Studie stellt unter anderem RSA-Algorithmus auf die Probe Wie viele Qubits braucht es, um Bitcoin zu knacken?
Das englische Startup Universal Quantum hat in einer Studie ermittelt, wie viele Qubits an Rechenkapazität nötig wären, um die Verschlüsselungsverfahren hinter Bitcoin und RSA auszuhebeln. Eines vorneweg: Bitcoin ist in 24 Stunden zu entschlüsseln.
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In der Studie, an der Forschende der University of Sussex gemeinsam mit Universal Quantum und dem niederländischen Unternehmen Qu&Co arbeiteten, werden die Rechenlaufzeiten für verschiedene Prozesse je nach Anzahl der Qubits und weiteren Hardware-Spezifikationen berechnet. Sie haben ermittelt, dass zum Aushebeln einer Bitcoin-Verschlüsselung ein Quantencomputer mit 13 Millionen physischen Qubits zum Einsatz kommen müsste. Um das Ergebnis innerhalb von einer Stunde zu erzielen, wären 300 Millionen Qubits nötig.
Mark Webber, Quantum Architekt bei Universal Quantum und Hauptautor des Papiers, ordnet die zunächst unwahrscheinlich klingende Zahl ein: „Zwar sind wir mit derzeit aktiven Quantencomputern, die mit 50 bis 100 Qubits rechnen, noch weit von dieser Rechenkapazität entfernt, aber Ionenfallen-Quantencomputer skalieren sehr schnell in ihrer Rechenleistung und Effizienz. Ein Durchbruch dieser Art ist in den nächsten zehn Jahren also durchaus möglich.“
Quantensprünge sind an der Tagesordnung
Es sind diese Durchbrüche in der Skalierbarkeit, auf die Universal Quantum im Rahmen ihrer „Million Qubit Challenge“ hinarbeitet. Für die rapide Entwicklung der Verfahren gibt er ein weiteres Beispiel: „Vor vier Jahren haben wir geschätzt, dass ein Quantencomputer zum Aushebeln der RSA-Verschlüsselung etwa eine Milliarde physische Qubits benötigen würde. Das entspricht in etwa einem 100 Quadratmeter großen Quantencomputer. Mittlerweile aber ist für eine solche Aufgabe ein 2,5-Quadratmeter-Rechner denkbar.“
Für Verschlüsselungsverfahren wie das weit verbreitete RSA oder das in Bitcoins eingesetzte „ECDSA“ sind selbst die leistungsstärksten traditionellen Supercomputer keine Bedrohung. Die besondere Rechenarchitektur von Quantencomputern ist jedoch theoretisch in der Lage, mit genügend Rechenleistung eben jene Verschlüsselungsverfahren auszuhebeln.
„Quantum Advantage“ – der Weg zu einem neuen Rechenzeitalter
Als „Quantum Advantage“ bezeichnet die Quantum-Community den Zustand, in dem ein Quantencomputer in einem angemessenen Zeitrahmen industrierelevante Rechenprobleme lösen kann, die für einen klassischen Supercomputer praktisch unmöglich wären. Durchbrüche in der Anwendung von Quantum Computing auf Gebieten wie Kryptographie oder Molekülsimulation zeigen, dass die Quantum Advantage nicht nur Zukunftsmusik ist, sondern in der absehbaren Zeit schon Realität werden kann.
Auf dem Weg dorthin nutzen verschiedene Entwickler von Quantencomputern verschiedene technologische Ansätze. Universal Quantum beispielsweise setzt auf Ionenfallen. Die benötigen keine Kühlung auf fast 0 Kelvin (-273°C) wie andere Architekturen und lassen sich gut additiv skalieren.
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Auf der Suche nach den idealen Quanten-Bits
Was ist eine Ionenfalle?
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Der widerstandslose Stromfluss als Basis von Qubits
Was ist ein Supraleitungs-Quantenrechner?
Mit dem Quantum Lab der University of Sussex steht eine namhafte Institution in der Quantenforschung hinter der Entwicklung der skalierbaren Quantencomputer. Professor Winfried Hensinger und CEO Dr. Sebastian Weidt gründeten dort 2018 Universal Quantum als Spin-Out. In diesem Jahr soll in Hamburg ein weiterer Standort des Unternehmens eröffnen.
Winfried Hensinger, Mitbegründer und Chief Scientist bei Universal Quantum und Professor der Quantentechnologien an der University of Sussex: „Einer unserer Schwerpunkte liegt in der Aufgabe, die benötigte Größe und Rechendauer von Quantencomputern in einem praktischen Rahmen für reale Use-Cases zu halten, und gleichzeitig die Rechenleistung für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu liefern.“
Molekülsimulation beispielsweise finde Anwendung in der Energie-Effizienz, in Batterien, Katalysatoren und in der Entwicklung neuer Arzneimittel. Andere Einsatzgebiete sind mannigfaltig – Finanzen, Datenanalyse, Fluiddynamik in der Luftfahrt, logistische Optimierung und eben auch Kryptographie. „Wir haben nun festgestellt, dass hierfür keine Rechner in der Größe von Fußballfeldern mehr nötig sind, um der Quantum Advantage einen Schritt näher zu kommen“, so Hensinger.
Die Untersuchung zum Knacken von derzeit gängigen Algorithmen ist als 'Editor’s Choice' in „AVS Quantum Science“ vom American Institute of Physics veröffentlicht worden. Zur Forschung gehörte die Entwicklung eines Tools, das die benötigte Größe eines Quantencomputers berechnet, um bestimmte Probleme auf Grundlage von Algorithmenlänge, gewünschter Laufzeit und weiteren Hardware-Eigenschaften zu lösen.
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