Grundsteinlegung für 8.000 Quadratmeter IT-Fläche Colt DCS baut in Frankfurt am Main für Hyperscaler
Am Mittwoch dieser Woche zelebrierte Colt Datacenter Services die Grundsteinlegung für ein neues, eigenes Rechenzentrum in Frankfurt-Sossenheim, schräg vis-à-vis vom Co-Location-Wettbewerber Cyrus One. Colt DCS möchte hier nach Fertigstellung in 16 Datenhallen mit insgesamt 8.000 Quadratmetern Rechenzentrumsservices für Hyperscaler anbieten.
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Viele haben es vermutlich nicht einmal mitbekommen, dass bei Colt – der Name ist eigentlich ein Akronym für „City of London Telecommunications“ – im Jahr 2014 der Entschluss fiel, (erneut) ein Rechenzentrumsgeschäft aufzubauen und zwar getrennt vom Netzwerkgeschäft (siehe: Abbildung 1). So gibt es auch wenig Synergien und das absichtlich, wie Detlef Spang, CEO von Colt DCS, sagt: „Unsere Kunden wollen Carrier-Neutralität. Das aber heißt, wenn sie Vodafone oder Deutsche Telekom als Provider wollen, bekommen sie diese Anbieter auch.“
Tatsächlich reicht die Rechenzentrumsgeschichte von Colt, 1992 gegründet von Jim Hynes gegründet und durch Fidelity Investments finanziert, etwas weiter zurück. Zum Beispiel errichtete Colt bereits 1999 das erste Rechenzentrum in Frankfurt am Main und 2009 folgte das zweite, das erste, dass durch Nachfrage von Kunden angeregt wurde. Doch laut Spang realisierte der Konzern erst 2014, wie groß der Bedarf tatsächlich sein würde und dass Colt auf diesem Gebiet nicht wirklich etwas vorweisen konnte.
Colt DCS in Asien
In dieses Jahr fällt sogleich die Akquisition von KVH in Japan, um wie Spang ausführt, einen Zugang zum asiatischen Markt zu bekommen. 2015 wurde Colt Data Center Services unabhängig vom Telekommunikationsarm und 2016 folgen Auf- und Ausbauten in Tokyo, Berlin, Hamburg, Madrid, Paris, London und Frankfurt am Main.
Mittlerweile sind in Tokyo unter der Bezeichnung „Inzai“ zwei Rechenzentren noch vor ihrem geplanten operativen Betrieb, gestartet und fünf von sieben Erweiterungen abgeschlossen. Außerdem plant Colt DCS in Osaka Insai 3, das alleine eine Kapazität von 27 Megawatt it-Last stemmen soll.
Doch in puncto geplante Investitionen übertrifft Colt sich in Mumbai, Indien, selbst: In dem für das Unternehmen neuen Markt entsteht ein Rechenzentrum, dass rund 100 Megawatt verschlingt.
Das Wholesale-Geschäft
Dagegen mutet das geplante Datacenter in Frankfurts Westen geradezu beschieden an. Hier werden bei voller Auslastung bis zu 25 Megawatt benötigt. Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, was das an Strombedarf bedeutet, zieht Spang einen Vergleich heran: Die Rechenzentren, die an der Straße stehen, zu der wir gehören, benötigen so viel Strom wie Leicester in England und einem Stromverbrauch von 33 Megawatt.
Im Gegensatz zum klassischen Co-Location, bei dem Kunden mit einem Viertel-Rack oder einzelnen dedizierten Servern bedient werden, will Spang gezielt Hyperscaler anlocken, von denen es weltweit wohl eher 15 denn 20 gebe. Gemeint sind Online-Konzerne wie Amazon, Google, Microsoft von der amerikanischen Westküste sowie etwa Tencent und Alibaba aus China. „In Japan gibt es noch zwei oder drei, die man dazu zählen könnte“, so Spang, „in Deutschland eventuell noch SAP.“
„Wir adressieren das, was man früher Wholesale nannte.“ Klassisches Co-Location dagegen sterbe, so der CEO von Colt DCS. Der Co-Location-Markt wachse insgesamt um rund 16,2 Prozent, das Retail Co-Location aber nur um rund 15 Prozent, während der Wholesale-Markt im Schnitt jährlich aber um 19,8 Prozent zulege. Das aber liege am Wachstum der Hyperscaler selber, denen die Digitalisierung, Big Data, neue Anwendungen, zum Beispiel im Spielemarkt, in die Hände spielen. „Das wird auch anhalten“, gibt sich Spang überzeugt.
Die Entwicklung sei eine internationale, aber finde auch speziell in Frankfurt am Main statt. Die strategische Entscheidung zur Datacenter-Expansion vor Ort resultiere aus der großen Nachfrage der Cloud-Service-Provider in der Region. Frankfurt sei nun einmal einer der wichtigsten Märkte für europäische Rechenzentren aufgrund des dort beheimateten weltweiten Internet-Knotens De-CIX und der vielen globalen Carrier, die es neben London, Amsterdam und Paris zu den „Big Four“ unter den Verbindungszentren in Europa machten.
Spang sagt: „Der Ruf Frankfurts als einer der wichtigsten Data Hubs auf dem gesamten Kontinent verbreitet sich immer weiter. Schließlich wird der Standort für Rechenzentrumsbetreiber immer attraktiver: Die Nachfrage ist sehr hoch und der Grundstückskauf selten ein Problem.“
Eine Schwierigkeit bestehe jedoch darin, solche Grundstücke zu erwerben, die über eine gute Stromversorgung verfügten. Der neue Standort in Frankfurt West verfügt über ein Umspannwerk in direkter Nachbarschaft und mehrere Stromlieferanten in unmittelbarer Nähe. Am Standort selber besteht das Problem darin, dass die Zufahrtswege ausgebaut gehörten; selbst außerhalb der Stoßzeiten gibt es Staus.
Das Rechenzentrum Frankfurt West
Geplant ist (vorerst) ein Rechenzentrum mit sechs Etagen. Zwei unterirdische sollen sie Technik beheimaten, die einen IT-Betrieb erlauben, auf vier oberirdischen Etagen sollen 16 Datenhallen auf 8.000 Quadratmeter entstehen. Jeder der Rechnerräume könne IT-Infrastrukturen mit bis zu 1,75 Megawatt versorgen. Der PUE soll bei 1,25 liegen. Die Eröffnung wird voraussichtlich Ende 2020 erfolgen mit einem Minimum an 650 Quadratmeter vermieteter Fläche. Das Investment beläuft sich auf rund 100 Millionen Euro.
Das Datacenter wird Colt DCS gehören. „Das entspricht unserer Strategie“, sagt Spang. Somit sind weltweit nur wenige Sites von Colt DCS selbst angemietet. Und er stellt in Aussicht, dass dieses Bauprojekt vermutlich nicht das letzte von Colt DCS in Frankfurt sein wird.
Das Design und die Bauausführung geschieht mithilfe von Building Information Modeling, kurz: BIM. Den Auftrag für die Bauausführung hat ein Generalunternehmen, das Spang jedoch nicht nennen will. Die Planung hatte jedoch die TTSP HWP Seidel Planungsgesellschaft mbH inne.
Risiken und Pläne
Sieht Spang kein Leerstandsrisiko? Wenn große Kunden abspringen folgen große Lücken. „Nein“, sagt der CEO, „Im Momemnt gibt es gar keine Gefahr, dass die Hallen leer stehen könnten. Zudem gibt es zumeist Fünf-Jahres-Verträge.
Doch wer rastet, rostet. Legte die IT lange Zeit Tempo vor, kann auch die Rechenzentrumstechnik nicht schlummern. Das gelte vor allem in Bezug auf die Nutzung von Abwärme, die Kühltechnik und die Herstellung der Stromverfügbarkeit. „In Zürich nutzen wir die Datacenter-Abwärme, um ein Schwimmbad vor Ort zu heizen“, erläutert Spang. In Frankfurt kämen die Büroräume ohne eigene Heizung aus. Doch für das Abführen der überschüssigen Wärme-Energie in ein Fernwärmenetz habe die Stadt kein Konzept. Letztlich aber müssten solche Ideen jedoch umgesetzt werden.
Auch die Nutzung von Wärme zur Erzeugung von Kälte würde geprüft. Außerdem ärgere es ihn, dass noch immer Dieselgeneratoren für den Notstrom sorgen müssten. Colt DCS sei auf der Suche nach besseren Alternativen. Und statt Redundanz auf allen technischen Ebenen, einfach mehr Energie in Speichern vorhalten? Spang erzählt von zwei Rechenzentren in den USA, die große Stromspeicher ausprobiert hätten, bei denen jedoch trotzdem der Strom ausgefallen sei.
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