Schneller als sofort Was ist Echtzeit und wo braucht man sie?
Viele Systeme handeln oder reagieren laut Hersteller „in Echtzeit“ - „realtime“. Doch was heißt das ? Und wo wird Echtzeit gebraucht?
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Nähme man den Begriff Echtzeit wörtlich, würde nur eine sofortige Reaktion ihn erfüllen. Doch „sofort“ ist dehnbar. Das können alle bezeugen, die pubertierende Kinder kennen.
In der IT gibt es durchaus Umfelder, in denen dennoch eine unmittelbare Reaktion nötig ist. Insbesondere an der Edge, verbunden mit IoT-Anwendungen, ist damit zu rechen, dass der Einsatz von Echtzeittechnologien notwendig ist. Denn wenn Maschinen, Ampeln oder Fahrzeuge gesteuert werden sollen, kommt es oft auf Sekundenbruchteile an.
Das gilt oft auch, wenn Signale oder Alarme weiterzugeben sind – beispielsweise vom Herzmonitor an den Arzt, der die Lebensfunktionen eines Intensivpatienten überwacht. Reagiert ein System hier zu langsam, kommen Benachrichtigungen nicht sofort an, kann das Leben kosten.
Echtzeitanwendungen
Aber auch in der IT außerhalb dieser Bereiche können bei schon geringfügigen Verzögerungen Systeme oder Verbindungen ausfallen oder abbrechen. Das kostet unter Umständen schon in kurzer Zeit sehr viel Geld, etwa bei Transaktionsvorgängen, wie sie im Banking gängig sind.
Unflexibel ist aber der Begriff Echtzeit, in englisch: Realtime, nicht. Vielmehr bedeutet er, dass ein IT-System in dem vorgegebenen Zeitfenster reagieren muss. So bestimmt es DIN ISO/IEC 2382. Die Größe dieses Zeitfensters ist nicht per se festgelegt.
Es kann nur Mikrosekunden groß sein, aber auch bei einigen Sekunden liegen. Ansonsten, etwa bei Reaktionszeiten im Minutenbereich, wie sie vielfach üblich sind, spricht man eher von Near Realtime oder Neartime.
Wie schnell ein echtzeitfähiges System tatsächlich sein muss, entscheidet sich anhand der Anwendung und ist ein wichtiges Kriterium bei entsprechenden Beschaffungsvorgängen. Sehr hohe Anforderungen stellen beispielsweise Messsysteme und digitale Regelungen oder Steuerungen von Prozessen, deren Verzögerung Risiken und Probleme heraufbeschwört, etwa im autonomen Verkehr. Hier sind Reaktionen in Mikrosekunden gefordert.
Etwas gemütlicher geht es bei Computerprogrammen, Netzen einschließlich Feldbussen, Bildschirmen oder Eingabesystemen zu. Die gewünschten Reaktionszeiten liegen hier im Millisekunden-Bereich. Verzögerungsunempfindliche Steuerungen und Controller kommen auch noch mit Reaktionszeiten im Sekundenbereich auf die gewünschten Verhaltensweisen und Resultate.
Welche Abstufungen gibt es?
Das ist aber noch nicht alles: Man unterscheidet echtzeitfähige Systeme auch danach, ob sie wirklich unter allen Umständen das gewünschte Zeitfenster einhalten, zum Beispiel Alarme, also keinesfalls langsamer reagieren. Das ist die harte Echtzeit.
Noch strikter ist die so genannte feste Reaktionszeit, die auch kein schnelleres Reagieren gestattet, zum Beispiel bei der Taktung von Produktionsvorgängen. Muss das Zeitfenster nur in der statistischen Betrachtung eingehalten werden, um die Funktionsfähigkeit der betreffenden Systeme nicht zu beeinträchtigen, spricht man von weicher Echtzeit.
Technisch erfordert Echtzeitfähigkeit, dass ein System ständig reaktionsbereit ist, also nicht abgeschaltet wird oder ausfällt. Echtzeitfähige Systeme sind also in der Regel hochverfügbar, das heißt: mit Redundanzmechanismen ausgerüstet, die Ausfälle von Komponenten kompensieren. So bleibt die Reaktionsfähigkeit des Systems ununterbrochen erhalten.
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