Pleitewelle droht, doch IT-Sektor kann aufatmen Digitalbranche hat die Talsohle durchschritten
Im März stürzte die Wirtschaft aufgrund von Covid-19 in ein Tief. In vielen Branchen sieht es weiterhin schlecht aus, doch wer im IT-Sektor arbeitet, kann aufatmen. Für diesen geht es langsam bergauf. Das zeigen Zahlen des Bitkom und von Solcom.
Anbieter zum Thema

Covid-19 beutelt die deutsche Wirtschaft. Laut der Wirtschaftsauskunft Creditreform als auch des Kreditversicherers Euler Hermes wird die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ab Herbst steigen. In anderen Ländern, wie den USA, ist das bereits jetzt schon so. Auch wenn sich die wirtschaftliche Unsicherheit bei vielen Unternehmen unmittelbar auf das IT-Budget auswirkt, glauben allerdings der Bitkom und Projektdienstleister Solcom, dass für die Digitalbranche die Talsohle nun durchschritten sei.
Ein Blick auf den Bitkom-Ifo-Digitalindex zeigt, dass sich im Juli die konjunkturelle Erholung nach dem tiefen Einbruch durch die Coronakrise fortsetzt. Die Messzahl basiert auf der monatlichen Ifo-Konjunkturumfrage und bildet sich aus dem geometrischen Mittel des Index der Geschäftslage und des Index der Geschäftserwartungen. Der Index für die aktuelle Geschäftslage legte um 4,7 Zähler auf 15,8 Punkte zu.
Noch stärker sind die Geschäftserwartungen gestiegen, um 14,4 Zähler auf 6,7 Punkte. Damit notieren die Geschäftsaussichten der Digitalunternehmen für das kommende halbe Jahr erstmals seit dem Beginn der Corona-bedingten Einschränkungen wieder im positiven Bereich.
Insgesamt konnte sich der Digitalindex, deutlich weiter erholen und stieg den dritten Monat in Folge. Er notiert nun mit einem Plus von 9,7 Zählern bei 11,2 Punkten. Verglichen mit der letzten Erhebung vor der Coronakrise ist dies allerdings immer noch mehr als eine Halbierung – im Februar lag der Index noch bei 25 Punkten. Die Konjunktur der Digitalbranche entwickelt sich damit deutlich besser als die der Gesamtwirtschaft. Das Ifo-Geschäftsklima für Juli liegt mit -2,1 Punkten weiterhin im negativen Bereich.
„Die Coronakrise hat die Digitalbranche hart getroffen. Wenn es jetzt langsam wieder aufwärts geht, darf das nicht darüber hinwegtäuschen: Es wird noch Monate dauern, bis wir die Pandemie konjunkturell überwunden haben“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Wir sollten jetzt alles daran setzen, unsere Wirtschaft, unsere Schulen, unser Gesundheitssystem und unsere Verwaltung konsequent zu digitalisieren, um sie robuster gegen solche globalen Krisen zu machen.“
Angesichts wieder steigender Infektionszahlen mahnt er: „Der verständliche Wunsch nach Normalität darf nicht dazu führen, dass wir das durch die Opfer der letzten Monate Erreichte leichtsinnig aufs Spiel setzen.“
Aufwärtstrend im Projektmarkt
Ähnliches wie die Kennzahlen des Bitkom spiegelt der Solcom-Projektmarkt-Index wider. Dieser fiel im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem Vorquartal um 15,77 Punkte und steht nun bei 82,94 Punkten. Das ist mit Abstand der niedrigste Wert seit Erhebung.
Die Auswirkungen der Coronakrise auf den Projektmarkt in den vergangenen Monaten lassen sich vor allem an den Werten für die Anzahl der Projektausschreibungen und der Anzahl der Bewerbungen seitens Freiberufler auf einzelne Projekte erkennen.
Da sich die wirtschaftliche Unsicherheit bei vielen Firmen unmittelbar auf das Budget für neue Projekte auswirkt, liegt deren Anzahl weit unter den üblichen Werten der vergangenen Jahre. Entsprechend bewerben sich mehr Freiberufler auf die übrigen Projekte. Durchschnittlich gingen fast doppelt so viele Bewerbungen auf ein Projekt ein als im Vorquartal. Da der Wert den Index aus Sicht der Freiberufler beurteilt, wirkt sich dies negativ auf dessen Verlauf aus.
Diese Entwicklungen hatten aber wiederum zur Folge, dass sich die jeweiligen Projekte schneller besetzen ließen. Dieser Wert liegt mit 123,88 Punkten auf einem Höchststand. Damit kann dieser den Gesamtindex noch leicht nach oben beeinflussen, die Gesamttendenz bleibt jedoch klar negativ. Stabil hingegen blieben die Stundensätze, sie konnten sogar leicht steigen.
„Wie erwartet hat die Coronakrise den Projektmarkt im zweiten Quartal mit voller Wucht getroffen. Vor allem die vielen Bewerbungen auf ein Projekt veranschaulichen, wie sehr das Angebot auf dem gesamten Markt brach lag. Betrachtet man die Monate im Einzelnen zeigt sich jedoch, dass die Talsohle bereits im April lag. In den Monaten Mai und Juni war bereits wieder ein klarer Aufwärtstrend erkennbar. Wir sind optimistisch, dass sich dieser Verlauf fortsetzen wird,“ erläutert Solcom-Geschäftsführer Oliver Koch die Situation.
Stundensätze
Im zweiten Quartal konnte die Kompetenz „Beratung SAP“, wie bereits zuvor, die höchsten Stundensätze erzielen. An zweiter Stelle lag „Beratung ERP“, die im Ranking einen deutlichen Sprung von Platz acht nach oben machen konnte.
Ebenfalls nach oben ging es für „Beratung Prozess-Management“, die nun auf Rang drei liegt. Verbessern konnten sich zudem „Projektleitung Bauwirtschaft“ und „Projektleitung Automotive“. Verloren haben dagegen „Softwareentwicklung SAP“, „Projektleitung Softwareentwicklung“, „Test-/Qualitäts-Management“ sowie „Safety Management“.
Bei der Betrachtung der einzelnen Monate innerhalb des Quartals zeigte sich ein leichter Rückgang der durchschnittlichen Stundensätze in jedem Monat, jedoch lagen April und Mai noch knapp über dem Vorquartal.
Gefragte Qualifikationen
Zudem gab es bei den meist nachgefragten Qualifikationen im zweiten Quartal keine Änderungen an der Spitze. Nach wie vor steht hier SAP-Beratung auf Platz eins. Auf Platz zwei und drei folgen SPS-Programmierung, die sich von Platz vier verbessern konnte, sowie SAP-Entwicklung. Nach oben ging es für Embedded-Software-Entwicklung, Bauleitung, Requirements Engineering und Safety Management.
Deutlich weniger Anfragen gab es im Bereich Java-Entwicklung, welche nun auf Rang sieben liegt. Nach unten ging es zudem für C#-Programmierung und System Engineering.
Die Gesamtzahl der Anfragen hat sich verringert. Die meisten Anfragen im Betrachtungszeitraum kamen aus der Automobilindustrie, gefolgt vom Bauwesen, das deutlich mehr Anfragen verzeichnen konnte.
Dass IT-Freelancer künftig wieder mehr Arbeit haben, legt auch eine Befragung der großen, deutschen IT-Personalvermittler durch Lünendonk dar.
Artikelfiles und Artikellinks
(ID:46755944)