Gewünscht: Kleiner ökologischer Fußabdruck von Rechenzentren Schritte und Schrittchen für Datacenter in Richtung Klimaneutralität
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Datenbasierte und KI-gesteuerte Anwendungen liegen heute den Geschäftsprozessen zugrunde. Damit bilden sie auch die Grundlage für Innovationen – die wiederum in einigen Fällen das Potenzial besitzen, die Klima-Erwärmung zu begrenzen. Bis es so weit ist, wird jedoch Energie benötigt und das macht Rechenzentren per se nicht grün.

Zwar ist der Anstieg ihres Energiebedarfs verglichen mit dem starken weltweiten Anstieg der Rechenleistung (Faktor 10) und der übertragenen Datenmenge (Faktor 20) mit einem Faktor von 1,55 unterproportional, wie ein Positionspapier vom Eco - Verband der Internet-Wirtschaft, dem Branchenverband Bitkom und der Lobbyistenvereinigung GDA (German Data Association) zeigt.
Doch mit zunehmender Rechnerleistung steigt der Energiebedarf – laut Bitkom zwischen 2010 und 2020 von elf auf 16 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Die Rechenkapazität pro KWh stieg im gleichen Zeitraum um das Fünffache.
Was bedeutet dies für die Zukunft? Die Optimierung der Rechenzentren in Hinblick auf Klimaneutralität und Energie-Effizienz muss an diese Entwicklung angepasst und entsprechend beschleunigt werden. Zwar sind die Betreiber durchaus bestrebt, ihre Anlagen Energie-effizient zu machen; einige von ihnen haben sich dem Climate Neutral Data Centre Pact angeschlossen, dessen Mitglieder sich auf deutliche Vorgaben verpflichtet haben: Die Einhaltung eines PUE-Werts (Power Usage Effectiveness) von maximal 1,3, die Nutzung erneuerbarer Energien, eine effiziente Nutzung von Wasser und Abwärme und die zirkuläre Nutzung der Komponenten.
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Vorschläge für die EU-Kommission
Pakt für klimaneutrale Rechenzentren legt Wasserverbrauchsmetrik vor
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Nachhaltiges Bewirtschaften der Rechenzentren
Klimapakt der europäischen Datacenter-Betreiber
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Kommentar zur beabsichtigten Klimaneutralität der EU-Datacenter
Klimapakt und SDIA: Suche Anschluss, biete Metrik
Aber trotz dieses Engagements bleibt in Sachen Energie-Effizienz noch Luft nach oben: Aktuell liegt der PUE-Wert deutscher Rechenzentren im Durchschnitt bei 1,9. Und nach wie vor fällt es derzeit noch schwer, die Kluft zwischen der erforderlichen Rechenleistung und dem erforderlichen Energieeinsatz zu überbrücken.
Erweiterte Anforderungen für alle Betreiber
Wie auch andere Industriezweige müssen sich Betreiber von Rechenzentren angesichts des Klimaziels von 1,5 Grad Celsius daher in naher Zukunft auf deutlich erweiterte Anforderungen einstellen. Bahnbrechend ist etwa das neue Energieeffizienz-Gesetz, das an den EU-Zielen ausgerichtet ist. Demnach sollen bis zum Jahr 2027 sämtliche deutsche Rechenzentren ökologisch und nachhaltig betrieben werden.
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Die Nachhaltigkeitspläne der EU für die ITC-Branche
Spätestens im Jahr 2030 sollen Rechenzentren klimaneutral sein
Um dies zu erreichen, wird die Nutzung von Abwärme und erneuerbaren Energien zur Pflicht, ebenso wie ein digitales Energiemanagement. Bestehende Rechenzentren müssen ab dem Jahr 2030, alle neu betriebenen Rechenzentren ab 2026 einen PUE-Wert von 1,3 erreichen. Die neuen Regelungen sind insgesamt derart umfassend, dass sie zu einem enggeschnürten „Klima-Gesamtpaket“ verpflichten.
Auch wenn es sich hier um eine umfassende Regulierung handelt, ist dies auch sinnvoll, denn obwohl viele Betreiber die Themen Energieeffizienz und Klimaneutralität durchaus im Blick haben – schon allein aufgrund der Kostenstruktur ihrer Anlagen – ist vielerorts noch lange nicht das Optimum ausgeschöpft.
Letztlich sind die Faktoren, die ein Rechenzentrum umfassend effizient machen, vielfältig und nicht leicht zu einem Gesamtkonzept zu vereinen. Eine veraltete Infrastruktur, ineffiziente Kühlsysteme oder stromfressende Hardware sorgen vielerorts nach wie vor für Energieverluste. Zugleich stammt der Strom noch immer teilweise aus fossilen Energiequellen.
So geht die Studie „Data Centers and Data Transmission Networks“ der Internationalen Energie-Agentur davon aus, dass die weltweiten CO2-Emissionen aus Rechenzentren aktuell circa 0,9 bis 1,3 Prozent der gesamten Emissionen betragen. Durch die neuen gesetzlichen Vorgaben sind Betreiber noch mehr als zuvor zu einer Gesamtbetrachtung ihrer Anlagen aufgerufen und dazu, an mehr Stellschrauben gleichzeitig zu drehen.
Gemeinschaftliche Aktionen notwendig
Wer also die künftigen Anforderungen erfüllen will, benötigt eine klare Übersicht seines Bedarfs. Einer Bedarfsanalyse können zunächst Maßnahmen folgen, die die Hardware betreffen und von optimierten Servern bis zum Cloud Computing on Demand reichen. Die größte Einsparung ergibt sich jedoch durch hochmoderne Kühltechnologien sowie die Nutzung der erzeugten Abwärme.
Diese letztgenannten Maßnahmen beziehen umliegende Gebäudestrukturen in den Energiehaushalt des Rechenzentrums mit ein. Ähnlich wie bei der Co-Location kommt hierbei der Gemeinschaftsgedanke ins Spiel: Verschiedene Player werden vereint und Partnerschaften genutzt, um eine möglichst wirtschaftliche Nutzung von Energie zu erreichen. Und dies ist einer der Grundsätze, die in Zukunft angesichts der Klimaveränderung und Ressourcenengpässen immer relevanter werden: Synergien zu nutzen und Ressourcen möglichst umfassend zu verwerten.
Vom modularen Aufbau zur Abwärmenutzung
Auch wenn die Betreiber von Rechenzentren viele der oben genannten Maßnahmen alleine implementieren können und auch bereits implementiert haben – im vielleicht wichtigsten Bereich der Verwertung der Abwärme sind sie auf die Kooperation mit Kommunen angewiesen. Denn zwei Faktoren der Abwärmenutzung sind noch schwierig umzusetzen: Einerseits muss die Abwärme zur weiteren Verwendung auf eine höhere Temperatur gebracht werden und andererseits muss sie an ihren Verwendungsort transportiert werden.
Die hierfür nötigen Fernwärmeleitungen sind jedoch vielfach noch nicht vorhanden. Es ist daher zunächst einmal Pflicht der Politik, auch Wärmenetzbetreiber oder Immobilieneigentümer mit einzubeziehen, um sicherzustellen, dass Abwärme auch genutzt werden kann. Es kann nicht nur die Pflicht der Rechenzentrumsbetreiber sein, die Nutzung der Abwärme zu gewährleisten.
Ein Zusammenwirken verschiedener Parteien ist notwendig, um hier zu sinnvollen Lösungen zu kommen. Beispielsweise kann es nicht sinnvoll sein, im Umkehrschluss Rechenzentren nur noch dort zu errichten, wo Wärmenetze zur Verfügung stehen, denn andere Standortfaktoren können mindestens ebenso wichtig sein, wie Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen, betont.
Klimaschutz benötigt Synergien
Energie-Effizienz ist für Rechenzentren essentiell. Das Bemühen um die Reduktion des Energieverbrauchs trägt zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Rechenzentrumsbranche bei und entspricht globalen Nachhaltigkeitszielen. Mehr als zuvor sind Betreiber in Zukunft angehalten, gesetzlichen Vorgaben zu folgen. Zugleich ist jedoch auch die Politik in der Pflicht, die nötigen Voraussetzungen für die gesetzlich geforderten Vorgaben zu ermöglichen, also beispielsweise den Bau von Fernwärmeleitungen der neuesten Generation voranzutreiben.
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Nicht genügend Strom, ungenügend Grünstrom
Waldhauser zur Nutzung von Abwärme: „Wir sprechen von vielen Milliarden €“
Erst dann wird aus der einseitigen Investition in eine leistungsstarke Kühlung und Hardware ein partnerschaftliches Projekt, das den Gedanken des Klimaschutzes für mehrere Player verwirklichen hilft. Letztlich zeigt die Entwicklung im Rechenzentrumssektor, dass technologischer Fortschritt und Umweltschutz Hand in Hand gehen müssen. Die kommende Dekade wird entscheidend dafür sein, ob die Branche den Spagat zwischen steigendem Datenbedarf und ökologischer Verantwortung erfolgreich meistern kann.
*Susanne Bader ist freie Journalistin.
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