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Das Justieren der Kostenschraube Was kann FinOps?

Von Anna Kobylinska und Filipe Martins* |

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Eine Cloud-native Bereitstellung im Pay-as-you-Go-Abrechnungsmodell ist für viele Unternehmen das Groschengrab schlechthin. Mit FinOps wollen die IT-Verantwortlichen die Kostenspirale in den Griff bekommen.

Bei FinOps geht es darum, die Lasten so zu verteilen - Multicloud, Core- und Edge-Infrastrukturen, dass die Kosten im Rahmen bleiben. Dazu müssen einzelne Workloads mit ihrem spezifischen finanziellem Aufwand in Verbindung gebracht werden. Letztlich profitieren nicht nur von einer Kostenkontrolle, sondern schaffen sich auch ein Instrumentarium für die Verteilung und Lokalisierung ihrer IT.
Bei FinOps geht es darum, die Lasten so zu verteilen - Multicloud, Core- und Edge-Infrastrukturen, dass die Kosten im Rahmen bleiben. Dazu müssen einzelne Workloads mit ihrem spezifischen finanziellem Aufwand in Verbindung gebracht werden. Letztlich profitieren nicht nur von einer Kostenkontrolle, sondern schaffen sich auch ein Instrumentarium für die Verteilung und Lokalisierung ihrer IT.
(Bild: Ico Maker - stock.adobe.com)

Sowohl für etablierte Unternehmen als auch für kleine Start-ups ziehen die Kosten für Cloud und Kubernetes erbarmungslos an. Doch viele Organisationen tappen diesbezüglich im Dunklen.

Die CNCF und die FinOps Foundation haben vor rund einem Jahr (im April und Mai 2021) 178 aktive Kubernetes-Nutzer aus ihren beiden Gemeinden befragt. 68 Prozent dieser Teilnehmer hätten einen Anstieg ihrer Kubernetes-Kosten gegenüber Vorjahr zu vermelden.

Die Hälfte dieser Teilnehmer sprach von einem Zuwachs um mehr als 20 Prozent gegenüber Vorjahr. Lediglich 12 Prozent der Kubernetes-Nutzer meinten, ihre Ausgaben gesenkt zu haben. Einer in fünf der Teilnehmer (20 Prozent) konnte die eigene Cloud-Rechnung mehr oder weniger konstant halten.

 Mehr als eine in fünf Organisationen kann ihre Cloud-Kosten nicht vorhersehen.
Mehr als eine in fünf Organisationen kann ihre Cloud-Kosten nicht vorhersehen.
(Bild: CNCF, FinOps Foundation)

Doch die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer der Umfrage kann ihre Kosten gar nicht so genau einschätzen. Rund ein Viertel (24 Prozent, um genau zu sein) überwacht ihre Kubernetes-Ausgaben erst gar nicht. Nahezu vier von zehn Organisationen (44 Prozent) verlassen sich jeden Monat auf ein grobes Anpeilen.

Nur eine Minderheit der befragten Firmen kann eigenen Angaben zufolge auf fortschrittlichere, punktgenaue und vorausschauende Kubernetes-Kostenüberwachungsprozesse zurückgreifen. 13 Prozent der Befragten verfügten demnach über Fähigkeiten zum Aufstellen genauer Rückrechnungen. 14 Prozent sollen sogar ein Rückbuchungsprogramm eingerichtet haben, um ihre Cloud-Rechnungen anzufechten.

Die Mehrheit der Unternehmen, die Kubernetes einsetzen, könnten deutlich kosteneffizienter wirtschaften, ohne Leistungseinbuße in Kauf nehmen zu müssen, urteilen die Autoren der Studie.

Ein Fass ohne Boden

OpenX, ein führender Anbieter programmatischer Werbung, zog vor rund drei Jahren (2019) vollständig in die Cloud um. Diese Transformationsinitiative war nicht ganz ungefährlich; denn die Transparenz der Betriebskosten in der Cloud hält sich arg in Grenzen.

Das Unternehmen betreibt eine der weltweit größten Werbebörsen (der sogenannten Ad Exchanges) mit über 250 Milliarden Werbeanfragen pro Tag, verbindet mehr als 30.000 Marken miteinander und erreicht fast eine Milliarde Verbraucher. Einmal in der Cloud musste das Unternehmen seinen „Pay-as-you-go“-Pflichten nachkommen und diese skalieren in Cloud-Dimensionen.

Die Elemente eines Kubernetes-Cluster.
Die Elemente eines Kubernetes-Cluster.
(Bild: Flexera)

Das Unternehmen musste seine Technik-, Finanz- und Geschäftsteams auf eine neue „kostenbewusste“ Kultur mit Kostentransparenz und -kontrolle trimmen. OpenX hat hierzu ein operatives Rahmenwerk erschaffen, um einen Kulturwandel auszulösen, welcher verschiedene Teams zusammenbringt, um das „Pay-as-you-go“-Verbrauchsmodell für Infrastruktur in den Griff zu bekommen.

FinOps unterm Strich

Die Finanzsysteme der meisten Unternehmen sind für CapEx-Ausgaben ausgelegt und nicht für die dynamischen, OpEx-getriebenen Verbrauchsmuster der Cloud. In einer Welt, in der sich die Arbeitslasten von selbst starten und replizieren, skalieren auch die Kosten in Code gleich mit.

FinOps (Financial Operations) – also die Zusammenkunft von Finance und DevOps – soll Abhilfe schaffen.

Bei FinOps handelt es sich um eine Disziplin des Cloud-Finanz-Managements und eine kulturelle Praxis, die es Unternehmen ermöglicht, im Zuge der Zusammenarbeit von Technik-, Finanz-, Technologie- und Geschäftsteams bei datengesteuerten Ausgabenentscheidungen den geschäftlichen Mehrwert zu maximieren.

Das Pay-as-you-go-Abrechnungsmodell der Cloud (rechts) klingt verlockend, aber eine gewisse Überprovisionierung ist in der Rechnung immer mit drin.
Das Pay-as-you-go-Abrechnungsmodell der Cloud (rechts) klingt verlockend, aber eine gewisse Überprovisionierung ist in der Rechnung immer mit drin.
(Bild: Virtuozzo( Anbieter von Jelastic PaaS))

Der Sinn und Zweck dieser Methodologie besteht darin, datengesteuerte Entscheidungen über den Verbrauch von IT-Diensten zu ermöglichen. FinOps bringt hierzu die technische Expertise von DevOps und das Finanzwesen an einen Tisch.

Das grundsätzliche Vorgehen

Die Methodologie hilft bei der Konsolidierung der Ausgaben aller Geschäftsbereiche, indem sie die finanzielle Verantwortung und die datengesteuerte Entscheidungsfindung in den Vordergrund stellt. Sie hilft, die größten Herausforderungen der Kostenkontrolle im Cloud-Verbrauchsmodell zu überwinden:

  • schwer verständliche Preisgestaltung und Abrechnung der Cloud-Anbieter;
  • nicht existente Rechenschaftspflichten in der eigenen Organisation;
  • unzureichende Sichtbarkeit der verbrauchten Dienste und Ressourcen;
  • lückenhafte Optimierungsansätze;
  • isolierte Kostenoptimierungen in einer verbundenen Multi- oder Hybrid-Cloud.

Im Rahmen seiner FinOps-Initiative erstellte OpenX eine Roadmap der Migration mit Kostenkontrollen um die Projekteigentümerschaft. Die Chefetage legte die Kostenverantwortung mit den technischen Teams fest, um den Cloud-Verbrauch genau zu prognostizieren, und forderte die Entwickler dazu auf, die Kosten pro (Werbe)einheit zu senken, und zwar bei gleichzeitiger Verbesserung der Leistung, Skalierbarkeit, Geschwindigkeit und der globalen Reichweite.

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Anstelle von galoppierenden Kosten....

In nur neun Monaten konnte OpenX die Kosten pro Gewerbeeinheit um über 60 Prozent reduzieren. Dank FinOps konnte OpenX neue Geschäftsregionen erschließen, die Zeit bis zur Markteinführung neuer Funktionen um mehr als 50 Prozent verkürzen und die Migration in Rekordzeit von nur sieben Monaten abschließen.

Beispiel für den Aufbau eines FinOps-Teams
Beispiel für den Aufbau eines FinOps-Teams
(Bild: FinOps Foundation)

„Unser Tech-Stack wird von Tag zu Tag intelligenter und ausgeklügelter, und wir haben die Flexibilität, unsere Infrastruktur in Echtzeit zu skalieren, wenn das Unternehmen skaliert und sich weiterentwickelt,“ kommentiert der CTO, Paul Ryan.

Mit Gamification zur disziplinierten Kostenplanung?

Eine der vielen Möglichkeiten, um eine kostenbewusste Unternehmenskultur zu schaffen, besteht im Einsatz von Gamification beziehungsweise Gamifizierung (aus dem englischen „game“ für „Spiel“). Hierbei handelt es sich um die Anwendung spieletypischer Motivationstreiber, um ein gewünschtes Verhalten der Teilnehmer herbeizuführen. Unternehmen können zum Beispiel eine Rangliste der leistungsstärksten Teams oder Mitarbeiter aufstellen, welche die größte Optimierungseffizienz oder bestimmte Metriken erreicht haben.

Gamification kann eine kosteneffiziente Nutzung von Cloud-Ressourcen fördern und einen langfristigen kulturellen Wandel herbeiführen. Doch Gamification ist nur ein Hilfsmittel von vielen.

FinOps-Werkzeuge

Jene Teilnehmer der Umfrage von CNCF und der FinOps Foundation, die eine aktive Kubernetes-Kostenüberwachung im Einsatz hatten, befolgten einen von drei Ansätzen: Die einen nutzten Tools eines bestimmten Cloud-Anbieters (zum Beispiel AWS Cost Explorer), die anderen Cloud-übergreifende Tools oder kundenspezifische Lösungen (einschließlich der manuellen Nachverfolgung in einer Tabellenkalkulation).

Das Open-Source-Kostenüberwachungs-Tool „Kubecost“ war die beliebteste Cloud-übergreifende Lösung, im Einsatz bei 13 Prozent der Befragten. Doch geeignete FinOps-Tools gibt es zum Glück in Hülle und Fülle.

  • Cloud Zero: „Cloud Zero“ trumpft mit der Fähigkeit, auch ohne ein vollständig umgesetztes Tagging von Cloud-Ressourcen die nötige Sichtbarkeit zu schaffen – selbst in containerisierten Bereitstellungen, auf mandantenfähigen Infrastrukturen oder im Fall von nicht gekennzeichneten, nicht zuordenbaren und gemeinsam genutzten Ressourcen. Die Plattform arbeitet nämlich Code-getrieben.
    Cloud Zero kann Verschwendung aufdecken, Cloud-Rechnungen in informative Stückkostenmetriken aufschlüsseln und das FinOps-Team proaktiv vor Kostenanomalien warnen. Die FinOps-Verantwortlichen können ihre Cloud-Kosten mit bestimmten Ereignissen verbinden (zum Beispiel mit der Bereitstellung einer neuen Software-Version). Die Plattform unterstützt Azure, Google Cloud und AWS.
  • ProsperOps: „ProsperOps“ kombiniert AIOps mit FinOps-Automatisierungstechniken. Das Werkzeug fokussiert auf die Optimierung von reservierten EC2-Instanzen und Savings-Plans. Es kann ungenutzte Cloud-Ressourcen identifizieren. Die Nutzungsgebühren leiten sich von den erzielten Einsparungen und nicht von den Ausgaben ab.
  • Harness: Mit „Harness“ können Unternehmen Prozesse rund um die Erstellung und Bereitstellung Cloud-nativer Anwendungen in einer Multicloud-Umgebung auf einer einzigen Plattform konsolidieren, ohne sich mit den Komplexität der Infrastrukturbereitstellung befassen zu müssen. Das Kosten-Management von Harness ermöglicht es dem FinOps-Team, die Cloud-Ausgaben gemeinsam zu verfolgen und Kostenrichtlinien durchzusetzen. Mit der Stammkostenanalyse lassen sich Cloud-Ausgaben mit konkreten Ereignissen in Verbindung bringen.
  • Densify: „Densify“ glänzt mit der Unterstützung von etwas „exotischeren“ Clouds wie der IBM Cloud, Container-Diensten und hybriden VMware-Clouds. Densify macht sich maschinelles Lernen zu Nutze, um der Überprovisionierung von Cloud-Ressourcen einen Riegel vorzuschieben.
    Mit Densify können Finanz- und Betriebsteams auf intelligente Weise Skalierungsgruppen erstellen und FinOps-Workflows mit DevOps-Pipelines integrieren, um ihre Effizienz zu steigern.

Das Fazit des Autorenduos

Die ereignisgetriebene Unternehmens-IT braucht neue Stellschrauben, um datengesteuerte Entscheidungen über orchestrierte Bereitstellungen im „Pay-as-you-go“-Verbrauchsmodell in Echtzeit zu ermöglichen. FinOps kann Abhilfe schaffen.

* Das Autorenduo Anna Kobylinska und Filipe Pereia Martins arbeitet für McKinley Denali Inc. (USA).

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