Interview mit dem neuen Chef Jens Prautzsch Interxion investiert 20 Millionen in eigenes Umspannwerk
Mittlerweile befindet sich das elfte Frankfurter Rechenzentrum von Interxion im Bau. Die ersten Abschnitte sollen im zweiten Quartal 2017 in Betrieb gehen. Die Netto-Rechenzentrumsfläche wird insgesamt 4.800 Quadratmeter betragen und die Stromkapazität zehn Megawatt. Der Strom kommt aus dem eigenen Umspannwerk.
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„Es ist ein Novum für uns“, sagt Lothar Herbst, Vorstandsmitglied des lokalen Stromversorgers Mainova. Denn Interxion hat rund 20 Millionen Euro in den Bau eines eigenen Umspannwerks im Frankfurter Ostend investiert: Das Gelände gehört Interxion, das Werk selbst gehört dem Anbieter von Rechenzentrumsdiensten, aber geplant wurde es zusammen mit Mainova und die Mainova Netzdienste Rhein-Main GmbH (NRM) wird das Werk auch betreiben – für Interxion.
„Mainova versorgt mehr als 80 Prozent der Frankfurter Rechenzentren mit Strom“, erläutert Herbst, mit fast 700 Millionen Kilowattstunden pro Jahr.“ Das entspreche zwischen 20 und 23 Prozent des Bedarfs im Versorgungsgebiet. Zum Vergleich: Der Frankfurter Flughafen beansprucht rund 18 Prozent.
Doch während der Stromversorger auf einen Energiemix setzt, erwartet Interxion für sämtliche Standorte in Deutschland bisher zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien, darunter Wasser-, Solar- und Windkraft. Jens Prautzsch, seit 9. Januar 2017, Geschäftsführer der Interxion Deutschland GmbH, sagt: „Mit wachsendem Stromverbrauch steigt auch die Verantwortung. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen versteht sich da von selbst.“
Herbst zeigt sich stolz angesichts der Ausfallraten im Mainova-Netz. Während sich die Stromausfälle pro Jahr im Bundesdurchschnitt auf etwa 13 Minuten summierten, komme das Mainova-Netz beim so genannten Saidi-Wert auf 6 Minuten und 58 Sekunden (Saidi = System Average Interruption Duration Index, gemessen durch die Bundesnetzagentur).
Plus 39 Megawatt
Doch offenbar reicht das Interxion noch nicht. Das Umspannwerk in der Weismüllerstraße, das aller Voraussicht nach spätestens im zweiten Halbjahr 2017 fertig gestellt wird, soll eine Kapazität von 54 Megavoltampere Netzanschlussleistung und 39 Megawatt zusätzliche Stromkapazität für Kunden in den Rechenzentren zur Verfügung stellen - erst einmal den Datacenter „FRA 10“ und „FRA 11“ von Interxion. Angebunden wird das Werk an das Hochspannungsnetz 110 Kilovolt, die in 30 Kilovolt transformiert werden.
Die Mobilisierung von „Reserven“ wäre möglich und unter Umständen notwendig. Denn Platz zur Errichtung weiterer Rechenzentren auf dem Interxion-Campus hat das Unternehmen noch.
Interxion, dessen Hauptsitz sich in Amsterdam befindet, betreibt insgesamt 42 Rechenzentren in 13 europäischen Städten verteilt auf 11 Länder. Dazu kommt der Zugang zu mehr als 600 Connectivity-Anbietern, 21 europäischen Internet-Austauschknoten. Neben Frankfurt expandiert Interxion ebenfalls an den Standorten Paris und Marseille.
Jedes Jahr ein neues Rechenzentrum
In Deutschland ist Interxion seit 1999 vertreten, zählt hierzulande rund 500 Kunden, mehr als 200 direkt angebundene Carrier und 700 insgesamt, inklusive DeCIX. Zu den Vorzeigepartnerschaften mit so genannten Hyperscalern gehören Amazon Web Services mit „Direct Connect Pop“, Microsoft Cloud Germany mit „Express Route Pop“ und IBM/Softlayer “Direct Link Pop“. Zur berühmten Kundschaft zählen das Oracle Hauptrechenzentrum in Deutschland, Hosting Service Provider wie Quality Hosting sowie lokale und branchenspezifische Clouds wie die „Innovo Cloud“ und „Grid Scale“.
Die Rechenzentrumsfläche, die der Anbieter hierzulande zur Verfügung stellen kann, beläuft sich aktuell auf rund 25.000 Quadratmeter. Seit 2014 hat das Unternehmen jedes Jahr ein neues Rechenzentrum in Betrieb genommen.
Prautzsch sagt: „Für die Ausbauten von FRA 10 und FRA 11 investieren wir mehr als 187 Millionen Euro in Frankfurt.“ Davon gehen rund 95 Millionen Euro in den kompletten Bau von FRA 11.
Baufortschritt bei FRA 11
FRA 11, im Wesentlichen baugleich mit FRA 10, ist in vier Bauphasen unterteilt. Die ersten beiden Bauabschnitte (FRA 11.1 und FRA 11.2) werden voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen. Im Anschluss sollen die verbleibenden Teilabschnitte FRA 11.3 und FRA 11.4 fertig gestellt werden und im zweiten Quartal 2018 eröffnen.
Bauleiter ist Joe Marry von der Firma Mercury und mehr als erfahren in der Errichtung von Datacenter. Er hat den Rohbau übernommen und wird das Rechenzentrum fertigstellen. Gefragt nach den Besonderheiten des Interxion-Bauwerks sagt er: „Der Zeitplan ist knapp und die Ansprüche hoch“, setzt dann aber hinzu: „Das ist eigentlich bei jedem Rechenzentrum so.“
Tatsächlich gibt es im zukünftigen FRA 11 viele Baustellen gleichzeitig, etwa die Abdichtung des Dachs und die Vorbereitung für das Aufstellen der Kompressoren und der Verdunstungskühler. Gleichzeitig laufen im Keller die Vorbereitungen für das Aufstellen der neuen Generatoren, die mit Heizöl im Fall des Falles für Notstrom sorgen sollen.
1.200 Quadratmeter Netto-Rechenzentrumsfläche
Die vier dazugehörigen 80.000-Liter Tanks werden im Gebäude zusammengeschweißt, die Deckenluke ist noch geöffnet. Dazu kommt noch ein eigener Tagestank. Auch die Außenwände der Räume für die Notstrom-Generatoren werden erst nachträglich geschlossen.
Die Leerrohre für die Starkstromleitungen sind vorbereitet. Die Leitungen selbst werden mit Stahlseilen und maschineller Unterstützung eingezogen.
Im Keller befindet sich zudem eine Zisterne, die Regenwasser speichern soll. Bei 1,60 Meter Füllstand passen 800 Kubikmeter hinein. Im den Server-Räumen wird allerdings nicht mit Wasser, sondern mit Argon gelöscht. Letztlich wird die Löschgasmenge doppelt so groß sein, wie notwendig.
FRA 11 wird nach Fertigstellung insgesamt über eine Netto-Rechenzentrumsfläche von 4.800 Quadratmetern und eine Stromkapazität von zehn Megawatt verfügen. Alle vier Bauabschnitte sind mit jeweils 1.200 Quadratmetern Netto-Rechenzentrumsfläche dimensioniert. Das Grundstück, auf dem das neue Rechenzentrum steht, gehört Interxion und befindet sich auf dem Campus des Unternehmens im Osten von Frankfurt.
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