Scharfe Kritik an den Mitbewerbern Wasserverbrauch in Rechenzentren: Brecht das Schweigen!

Ein Kommentar von Yann Lechelle und Paul Benoit* |

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Die Wasserressourcen werden knapp - auch bei uns. Während alle dazu aufgerufen werden, ihren Wasserverbrauch zu reduzieren, schluckt eine ganze Branche still und heimlich Milliarden Liter Wasser: die Rechenzentren. Angesichts des Marketings von Tech-Riesen und ihrer „Klimaneutralität“ rufen Yann Lechelle, CEO von Scaleway, und Paul Benoit, CEO von Qamot, zu einem offeneren Umgang mit diesem Aspekt der Umweltbelastung durch die Digitalisierung auf.

Ohne Wasser kein Leben: Doch die Rechenzentrumsbetrieber gehen zu sorglos mit dieser Ressource um.
Ohne Wasser kein Leben: Doch die Rechenzentrumsbetrieber gehen zu sorglos mit dieser Ressource um.
(Bild: gemeinfrei: suju-foto / Pixabay)

In Teilen Europas erleben wir heuer wieder eine extreme Hitzewelle und die UNO schätzt, „dass ein 40-prozentiges Defizit der Süßwasserressourcen bis 2030 in Verbindung mit einer schnell wachsenden Weltbevölkerung den Planeten in eine globale Wasserkrise stürzen wird“. In vielen Regionen in Deutschland streiten sich Behörden, Landwirtschaft und Industrie zunehmend vor Gericht um das Wasser.

Darum muss die IT-Branche ihren eigenen Beitrag zur Erhaltung dieser wertvollen Ressource leisten. Auch wenn sie fälschlicherweise als immateriell wahrgenommen werden, benötigen digitale Technologien und Cloud-Dienste sehr viel Wasser.

Wie jede Maschine wandelt auch ein Computer die elektrische Energie, mit der er angetrieben wird, in Wärme-Energie, also Hitze, um - der Joule-Effekt. Das bedeutet, dass Rechenzentren, die Zehntausende dieser Computer beherbergen, diese Abwärme abführen und kühl bleiben müssen, um die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Betrieb zu gewährleisten.

Dafür gibt es verschiedene Lösungen: Die Hitze auffangen und für andere Zwecke weiterverwenden, mit stromverbrauchenden Klima-Anlagen kühlen und/oder mithilfe von Wasser, vor allem durch Verdampfung, die Temperaturen senken.

Wer bei der Kühlung auf Strom verzichten möchte, muss in der Regel auf Wasser zurückgreifen - und das häufig massiv. Eine solche Alternative kommt großen Betreibern von Rechenzentren gut gelegen, weil diese gerne mit immer besserer Energie-Effizienz werben, besonders durch eine Verbesserung der „Power Usage Effectiveness“ (PUE).

Die PUE ist ein bewährter Standard, der die Energie-Effizienz von Rechenzentren - vor allem deren Kühlung - misst, aber dabei nur den Stromverbrauch berücksichtigt. Der Wasserverbrauch wird also komplett außer Acht gelassen.

Ein höherer Wasserverbrauch für einen geringeren Stromverbrauch? So wird das Problem nur verschoben, aber nicht gelöst.

Sorge bereitet vor allem die Größe des Phänomens: Der Wasserverbrauch der Rechenzentren belief sich in den USA im Jahr 2020 auf schätzungsweise 660 Milliarden Liter. Rechenzentren, die für ein funktionierendes Internet unerlässlich sind, verbrauchen - sogar in Trockengebieten - bis zu 3,8 Millionen Liter Wasser am Tag. Da es durch die vermehrte alltägliche Computernutzung immer mehr Rechenzentren gibt, zählt die IT-Branche bereits zu den Top 10 der Industrien mit dem höchsten Wasserverbrauch weltweit.

Die IT-Branche selbst hat kein Interesse daran, dass diese Zahlen bekannt werden.

Infolgedessen besteht eine anhaltende Intransparenz. Die Tech-Riesen berufen sich auf überzeugende Gründe wie ihr Geschäftsgeheimnis, Schutz von Kundendaten oder nationale Sicherheit. Ohne transparente Daten sind Verbesserungen jedoch unmöglich.

Wasser für Google-Datacenter, Beispiele

Der Blick von oben auf eine der Kühlanlagen in Google-Rechenzentrum, Hamina. Hier wird ausschließlich mit Wasser aus dem Finnischen Meerbusen gekühlt.
Der Blick von oben auf eine der Kühlanlagen in Google-Rechenzentrum, Hamina. Hier wird ausschließlich mit Wasser aus dem Finnischen Meerbusen gekühlt.
(Bild: Google)

In der Siedlung Mesa, inmitten der Kakteen Arizonas, stellt Google den Bau eines riesigen Rechenzentrums fertig. Für die Kühlung des Rechenzentrums hat der Hyperscaler von der Gemeinde Mesa eine Vereinbarung über den täglichen Verbrauch von einer Million Gallonen Wasser, das sind etwa 3,8 Millionen Liter, erhalten sowie eine Zusage über 4 Millionen Gallonen, rund 16 Millionen Liter Wasser, wenn das Rechenzentrum voll ausgelastet ist.

In Red Oak, Texas, hat Google gerade die Voraussetzungen für eine neue Availiabiity Zone geschaffen, Das dortige neue Rechenzentrum soll jährlich bis zu 1,46 Milliarden Gallonen Wasser verbrauchen.

Ellis County, zu dem Red Oak und etwa 20 weitere Städte gehören, verfügte im Jahr 2020 jedoch nur über etwa 15 Milliarden Gallonen Wasser. Die Bewohner des Landkreises werden seit 2018 aufgefordert, ihren Wasserverbrauch zu senken. Google brauch somit alleine 10 Prozent des verfügbaren Wassers.

Da weniger als ein Drittel der Betreiber von Rechenzentren seinen Wasserverbrauch misst, verfügt derzeit keine Behörde oder wissenschaftliche Einrichtung über klare, objektive und einheitliche Angaben auf Makro- (regional, national, europäisch) oder Mikroebene (jedes einzelne Rechenzentrum).

Während der Wasserverbrauch von Rechenzentren lange ein Tabuthema war, hagelt es nun immer mehr Kritik: In den Niederlanden wird befürchtet, dass der Wasserverbrauch von Rechenzentren zu einer Trinkwasserknappheit in der Provinz Nordholland führen könnte. Dasselbe gilt für Irland: Hier fangen bereits einige Politiker an, sich aus Angst vor einer Wasserknappheit zu organisieren. In Frankreich, Luxemburg und Deutschland (siehe. rbb24: „Google-Ansiedlung in Ostbrandenburg scheitert an Wassermangel“stoßen die Pläne für Mega-Rechenzentren auf immer mehr Fragen und Kritik.

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Zudem lassen die jüngsten Reaktionen der IT-Branche auf diese wachsende Besorgnis zu wünschen übrig. Das zeigt auch der Anfang 2021 ins Leben gerufene „Climate Neutral Data Centre Pact“, der bisher wenig bewirkt hat.

Ohne echte Transparenz sind die aktuell definierten Ziele für den Wasserverbrauch wenig sinnvoll: Sie werden von vielen Akteuren bereits erreicht und sind deswegen nicht so ambitioniert wie sie vorgeben zu sein.

Nachdem die Selbstregulierung also gescheitert ist, liegt es nun an den nationalen und europäischen Behörden, das Schweigen über den Wasserverbrauch der Rechenzentren zu brechen.

Die gute Nachricht ist, dass es in Europas IT-Branche einige mittelgroße Unternehmen gibt, die auf ökologische Innovation und Transparenz setzen. Das beweist, dass es möglich ist, die Leistungsfähigkeit der Cloud mit einem ressourcenschonenden Management und Regionalität in Einklang zu bringen.

Der Betrieb von Infrastrukturen, die für unsere digitalisierte Gesellschaft unerlässlich sind, entbindet Betreiber von Rechenzentren nicht von der Pflicht, umweltbewusst zu handeln. Im Gegenteil: Wenn wir die digitale Entwicklung positiv und nachhaltig gestalten wollen, sollten sie die Richtung vorgeben.

Über Scaleway

Scaleway wurde 1999 gegründet und unterstützt Entwickler und Unternehmen bei der Konzeption, Bereitstellung und Skalierung von Anwendungen für jede Infrastruktur. Das komplette Cloud-Ökosystem des Anbieters mit Präsenz in Paris, Amsterdam und Warschau wird von mehr als 25.000 Unternehmen genutzt, darunter auch europäische Start-ups. Es locken Multi-AZ-Redundanz, Entwickler-Erfahrung, klimaneutrale Rechenzentren und native Tools für die Verwaltung von Multicloud-Architekturen.

Mit vollständig gemanagten Angeboten für Bare-Metal-, Containerisierungs- und Serverless-Architekturen will Scaleway Wahlmöglichkeiten in die Welt des Cloud Computing bringen. Die Kunden entscheiden, wo die Daten gespeichert werden, welche Architektur für ihr Unternehmen am besten geeignet ist und wie sie verantwortungsvoll skalieren können.

* Yann Lechelle ist CEO von Scaleway und Paul Benoit ist CEO von Qamot.

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