Droht ein digitaler Blackout? Angesichts von Ausfallszenarien: Welche Verfügbarkeit weist Ihr Datacenter aus?
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Die Telecommunication Industry Association (TIA) zählt 2022 s weltweit mehr als 8.000 Rechenzentren*. Davon weisen 23 Einrichtungen die höchste Zertifizierungsstufe aus, also weniger als 1 Prozent des Marktes. Wer die höchste Stufe vorweisen kann, sollte keine Ausfälle von Diensten zu beklagen haben – zumindest theoretisch -, selbst wenn der Strom wegbleibt.

Der Markt für Rechenzentren wächst beständig. Gartner prognostiziert, dass sein globaler Wert bis Ende 2022 rund 226 Milliarden Dollar betragen wird. Das entspricht einem Anstieg von 11 Prozent gegenüber 2021. Nach Angaben der USITC (United States International Trade Commission) wurden im vergangenen Jahr weltweit mehr als 500 Rechenzentren* gebaut.
Wojciech Stramski, CEO von Beyond.pl, Anbieter von Rechenzentren und Cloud-Diensten und Datacenter-Betreiber, sagt: „Unterbrechungen der IT-Hardware-Lieferkette, Fachkräftemangel, steigende Energiekosten, wirtschaftliche Ungewissheit, immer komplexere Technologien und die Migration zu Cloud-Umgebungen sind einige der Gründe, warum es so schwierig ist, IT-Investitionsprojekte auf eigene Faust zu planen, insbesondere über einen längeren Zeitraum.“
Er wirbt für Polen als Heimat von Rechenzentren: „Internationale Organisationen betrachten Polen aufgrund seiner strategischen Lage im Herzen Europas und des Zugangs zu einem großen Talentpool als attraktiven Standort für die Wartung von Infrastrukturen und die Verarbeitung von Unternehmensdaten. Diese Faktoren beschleunigen das Wachstum des polnischen Marktes für Rechenzentren.“
Das TIA-Zertifikat
Anbieter von Rechenzentrumsdiensten argumentieren, dass Rechenzentren kosteneffizienter sind als der Unterhalt von Infrastrukturen vor Ort, ein wesentlich höheres Sicherheitsniveau bieten und darüber hinaus niedrigere Energierechnungen verursachen. Wie sieht die Realität aus?
Laut Stramski ist mit der steigenden Nachfrage und der zunehmenden Abhängigkeit der Unternehmen vom Zugang zu digitalen Daten es notwendig, für die Qualität der Rechenzentrumsdienste zu bürgen. Dies geschieht in Form von Zertifizierungen, die die Einhaltung eines bestimmten Niveaus an Zuverlässigkeit und Servicekontinuität in Rechenzentren bescheinigen. Generell gilt: Je höher das Zertifizierungsniveau, desto besser ist die Garantie für Kontinuität, Zuverlässigkeit und Sicherheit der IT-Infrastruktur des Kunden. Der Zertifizierungsprozess ist jedoch weder einfach noch billig. Deshalb entscheiden sich einige Anbieter sowie Kunden dagegen.
Nach Angaben der TIA (Telecommunication Industry Association) gibt es in der Europäischen Union nur vier Rechenzentren mit der Zertifizierung ANSI/TIA-942 Rated 4. Dieses Zertifikat wird an Einrichtungen mit dem höchstmöglichen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsniveau vergeben. Rated 4 bedeutet, dass ein Rechenzentrum gegen alle bekannten physikalischen Ereignisse resistent ist und seine potenzielle Ausfallzeit nur 26 Minuten pro Jahr beträgt.
Redundanzen
Dank vollständig redundanter Haupt- und Backup-Stromversorgungssysteme, Kühlsysteme und sorgfältig definierten Betriebsmechanismen stört der Ausfall einer Komponente nicht den Betrieb des gesamten Rechenzentrums und hat keine Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Serverinfrastruktur für den Endbenutzer – übrigens zu Lasten des Energieverbrauchs. Beyond.pl weist darauf hin, dass das eigene Rechenzentrum in Poznań, Polen, laut TIA die einzige Einrichtung in Mitteleuropa ist, die das Rated 4-Zertifikat erhalten hat.
Stramski dazu: „Anbieter von Rechenzentrumsdienstleistungen mögen in ihren Marketingmaterialien alles Mögliche versprechen, aber die Zertifizierung ist die einzige objektive und unabhängige Bestätigung des tatsächlichen Qualitätsniveaus eines Rechenzentrums. Natürlich benötigt nicht jeder Kunde die höchstmögliche Serviceverfügbarkeit, aber große Finanz-, Versicherungs- oder Produktionsunternehmen tun dies definitiv. Die Zertifizierung ist eines der wichtigsten Auswahlkriterien für die Betreiber, da sie das Risiko sehr kostspieliger Ausfallzeiten minimiert.“
Die meisten Rated 4-Zertifikate wurden in Asien vergeben, obwohl acht dieser 14 Zertifikate bereits ausgelaufen sind. In Nordamerika gibt es zwei Rated 4-Rechenzentren. In Europa sind es sechs, wobei fünf davon im Euro-Raum liegen.
Zertifizierung ist nicht gleich Zertifizierung: Rated versus Tier
Die Wahl eines zertifizierten Rechenzentrums ist besonders wichtig für Unternehmen in Branchen mit hohen Anforderungen an die Sicherheit und die Kontinuität von IT-Diensten, zum Beispiel Finanz- oder Versicherungsunternehmen, Industrie, E-Commerce oder Anbieter von Ressourcen und Dienstleistungen, die für die soziale Stabilität entscheidend sind, wie Energie oder Gesundheitswesen.
Neben anderen Ausfallkonzepten wie Georedundanz und Auslagereungen im Notfall gibt es allerdings viele weitere Zertifikate, die Verfügbarkeitsklassen einschließen, wie die EN50600 und die ISO/IEC 22237 – jeweils unterstützt durch Organisationen wie dem TÜV.
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Ein weltweiter Standard für Rechenzentren = belastbare Basis für Vergleichbarkeit
Was ist revolutionär, neu und bekannt an der ISO/IEC 22237?
Dazu kommen Rated, von ANSI/TIA (American National Standards Institute/The Telecommunications Industry Association), und Tier I bis TIER IV, herausgegeben von The Uptime Institute.
Obwohl diese Systeme auf den ersten Blick gleichwertig erscheinen, unterscheiden sie sich laut Beyond.pl in Wirklichkeit stark. Sie ähneln sich insofern, als sie beide die Funktionalität von Rechenzentren testen und Bewertungen auf einer Skala vergeben, die von Standorten, die nur die primären Bedingungen erfüllen, bis hin zu den zuverlässigsten und sichersten Einrichtungen reicht. Sowohl das Rated- als auch das Tier-Klassifizierungssystem umfassen vier Stufen, und hier enden die Ähnlichkeiten.
Rated konzentriert sich im Gegensatz zu Tier auf qualitative Kriterien, die weit über die Zahlen der zulässigen Ausfallzeit hinausgehen. Es sei daran erinnert, dass das Uptime Institute ein privates Unternehmen ist, das keine Zertifizierung nach unabhängigen Normen durchführt, wie dies beispielsweise bei der ISO der Fall ist. Es ist weder eine Organisation, die Normen festlegt, noch kann es Normen für andere Organisationen definieren, wie es das ANSI (American National Standards Institute) tut.
Die Gültigkeitsdauer
Sobald das Uptime Institute sein Zertifikat erteilt hat, bleibt es auf unbestimmte Zeit gültig, auch bevor der Bau der Anlage abgeschlossen ist. Es erfordert keine Erneuerung, Aktualisierung von Richtlinien und Sicherheitsmaßnahmen oder Verbesserung von Prozessen, was für die Rechenzentrumsbranche von entscheidender Bedeutung ist.
Zum Vergleich: Das ANSI/TIA-Zertifikat läuft nach drei Jahren ab, und die Rechenzentren müssen dann einen strengen Rezertifizierungsprozess durchlaufen, was bedeutet, dass die Kunden beruhigt sein können, da sie wissen, dass die von ihrer Servereinrichtung angewandten Standards einer ständigen Kontrolle unterliegen.
Zu betonen ist auch, dass das Uptime Institute bei der Vergabe des Zertifikats nur Elemente im Zusammenhang mit den Energieproblemen eines Rechenzentrums analysiert. Im Gegensatz dazu berücksichtigt ANSI/TIA auch Bereiche im Zusammenhang mit der physischen Sicherheit, dem Brandschutz und der Telekommunikationssicherheit. Ein Betreiber mit der ANSI/TIA-942 Rated 4-Zertifizierung garantiert das höchstmögliche Niveau an Serviceverfügbarkeit.
Eine Liste der Rechenzentren mit dem Rated-Zertifikat der TIA ist öffentlich und kann abgerufen werden unter:
*Die Kriterien, was ein Rechenzentrum eigentlich ist, beziehungsweise ab welcher Größe eine Ansammlung von Rechnern, Storage-Devices und Netzwerkkomponenten als `Datacenter´ zu bezeichnen, ist immer einmal wieder Gegenstand von Diskussionen und wird an dieser Stelle nicht aufgenommen. Auch die Bitkom-Studie zu Rechenzentren und zu ihrer aktuellen Entwicklung in Deutschland, beschäftigt sich damit.
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