Lünendonk-Liste 2021 Zu viele Projekte, zu wenige IT-Freelancer
Ein weiteres Jahr in Folge verzeichnen die Vermittler von IT-Freelancern einen Umsatzeinbruch. Covid kann diesmal nicht als schwarzer Peter herhalten. Das Problem ist der Mangel an Freiberuflern hierzulande bei gleichzeitig steigender Zahl an Projekten.
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Es wird eng bei der Suche nach IT-Freelancern. Deutschland ist nahezu abgegrast. Findet sich doch einer, gilt für die suchenden Personaldienstleister: Der Schnellere gewinnt. Denn sie nutzen alle die gleichen Tools auf der Suche nach Kandidaten.
Dies ist wohl mit ein Grund, warum die führenden zehn Personaldienstleister für die Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von IT-Freelancern für das Geschäftsjahr 2020 einen Umsatzrückgang von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr melden. Damit liegt die Entwicklung der Top 10 nahezu auf dem Niveau des Vorjahres (-1,9 Prozent). Auf das laufende und kommende Jahr blicken die Unternehmen optimistisch: Sie rechnen mit einem durchschnittlichen Umsatzanstieg von 11,9 Prozent für 2021 und sogar 12,9 Prozent für 2022.
Laut Frank Eckes, Geschäftsführer bei Allgeier Expert, ist der Markt an Freelancern leergefegt: „Nicht weil es so wenig Freelancer gibt, sondern so viele Projekte“. Doch das ist nicht das einzige Problem: „Mit einem Einbruch bei der Verfügbarkeit ihrer Arbeitskraft ist zu rechnen, denn aufgrund der Covid-Situation können die Freelancer nicht reisen und verdienen lieber Geld. Irgendwann werden sie jedoch wieder Urlaub machen können“, warnt Christian Steeger, Managing Director bei Hays.
Die Lünendonk-Liste im Überblick
Hays ist mit einem Umsatz von 931,9 Millionen Euro 2021 weiterhin unangefochtener Marktführer (detaillierte Liste siehe: Bildergalerie). Trotz eines Umsatzrückgangs von 132,4 Millionen Euro oder 12,4 Prozent im Jahr 2020 erwirtschaftet Hays den 2,6-fachen Umsatz der zweitplatzierten Gulp-Gruppe, einer Randstad-Tochter. Gulp steigerte den Umsatz gegen den Markttrend um 1,7 Prozent auf nun 357,1 Millionen Euro. An dritter Position steht mit einem Umsatz von 169,8 Millionen Euro Sthree (-5,3 Prozent). Dahinter folgt Allgeier Experts auf Rang vier mit dem dritthöchsten Umsatzwachstum der Top 10 (4,8 Prozent; 2020: 142,5 Millionen Euro).
Westhouse verbessert sich unter anderem aufgrund des Zusammenschlusses mit Future Consulting um zwei Listenränge auf Rang fünf. Das Unternehmen schließt das Geschäftsjahr 2020 mit einem Umsatzplus von 18,4 Millionen Euro oder 18,5 Prozent auf nun 117,5 Millionen Euro ab. Etengo verzeichnet einen Umsatzrückgang von 12,3 Prozent und erreicht nun mit 116,2 Millionen Euro Listenrang sechs. Mit einer Differenz im Segmentumsatz von 1,3 Millionen Euro liegen beide Unternehmen nahezu gleichauf. Dies ist gleichzeitig der geringste Abstand zwischen zwei Listenunternehmen.
Auf den Folgeplätzen liegen die Solcom GmbH, Reutlingen, mit 106,4 Millionen Euro, Ferchau aus Gummersbach mit geschätzten 67,5 Millionen Euro Umsatz (-18,8 Prozent), die Top itservices AG, Unterhaching, mit 64,8 Millionen Euro (-4,7 Prozent) und die Questax AG, Heidelberg, mit 55,2 Millionen Euro (15,4 Prozent).
Der kumulierte Umsatz der Top 10 ging von 2.276,2 Millionen Euro im Jahr 2019 auf nun 2.128,7 Millionen Euro zurück. Das entspricht einem Rückgang um 6,5 Prozent. Die durchschnittliche Veränderung der zehn führenden Unternehmen liegt indes bei -2,1 Prozent.
Mehr Remote-Arbeit
Standen zuvor Auftraggeber möglicherweise der Arbeit von zuhause aus kritisch gegenüber, hat die Pandemie die Bereitschaft der Kunden erhöht, IT-Freelancer remote arbeiten zu lassen. Bei knapp drei Viertel der Projekte ist inzwischen eine Remote-Tätigkeit der IT-Freelancer erlaubt (Vorjahr 2019: zirka 50 Prozent).
Nach Angaben der befragten Unternehmen verstärkt der erhöhte Anteil an Remote Work den Trend zu einer flexiblen Projektumsetzung in der Organisation. 86 Prozent der Anbieter ziehen für Remote Work eine niedrigere Tages- beziehungsweise Stundensatzkalkulation heran. Diese Remote-Raten liegen im Durchschnitt zehn Prozent niedriger.
Wie kann es weitergehen?
„Wir müssen in der zunehmenden Boomphase sehen, dass wir Bindungsmöglichkeiten schaffen“, betont Steeger. „Dazu bedarf es von der Regierung eine klare Liberalisierung des Arbeitsmarkts mit Blick auf das Freelancer-tum. Das wird eine Geschäftsart sein, die unseren Wirtschaftsstandort sichern wird.“
Eine weitere Idee ist es, den osteuropäischen Markt zu erschließen. „Polen ist hier gut ausgestattet. Die Freelancer sprechen sehr gut Englisch. Der deutsche Mittelstand spricht allerdings Deutsch. So, dass das nur interessant ist, wenn die Projektsprache Englisch ist“, sagt Steeger.
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