Prognose für Halbleitermarkt Chip-Knappheit wird sich erst 2022 entspannen
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Halbleiter fehlen weltweit, quer durch alle Branchen. Und das wird laut Gartner noch bis ins Jahr 2022 hinein so bleiben. Erst ab dem zweiten Quartal des nächsten Jahres rechnet der Marktanalyst mit einer Entspannung der Situation. Der FBDi rechnet mit Preiserhöhungen.

Laut Kanishka Chauhan, Principal Research Analyst bei Gartner, wird die IC-Knappheit auch weiterhin die Lieferkette empfindlich stören und dafür sorgen, dass viele elektronische Gerätetypen bis Anfang nächsten Jahres nicht wie gewohnt produziert werden können. „Die Foundries erhöhen die Wafer-Preise, und im Gegenzug erhöhen die Chip-Hersteller die Produktpreise“, beschreibt er die Folgen der aktuellen Situation.
Nach Angaben der Analysten hatte die Chip-Knappheit ihren Ursprung zunächst bei ICs für Power Management sowie Display- und Mikrocontrollern, die auf Legacy-Nodes in 8-Zoll-Foundry-Fabriken hergestellt werden. Hier stünden nur begrenzte Produktionskapazitäten bereit.
Auch FBDi erwartet Preiserhöhungen und ein „interessantes Jahr 2021“
Dazu passt die Aussage des Fachverbands der Bauelemente Distribution (FBDi): Er berichtet von einem massiven Nachfrageschub bei Unternehmen der Bauelemente-Distribution in Deutschland. Demnach liegt der Auftragseingang im ersten Quartal 2021 fast 50 Prozent über dem Vorjahr. Bereits im Vorquartal Q4/2020 war die Nachfrage mit 23 Prozent nach oben geschossen.
Der aktuelle Umsatz sei mit minus 6,1 Prozent noch leicht rückläufig – Grund dafür sei die Bauteileknappheit, die ein besseres Ergebnis verhindere. FBDi-Vorstand Georg Steinberger prognostiziert ein „ziemlich interessantes 2021, geprägt von massiver Knappheit und bereits jetzt absehbaren Preiserhöhungen durch die Hersteller“. Bei den anderen Bauteilen werde es nicht viel anders sein.
Mangelsituation: Auch viele Güterbereiche jenseits der Chip-Fabs betroffen
Mittlerweile habe sich die Knappheit auf viele andere Produkte ausgeweitet, und es gibt Kapazitätsbeschränkungen und Engpässe bei Substraten, Draht-Bonding, passiven Bauelementen, Materialien und Tests – alles Glieder der Lieferkette jenseits der Chip-Fabs. Dabei handele es sich um hochgradig standardisierte Industrien mit minimaler Flexibilität beziehungsweise Kapazität. Diese hätten praktisch keine Möglichkeit, kurzfristig ihre Produktion massiv hochzufahren.
In den meisten Kategorien erwartet Gartner Engpässe bei Bauelementen bis zum zweiten Quartal 2022. Bei Substraten könnten die Kapazitätsengpässe möglicherweise bis zum vierten Quartal 2022 andauern.
Gemeinsam agieren, um Position zu stärken
Die Analysten von Gartner empfehlen OEMs, die direkt oder indirekt von Halbleitern abhängig sind, vier wichtige Maßnahmen zu ergreifen, um Risiken und Umsatzeinbußen während der weltweiten Chip-Knappheit zu minimieren:
Lieferkettentransparenz erweitern: Die Chip-Knappheit mache es für Supply-Chain-Führungskräfte unerlässlich, die Lieferkettentransparenz über den Zulieferer hinaus bis auf die Wafer-Ebene auszudehnen. Dies werde entscheidend sein für die Vorhersage von Lieferbeschränkungen und -engpässen und schließlich für die Prognose, wann sich die Krisensituation verbessern wird.
Versorgungssicherheit durch Companion-Modell und/oder Vorinvestitionen: OEMs mit kleinerem und kritischem Komponentenbedarf müssten sich um Partnerschaften mit ähnlichen Unternehmen bemühen und sich an Chip-Foundries und/oder OSAT-Playern (Outsourced Semiconductor Assembly and Test) als gemeinsame Einheit wenden. So könnten sie eine Hebelwirkung erzielen und sich in eine bessere Verhandlungsposition manövrieren. Wenn es die Größe zulässt, könnte eine Vorinvestition in einen Teil der Chip-Lieferkette und/oder Foundries dem Unternehmen eine langfristige Versorgung garantieren.
Frühe Indikatoren verfolgen und korrelieren
Zusammenspiel relevanter Indikatoren verfolgen: Während kein Parameter für sich allein genommen eine Aussage darüber zulässt, wie sich die Mangelsituation entwickeln wird, könne eine Kombination relevanter Parameter helfen, Unternehmen in die richtige Richtung zu führen.
Gaurav Gupta, Research Vice President bei Gartner, präzisiert: „Das Verfolgen von Frühindikatoren wie Kapitalinvestitionen, Bestandsindex und Umsatzwachstumsprognosen der Halbleiterindustrie als Frühindikator für die Bestandssituation kann Unternehmen helfen, über das Thema auf dem Laufenden zu bleiben und zu sehen, wie sich die Branche insgesamt entwickelt.“ Schließlich sei die aktuelle Chip-Knappheit eine dynamische Situation ist. Hier sei es wichtig zu verstehen, wie sich diese kontinuierlich verändere.
Diversifizierung der Lieferantenbasis: Die Qualifizierung einer anderen Quelle für Chips und/oder eines OSAT-Partners erfordere zwar zusätzliche Arbeit und Investitionen, trage aber erheblich zur Risikominderung bei. Zusätzlich könne der Aufbau strategischer und enger Beziehungen zu Distributoren, Wiederverkäufern und Händlern dabei helfen, auch Kleinbestände von dringend benötigten Komponenten zu finden.
Hinweis: Das Artikeloriginal entstammt unseren Partnerportal „Elektronik Praxis“
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