Das goldene KI-Kalb Mehr oder weniger gewollt - ChatGPT im Rechenzentrum
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Der Tanz um die schlauere KI dürfte die Rechenzentrumsbranche transformieren, hoffentlich zum Besseren. Der Medienliebling „ChatGPT“ möchte jedenfalls eifrig jede auch so knifflige Aufgabe anpacken. Zum Verdienst derKI sei gesagt: Sie kann sich im Nachhinein für das Ergebnis eloquent entschuldigen. Was die Software jedoch bereits kann, macht sie gut – wenn auch erst hin und wieder.

ChatGPT hat mit seiner argumentativen Geschicklichkeit ein enormes Interesse geweckt und die Begeisterung für maschinelle Intelligenz entfesselt. Viele Unternehmen erhoffen sich von KI massive Wettbewerbsvorteile, doch nur die wenigsten haben die Fähigkeit, eigene Modelle zu entwickeln und zu trainieren.
ChatGPT entstammt der Feder des pseudo-gemeinnützigen KI-Startups OpenAI. Es basiert auf einem Sprachmodell namens „GPT-3.5“. Das Akronym steht für „Generative Pre-trained Transformer“, also ein „Generatives vortrainiertes Transformer-Modell“. Zu den Investoren zählen so prominente Unternehmen wie Microsoft und Founders Fund des U.S.-Amerikanischen KI-Risikokapitalgebers deutscher Abstammung, Peter Thiel.
Microsoft machte kürzlich mit einer neuen Investition von 10 Milliarden Dollar in OpenAI Schlagzeilen. Das Kapital soll über mehrere Jahre hinweg die kontinuierliche Weiterentwicklung und Expansion von ChatGPT vorantreiben. OpenAI nutzt seinerseits das Azure-Cloud-Computing-Netzwerk von Microsoft, um die generative Engine von ChatGPT zu betreiben.
Eine rasante Entwicklung
Weniger als einen Monat vor der Bekanntgabe der neuen Investition hat Microsoft eine Reihe von „Azure“-Diensten auf Basis von OpenAI-Technologien für Azure-Benutzer veröffentlicht. Ein Dienst ,it der Bezeichnung „Azure OpenAI“ steht bereits seit 2021 einer begrenzten Anzahl von Azure-Kunden zur Verfügung.
Auch Google hat die eigenen Hoffnungen in das Potenzial von KI mit beachtlichen Investitionen bekräftigt. Eine Finanzspritze bekam unter anderem Anthropic, ein Unternehmen, das von ehemaligen OpenAI-Mitarbeitern gegründet wurde und einen eigenen Chatbot mit der Bezeichnung „Claude“ entwickelt hat. Meta hat gar den Ausbau eigener Rechenzentren angehalten, um die Architektur für optimierte KI-Anwendungen zu überdenken.
Amazon hat seinerseits angekündigt, einen eigenen Konkurrenten zu ChatGPT entwickeln zu wollen. Der Hyperscaler hat auch bereits eine Partnerschaft mit dem KI-Startup Hugging Face bekanntgegeben. Auch Meta will die eigenen KI-Bemühungen durch Kooperationen mit KI-Schmieden beschleunigen.
KI-zentrisch transformieren
In der Zwischenzeit hat sich OpenAI bemüht, die Integration von ChatGPT mit Softwareprodukten Dritter zu erleichtern. Am 1. März hat OpenAI eine Programmierschnittstelle (API) veröffentlicht, die es Entwicklern ermöglicht, auf ChatGPT und „Whisper“, ein Modell für Spracherkennung und Textumwandlung, zuzugreifen, um es in ihren Anwendungen zu nutzen. Für Rechenzentren eröffnen sich dadurch ganz neue Möglichkeiten, den Tagesbetrieb in den Griff zu bekommen: mit einer „eigenen“ KI.
Während generative KI wie der eloquente Chatbot ChatGPT und der „kreative“ Bilderzeuger „DALL-E“ von OpenAI in ihrer aktuellen Form eher Spielzeuge als Werkzeuge darstellen, läuten sie den Anbruch einer neuen Ära KI-zentrierter digitaler Transformation ein. Die weitreichende Verbreitung von KI könnte laut Vordenkern der Datacenter-Branche zum bedeutendsten Motor für die Entwicklung widerstandsfähiger digitaler Infrastrukturen werden.
ChatGPT will sich in verschiedenen Bereichen des Rechenzentrumsbetriebs einbringen. Die Nutzungsszenarien sind nahezu unerschöpflich:
- Kunden-Support: Beantworten von Kunden-Support-Anfragen im Blitzverfahren, Unterstützung bei Suchanfragen und dem Abruf von Daten;
- Software-Entwicklung: ChatGPT schreibt recht brauchbaren Softwarecode in einer Vielzahl von Programmiersprachen, kann den Code kommentieren, einzelne Entscheidungen begründen und Fehler korrigieren;
- automatisierte Systemüberwachung: ChatGPT kann in Echtzeit Überwachungsdaten erfassen und analysieren, um bei der Erkennung von Problemen oder Anomalien in der Systemleistung behilflich zu sein;
- Ressourcenoptimierung: Durch den Einsatz von ChatGPT können Rechenzentren die Verteilung von Arbeitslasten vorhersagen und die Kapazitätsplanung optimieren;
- Cyber-Sicherheit: ChatGPT kann bei der Erkennung von Sicherheitsverletzungen oder ungewöhnlichem Verhalten im Netzwerk oder den Systemen des Rechenzentrums 'Alarm schlagen';
- Datenanalyse: ChatGPT kann große Bestände strukturierter und unstrukturierter Daten analysieren, um unerwartete Zusammenhänge, Anomalien oder Optimierungsmöglichkeiten zu finden.
- Berichterstattung: ChatGPT kann anhand von Leistungsmetriken automatisch Berichte generieren und an das Management oder Kunden übermitteln;
- Betriebsautomatisierung: ChatGPT kann bei der Automatisierung und Orchestrierung von Arbeitslasten mit anpacken;
- Fehlerdiagnose und -behebung: Bei auftretenden Fehlern kann ChatGPT Lösungen oder Anleitungen zur Fehlerbehebung bereitstellen;
- Optimierung der Energie-Effizienz: ChatGPT kann sich bei der Analyse von Energieverbrauchsdaten einbringen und Empfehlungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Energie-Effizienz des Rechenzentrums aussprechen.
- Verwaltung von Service-Level Agreements (SLAs): Die KI kann die Erfüllung von Vertragsbedingungen überwachen, um die Abstimmung von Serviceleistungen mit Kundenanforderungen zu gewährleisten;
- Kapazitätsplanung: ChatGPT kann Prognosen zukünftiger Anforderungen erstellen, um die langfristige Kapazitätsplanung zu unterstützen;
- Wissens-Management und -Bereitstellung: ChatGPT kann sich als eine interaktive Wissensdatenbank nützlich machen, indem es Informationen zu Systemkonfigurationen, Best Practices und Lösungen für häufig auftretende Probleme schnell bereitstellt.
Um ChatGPT zur Datenabfrage in einem Rechenzentrum zu verwenden, ist eine durchdachte Implementierung vonnöten. Diese umfasst typischerweise zum Beispiel die folgenden Schritte:
Datenzugriff einrichten: Datenbanken, Speichersysteme, Protokolldateien oder andere relevante Datenquellen erschließen sich ChatGPT nicht von selbst; je nach Dateninfrastruktur und Datacenter-Architektur muss der Betreiber entsprechende Zugriffsmechanismen einrichten;
Integrationen entwickeln: Die Einbindung von ChatGPT in die Abläufe in einem Rechenzentrum kann via API erfolgen, die ChatGPT mit den Datenquellen und einer Benutzerschnittstelle verbindet;
Daten aufbereiten: Je nach Art der Daten und deren Struktur kann es erforderlich sein, die Daten vor der Verwendung durch ChatGPT – in einem oder mehreren Vorverarbeitungsschritten wie Datenbereinigung, -formatierung oder -transformation – aufzubereiten.
Das Modell trainieren: Es kann erforderlich sein, ChatGPT auf die spezifischen Anforderungen eines Rechenzentrums zu trainieren; dies erfolgt typischerweise durch die Bereitstellung von Trainingsdaten und die kontinuierliche Überwachung.
Integration in die Benutzeroberfläche: ChatGPT kann in eine Benutzeroberfläche oder ein Chatbot-Framework integriert werden, um den Benutzern eine interaktive Kommunikation mit dem Modell zu ermöglichen.
Die Bereitstellung von ChatGPT als einen Dienst kann eine eigens dafür entwickelte Benutzeroberfläche wesentlich erleichtern. In vielen Fällen sind jedoch „unter der Haube“ einer solchen Lösung tiefgreifende Anpassungen erforderlich, um eine nahtlose Kommunikation zwischen ChatGPT und den Datenquellen sowie anderen Systemen im Rechenzentrum zu gewährleisten.
Das Fehlbare
Abhängig von den spezifischen Anforderungen und der vorhandenen Infrastruktur kann die Implementierung von ChatGPT zur Datenabfrage im Rechenzentrum in ihrer Komplexität und ihrem Umfang variieren. Es kann notwendig sein, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln oder vorhandene Tools und Frameworks anzupassen. Die genaue Vorgehensweise erfordert in der Regel die enge Zusammenarbeit zwischen Rechenzentrumsexperten/innen, Software-Entwicklern/innen und KI-Spezialisten/innen.
Der Sprachassistent macht einen intelligenten ersten Eindruck, doch ohne eine aufgabenspezifische Trainingsphase läuft ChatGPT auch schon mal gerne gegen die Wand. Bereitwillig schickt sich die KI an, technische Fragen von hoher Komplexität zu beantworten, auch ohne die erforderlichen Daten zur Hand zu haben.
Die Eloquenz des Sprachmodells, die dem Chatbot zu Grunde liegt, ist keinesfalls mit Intelligenz gleichzusetzen, geschweige denn mit Fachwissen. Mit dem Einsatz der KI gehen daher auch nicht unerhebliche Risiken ein.
(Noch) heiße Luft in Tüten?
ChatGPT kann die Wahrhaftigkeit seiner Aussagen nicht beurteilen – lediglich eine Begründung in einer Informationsquelle dafür finden. Das Endergebnis steht und fällt daher mit den Daten.
Das Modell beherrscht jedoch eine sehr fortgeschrittene Logik und kann recht schlüssig argumentieren. Wenn sich der Chatbot auf unschlüssige, widersprüchliche Informationsquellen stützen muss, präsentiert er auch schon mal groben Unfug mit ernster Miene – einmal mit der Wahrheit konfrontiert, korrigiert er seine frühere Aussage meistens bereitwillig, demütig und umfassend. Wer den Fehler jedoch nicht rechtzeitig erkennen kann, muss ihn dann gegebenenfalls im großen Maßstab ausbaden.
Große Sprachmodelle wie ChatGPT können enorme Mengen an Trainingsdaten, Parametern und Schichten in ihren neuronalen Netzwerken abbilden und als Resultat daraus „aufkommende Eigenschaften“ entwickeln. Sie können kohärente und kontextuell relevante Antworten generieren, die den Erwartungen scheinbar entsprechen.
Die Grenze des Machbaren
Sie können dem Nutzer gesunden Menschenverstand und ein konzeptionelles Verständnis der Welt vorgaukeln – ohne ein solches zu besitzen. Das Verhalten des Modells reflektiert jedoch lediglich dessen Fähigkeit, Zusammenhänge innerhalb der ihm zugrunde liegenden Daten wiederzugeben.
Selbst die umfassendsten heutigen KI-Modelle stützen sich auf statistische Muster und Korrelationen in den Trainingsdaten, ohne ein echtes konzeptionelles Verständnis der Welt zu besitzen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn man ihre Antworten als tatsächliches Know-how oder Verständnis auslegen und als bare Münze nehmen will.
Seit der Veröffentlichung von ChatGPT durch OpenAI im November des vergangenen Jahres haben seine Erfolge und gelegentliche Missgeschicke Unmengen an öffentlicher Aufmerksamkeit bekommen. Mittlerweile berichten einige DataCenter-Betreiber von ihren Erfahrungen mit dem Modell recht offen.
Die Sicherheit steigt, die Bedrohung noch viel mehr
Die verstärkte Nutzung von KI-Tools wie ChatGPT im Bereich der Datencenter-Cyber-Sicherheit hat sowohl positive als auch negative Auswirkungen gezeigt. KI-Tools mögen die Sicherheitsorchestrierung und diverse DevSecOps-Aufgaben erleichtert haben, aber das nicht nicht ohne erhebliche Risiken.
ChatGPT kann Cyber-Sicherheitsexperten bei der Forschung, Entwicklung und der Dokumentation von Code unterstützen. Doch dieselben Möglichkeiten machen sich auch Cyber-Täter zu Nutze, indem sie KI-Tools für betrügerische Zwecke wie Phishing, Social Engineering und die Erstellung überzeugender Deepfakes missbrauchen.
Darüber hinaus ist es wichtig, potenzielle Sicherheitsbedrohungen im Zusammenhang mit ChatGPT selbst anzugehen. Wie bei jeder Technologie besteht auch hier die Möglichkeit von Missbrauch der unvermeidlich auftretenden Schwachstellen. Der verantwortungsvolle Einsatz und die Implementierung von KI-Tools in der Cyber-Sicherheit erfordern daher eine sorgfältige Abwägung dieser Risiken und die Entwicklung angemessener Schutzmaßnahmen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sollten Rechenzentrumsbetreiber geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Bewusstsein um die Risiken im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI zu stärken und menschliche Kompetenzen im Umgang damit aufzubauen. Robuste Sicherheitsmaßnahmen, einschließlich Zugangskontrollen, Überwachungssysteme und Bedrohungserkennungsmechanismen können potenziellen Missbrauch oder Sicherheitsbedrohungen identifizieren, wenn entsprechendes menschliches Know-how vorhanden ist.
Zudem wären Unternehmen gut beraten, angemessene Richtlinien für die Nutzung von KI-Tools für legitime Zwecke in Übereinstimmung mit Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften zu implementieren. Außerdem benötigt der Einsatz von KI bedarf fortlaufender Evaluierung.
Es gilt, die Risiken und Vorteile der Nutzung von KI-Tools kontinuierlich zu bewerten und aufzuwiegen. Gemeinsame Anstrengungen zwischen Fachleuten, Organisationen und KI-Entwicklern sind entscheidend, um bewährte Verfahren für den sicheren und verantwortungsvollen Einsatz von KI im Bereich der Cyber-Sicherheit zu entwickeln.
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