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Stromverteilschienen im Rechenzentrum Was ist eine Power Distribution Unit – PDU?

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Neben der USV/UPS ist die Power Distribution Unit (PDU) eines der wichtigsten Elemente der Stromarchitektur im Rechenzentrum. Freilich ist die Bezeichnung eigentlich eine Untertreibung – inzwischen können diese Geräte weit mehr als nur Strom zum Endgerät leiten.

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Was sind Power Distribution Units (PDUs) und was sollten diese in einem Rechenzentrum können? Was bezeichnet in diesem Zusammenhang der Zusatz "intelligent"?
Was sind Power Distribution Units (PDUs) und was sollten diese in einem Rechenzentrum können? Was bezeichnet in diesem Zusammenhang der Zusatz "intelligent"?
(Bild: © djama - stock.adob.com)

PDUs (Power Distribution Units), zu Deutsch: Steckerleisten, verteilen den Strom an einzelne Geräte in einem Rack. Sie bestehen aus einer Reihe von Standard-Stromsteckdosen, in die die Stromzuleitungen der einzelnen Geräte eingesteckt werden. Dabei kann es sich um jedes im Rack montierte Gerät, also beispielsweise Speichersysteme, Switches, Router oder Server handeln. Die Steckdosen müssen zu den an den Geräten verbauten Steckern passen.

Einfache PDUs bestehen lediglich aus einer Stromzuführung und Dosen. Weitere mögliche PDU-Komponenten sind Sensoren und Leuchtdioden zur Anzeige des Betriebszustandes sowie der Auslastung (grün-gelb-rot, letzteres für Überlast) sowie eine Möglichkeit zur Datenübertragung an eine zentrale Stelle, meist mit Hilfe des SNMP-Protokolls.

Aktive oder intelligente PDUs besitzen zudem integrierte Intelligenz und Processing-Power, die es ermöglichen, eine Reihe weit über die Stromversorgung hinausreichender Funktionen mit der PDU auszuführen. Aktive PDUs können in der Regel über eine IP-Adresse angesprochen und in das RZ-Infrastruktur-Management oder wenigstens das aktive Rack-Management einbezogen werden.

Die intelligenten Steckerleisten

Aktive PDU-Systeme können die intelligenten Funktionen für mehrere Untereinheiten mit Steckdosen in einem zentralen Steuergerät für alle angeschlossenen Leisten bündeln. Es ist dafür, zum Beispiel für die Datenweiterleitung an einen Server und die intelligente Datenfilterung, ausgerüstet. Das spart unter Umständen Platz an engen Stellen.

Weitere Untertypen sind monolithische und modulare PDUs. Modulare Konzepte bieten zahlreiche, auch für die einzelnen Dosen individuelle Konfigurationsmöglichkeiten. Hier sei das Beispiel Server Technology genannt. Dieser Hersteller bietet modulare Konfigurationsmöglichkeiten für Spannung, Stromstärke jeder Phase, Steckerkabel, Ausrichtung des Eingangskabels, Konfiguration der Steckdosen, Konnektivität und Farben. Geräte fürs Rechenzentrum sollten daher auf jeden Fall an der Stromzuleitung einen Stecker nach einem der in den hiesigen Rechenzentren üblichen Standards besitzen, damit sie sich nahtlos in die vorhandene Strom-Infrastruktur integrieren lassen.

Die Standard-Steckertypen unterscheiden sich etwa nach dem Steckergesicht und ihrer Robustheit gegen Temperaturschwankungen. Drei gängige Steckertypen, zu denen es jeweils passende PDUs gibt, zeigt die Abbildung unten. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Betriebstemperaturen, der unterstützten Stromflüsse und weitere, eventuell für den ein oder anderen Datacenter-Betreiber wichtige Merkmale.

Diverse Bauformen von Steckern.
Diverse Bauformen von Steckern.
(Bild: Lehmann IT)

Das Steckergesicht

Das Steckergesicht C20 beispielsweise wird für so genannte Warmgeräte, etwa sehr leistungsfähige Server und Switches, verwendet, das Steckergesicht C14 für so genannte Kaltgeräte. Das C14-Steckergesicht ist in europäischen Rechenzentren sehr weit verbreitet.

Sind in einem Rack Geräte mit mehreren PDU-Typen eingebaut, müssen gegebenenfalls auch mehrere Steckdosenleisten eingebaut werden, was aber zu Platzproblemen führt und die Luftführung beeinträchtigen kann. Hier empfehlen sich die oben bereits erwähnten modularen PDUs. Wichtig ist, dass die PDU keinen Platz verschwendet, der in Racks naturgemäß knapp ist, aber dennoch alle nötigen Funktionen und Stecker anbietet.

Die Trägerschienen

Gängige PDUs für Rechenzentren sind an das derzeit dort übliche 19-Zoll-Rack-Format angepasst. Die Geräte werden auf Trägerschienen montiert respektive in sie eingesteckt und können bei laufendem Betrieb ausgetauscht oder ausgebaut werden.

PDUs sollten je nach Sicherheitsbedarf redundant vorhanden sein. Es gibt PDUs für horizontale und vertikale Montage.

Üblich sind Trägerschienen aus Aluminium oder Kunststoff mit berührungsgeschützter Ausführung für Vertikal- oder Horizontalmontage am Schrankrahmen. Die einzelnen PDUs erhalten ihren Strom von der Trägerschiene, in die dieser ein- oder dreiphasig über die Hauptstromzuführung des Racks eingespeist werden kann.

Üblich ist die dreiphasige Einspeisung. Im U-Profil der Trägerschiene werden die Kabel geführt. Auch Trägerschienen können redundant ausgeführt und dann sogar mit unterschiedlichen Stromquellen verbunden werden.

Es gibt sie inzwischen auch mit Daten-Netzwerkanschluss und Sensoren für Strom, Spannung und Leistung pro Phase, Alarmfunktionen und Displays, die die gemessenen Werte anzeigen. In intelligente Trägerschienen können passive und aktive PDU-Module gleichzeitig montiert werden. An die passiven Module schließt man dann Geräte an, die nicht aktiv gemanagt werden müssen.

Drei im Rechenzentrum gängige Steckertypen
Drei im Rechenzentrum gängige Steckertypen
(Bild: Rittal)

Intelligente PDU-Funktionen

Die Intelligenz so genannter aktiver PDUs wird bei komplexeren Systemen entweder direkt in dem Gerät oder in einer eigenen Box außerhalb des Racks untergebracht. Externe Steuergeräte besitzen dann auch in der Regel komplexere Bedienpanel bis hin zu Bildschirm und Tastatur und ermöglichen durch die mitgelieferte Software komplexere Steuer- und Regelvorgänge.

Beispielsweise können dann einzelne Dosen separat gesteuert, aber auch Dosen gebündelt an- und abgeschaltet werden, wenn bestimmte Bedingungen diesbezügliche Regeln auslösen. So können intelligente Steckdosenleisten im Fall von zu hohen Verbrauchslasten in einer definierten Reihenfolge an- oder ausgeschaltet werden, um das RZ-Stromnetz nicht zu überlasten. Zur Intelligenz gehören auch Sicherheitsfunktionen, beispielsweise die Integration von Sicherheitsprotokollen, die unberechtigte Zugriffe blockieren.

Gerade in Zeiten des Energie-Managements ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass Systeme nicht sinnlos „idlen“ oder nicht voll ausgelastete Systeme Workloads hinzubekommen, während nur wenig belastete unter Umständen voll entlastet und dann gegebenenfalls zeitweise abgeschaltet werden sollten. Auch solche Funktionen lassen sich mit Hilfe von PDUs in gewissem Umfang realisieren; allerdings erfordern sie entsprechend ausgefeilte Softwarefunktionen oder die Einbindung in überlagernde Steuerungs- und Management-Software.

Was können die PDUs?

Gängige Messwerte, die PDUs ermitteln, sind Strom, Verbrauch, Spannung und die aktuelle Leistungsaufnahme, weitere mögliche Messwerte sind Wirk- und Scheinleistung, Leistungsfaktor und Scheitelfaktor. Die Ermittlung von Messwerten wie dem aktuellen Verbrauch sollte bei professionellen RZ-PDUs auf der Ebene einzelner Dosen möglich sein. Werden definierte Grenzwerte überschritten, lassen sich Alarmmeldungen generieren und über unterschiedliche Medien, etwa SMS oder Mail, versenden.

Die erzeugten Daten können an ein bereits existierendes Rack-Management-System weitergeleitet und dort in den allgemeinen Datenbestand integriert werden, um für umfassendere Analysen und steuernde Eingriffe ins Geschehen verfügbar zu sein (siehe: oben). Auch das Management von einem anderen Ort aus ist möglich.

Man darf gespannt sein, welche neuen PDU-Funktionen und –Designs die Verbreitung des Internet of Things mit sich bringt. Schließlich sind aktive PDUs schon heute gewissermaßen intelligente Dinge, doch könnten hier neue, erweiterte Funktionen entstehen, wenn sich die PDUs in einem RZ beispielsweise autonom und drahtlos koordinieren.

Der PDU-Markt

Der Markt für PDUs wird von nationalen und internationalen Playern bespielt – auch der deutsche Mittelstand hat hier noch etwas zu melden. Der weltweite Markt für PDUs für RZ-Racks, die hier in erster Linie behandelt werden, überschritt nach einer Marktstudie von Grandview Research 2016 die Milliarden-Dollar-Grenze. Sein Wachstum in den nächsten sieben Jahren prognostiziert die Studie auf sechs Prozent jährlich.

2025 soll das weltweite Marktvolumen danach 2,04 Milliarden Dollar erreichen. TMR Research geht sogar von einem Wachstum von 7,9 Prozent pro Jahr während dieser Zeitspanne aus. Intelligente PDUs legen dabei zu und sollen bis 2025 die beliebteste Produktkategorie sein. Über das deutsche und europäische Marktvolumen gibt es keine zuverlässigen Angaben.

Wichtige internationale Anbieter sind Cyber Power Systems, APC Corporation, Server Technology, Raritan Inc., Vertiv und Eaton, Schneider Electric sowie hiesige Player wie Daxten und Schleifenbauer. Zudem bieten auch viele Computer- und Rack-Hersteller PDUs an, wobei aber meist unklar bleibt, ob diese aus eigener Fertigung stammen oder zugekauft werden. Oft wird ein Teil der Stromverteilschienen bereits vom Rack-Anbieter in das Rack integriert.

* Ariane Rüdiger ist freie Journalistin und lebt in München.

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