannteste Vertreter ist hier der Kalk, welcher in Kaltwassersystemen stets am wärmsten Punkt mit der geringsten Fließgeschwindigkeit ausfällt, was in den meisten Fällen der Wärmetauscher ist. Hierbei besteht die akute Gefahr, dass sich der Wärmetauscher zusetzt, was oftmals mit enormen Effizienzeinbußen einhergeht. Grund hierfür ist die verringerte Kontaktfläche und der weit geringere Wärmeleitkoeffizient von Kalk im Vergleich zu Kupfer.

Ein partielles Festsetzen von Kalk kann auch zu Spannungsrissen im Wärmetauscher führen, weil die Wärmeausdehnung unterschiedlich ist. Allerdings bedeutet eine hohe Leitfähigkeit nicht zwingend ein größeres Risiko. So erhöhen beispielsweise Korrosionsinhibitoren die Leitfähigkeit des Wassers, was in diesem Fall aber kein Problem darstellt.

Chlorid, Schwefelsäure und Nitrat

Bei der Überprüfung der Wasserbedingungen sollte ein besonderes Augenmerk auf den Salzen liegen. Vor allem gelöste Salze sind kritisch für den Kaltwasserkreislauf, da sie sehr reaktionsfreudig sind und Ausfällungen sowie Korrosionen bewirken.

Chlorid ist das Salz der Salzsäure und der stabilste Parameter im Kreislaufsystem. In erster Linie dient es als chemischer Katalysator, der auch Korrosionsvorgänge verstärkt. Im Rahmen dieser Beschleunigung bleibt das Chlorid jedoch erhalten und wird nicht verbraucht. Zudem greift Chlorid die Passivschichten von Metallen an und bietet der normalen Sauerstoffkorrosion somit mehr Angriffsfläche. Unter bestimmten Umständen kann Chlorid aber auch durch punktuelle Verletzungen zu Lochkorrosion führen.

Sulfat ist das Salz der Schwefelsäure und dient einer vorhandenen Bakteriologie im Kreislaufsystem als Nahrungsgrundlage. Es handelt sich dann um sulfatreduzierende Bakterien. Ein weiteres Indiz für eine Sulfatreduzierung kann auch eine Verbindung von Calcium und Sulfat zu Calciumsulfat sein. Diese sehr harten Beläge sorgen in der Regel für schlechte Temperaturübergänge und für eine ineffiziente Betriebsweise.

Durch bakterielle Prozesse wandelt sich Nitrat zu Ammonium und reagiert bei Leitungen aus Kupfer zum sogenannten Kupfer-Ammonium-Komplex, der in der Lage ist, ohne Sauerstoffzufuhr Eisen zu oxidieren und dabei wieder in Ammonium und Kupfer zu zerfallen. Mittels Komplexbildung oxidiert das Ammonium also fortlaufend die Eisenbauteile in einem Kreislauf.

Der Nitratwert von Leitungswasser ist meist gering und im technischen Bereich ab ungefähr 5 mg/l als kritisch zu betrachten. Wegen steigender Nitratkonzentration im Grundwasser, insbesondere in landwirtschaftlichen Bereichen, gewinnt der Nitratwert bei der Bewertung von Korrosionsrisiken immer mehr an Relevanz.

Säurekorrosion bei Wasser-Glykol-Gemischen

Um ein Einfrieren des Rohrsystems zu verhindern, werden außengeführte Wasserkreisläufe, wie etwa die Verbindung zwischen Outdoor-Kaltwassersatz und CRAH, standardmäßig mit einem Wasser-Glykol-Gemisch befüllt. Glykol kann unter bestimmten Voraussetzungen die korrosiven Eigenschaften des Füllwassers allerdings verstärken.

Ist Sauerstoff im Wasser gelöst, kann sich das Glykol nämlich zersetzen. Dabei entstehen Säuren, die das Wasser-Glykol-Gemisch ansäuern, das heißt, sie senken den pH-Wert. Die Ansäuerung des Gemisches kann pH-Werte von unter 4 erreichen. Aufgrund dieser Tatsache enthalten die Frostschutzkonzentrate neben normalen Korrosionsinhibitoren auch gleich Säureneutralisierer, welche die Versäuerung bis zu einem gewissen Grad puffern können. Allerdings sind diese Säurepuffer im Gemisch nur begrenzt vorhanden, weshalb pH-Wert und Glykol-Gehalt regelmäßig kontrolliert werden sollten.

Ansatz eines Biofilms durch bakterielle Korrosion an einer Pumpe, aufgrund der Verwendung von VE-Wasser ohne Zusätze.
Ansatz eines Biofilms durch bakterielle Korrosion an einer Pumpe, aufgrund der Verwendung von VE-Wasser ohne Zusätze.
(Bild: Stulz)

Sinkt die Glykol-Konzentration unter den Minimalwert der Herstellerangabe, ist außerdem ein erhöhtes Wachstum von Bakterien zu erwarten. Als Folge entstehen organische Ablagerungen, die die Basis für bakterielle Korrosion bilden können. Übliche Minimalwerte sind 20 Volumen-Prozent für Ethylenglykol und 25 Volumen-Prozent für Propylenglykol. Hier sind im Einzelfall die Hersteller von Glykolen zu kontaktieren sowie die technischen Datenblätter der Hersteller zu beachten.

BTGA-Regel 3.003: Leitfaden für Praktiker

Ergänzend sollten sich Betreiber auch mit der Wasserqualität und den Empfehlungen des Bundesindustrieverbands Technische Gebäudeausrüstung e.V. aus der BTGA-Regel 3.003 auseinandersetzen. Diese besitzt für Klimasysteme von Rechenzentren enorme Aussagekraft. Auch wenn detaillierte Empfehlungen immer vom Einzelfall abhängig sind, lässt sich generell sagen, dass zumindest der Sauerstoffgehalt im Kreislaufwasser regelmäßig kontrolliert werden sollte.

Gemäß der BTGA-Regel 3.003sind zudem Chloride und Sulfate zu mindern, und es empfiehlt sich allgemein die Verwendung von salzarmem Wasser. Darüber hinaus sollte der pH-Wert, je nach individueller Werkstoffbeständigkeit, auf einem mittleren Level gehalten werden. Auch eine Enthärtung sowie Resthärtestabilisierung zählen zu den empfehlenswerten Maßnahmen. Die Verwendung von entmineralisiertem Wasser ist aufgrund seiner sauren und reaktionsfreudigen Wirkung jedoch insgesamt eher als nachteilig anzusehen.

* Tobias Wolf ist stellvertretender Leiter Produkt-Management bei Stulz.

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