Technik-Rundumschlag zur Susecon 2023 Suse strebt mehr Kundennähe an

Von lic.rer.publ. Ariane Rüdiger Lesedauer: 6 min |

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Auf der „Susecon 2023“ in München stand neben dem ersten großen Auftritt des neuen CEO Dirk-Peter van Leeuwen die Aktualisierung und Erweiterung der Softwarepalette im Mittelpunkt. Mehr Sicherheit war eines der Kernthemen.

Der neue CEO Dirk-Peter van Leeuwen und viele Produktaktualisierungen haben in der varganenen Woche im Mittelpunkt der SUSE-Hausmesse und -Konferenz „Susecon 2023“ in München gestanden.
Der neue CEO Dirk-Peter van Leeuwen und viele Produktaktualisierungen haben in der varganenen Woche im Mittelpunkt der SUSE-Hausmesse und -Konferenz „Susecon 2023“ in München gestanden.
(Bild: Suse Linux/Rüdiger)

Erst acht Wochen ist Dirk-Peter van Leeuwen neuer CEO von Suse Linux. Nun hat er sich in der vergangenen Woche in München den Gästen der Veranstaltung Susecon 2023 präsentiert.

Van Leeuwen betont, er sei in einem Open-Source-Unternehmen genau am richtigen Platz. Wegen der engen Kooperation in der freien Software-Entwicklung sei Open Source heute eine „unaufhaltsame Kraft“ geworden, die viele Probleme der IT löse.

Keine Angst vor AI

Das derzeit allgegenwärtige Thema AI sieht er als neue Chance für „Suse Linux“. Schließlich gehe es um Themen wie Bereitstellung, Skalierung, Sicherheit und Zuverlässigkeit. „Am Ende geht es darum, die Dinge in die Produktion zu bringen“, sagt er. Und dies sei seit jeher Stärken des Open-Source-Players.

Dem schließt sich auch Cheftechnologe und -produktmanager Thomas Di Giacomo an. „In der nächsten Digitalisierungsstufe geht es essentiell um die Mensch-Maschine-Interaktion. Die IT/OT-Grenze fällt, und AI wird strategisch und operativ unverzichtbar. Wir werden damit Probleme lösen, die menschliche Kapazitäten weit überschreiten.“

Umstrukturierung für mehr Kundennähe

Hinsichtlich seiner Ziele betonte van Leeuwen die vom Kunden getriebene Innovation. Da aber gerade der Kontakt zu den Kunden nicht immer befriedigend laufe, will der Manager das Unternehmen reorganisieren. Dazu gehöre eine Aufstockung der kundennahen Personalbereiche. So sollen Suse-Kunden wirksamer bei der digitalen Kooperation unterstützt werden.

Wie zur Bestätigung berichteten drei große Suse-Kunden von ihren Kooperationsprojekten mit dem Anbieter. So clustert SAP laut Boris Mäck, Head of Technology and Architecture von SAPs Cloud-Services seine Applikationen mit „Pacemaker“. Gegen Ransomware hat SAP mit Suse Linux eine 'Confidential-Computing'-Umgebung realisiert. Confidential Computing bedeutet unter anderem, dass auf jeder Plattform verschlüsselte VMs laufen.

Automatische Produktion als Ziel

Andreas Pöschl, bei BMW Head of Edge and Continuous Production, berichtete vom „Rancher“- und „Harvester“-Einsatz an der Edge. Großes Ziel sei es, alle Datensilos aufzubrechen und eine durchgängige Daten- und Verarbeitungskette vom Design bis zum Vertrieb zu schaffen. „Dann bewirken Design-Änderungen sofort auch Änderungen in der Produktion.“

"Ich plane eine Restrukturierung für mehr Kundennähe", sagt der frischgebackene CEO Dirk-Peter van Leeuwen.
"Ich plane eine Restrukturierung für mehr Kundennähe", sagt der frischgebackene CEO Dirk-Peter van Leeuwen.
(Bild: Rüdiger)

AI will BMW in der kameragestützten, direkt an der Produktionskette befindlichen Qualitätssicherung einsetzen. Auch merkwürdige Geräusche werden in Zukunft nicht bei Testfahrten erkannt, sondern beim unbemannten Abrollen vom Produktionsband mit laufendem Motor. „Menschen erzeugen durch Atmen, Hüsteln und anderes Störgeräusche“, erläutert Pöschl. Ziel sei letztlich der automatische Fabrikbetrieb.

Open Source als Kooperationsmotor

Für Orange berichtet Philippe Ensarguet, Vice President Software Engineering, wie der Provider seine Infrastruktur von mehreren herstellerspezifischen Stacks in Richtung einer disaggregierten Open-Source-Welt transformiert. „Dabei geht es um die gesamte Kultur der IT“, betonte er.

Zugleich streicht er heraus, dass die Innovationszyklen derzeit ein solches Tempo aufwiesen , dass es kaum möglich sei, Leitstandards zu erkennen. Deshalb sei permanentes Handeln und Lernen notwendig.

Früher habe man für Innovationen nur komplexe Joint Ventures bilden können. Heute gäbe es dank Open Source bessere Möglichkeiten, Basisinnovationen gemeinsam zu gestalten.

Sylvia: Eine Open-Source-TK-Cloud

Als Beispiel nennt Ensarguet das 2022 gestartete Projekt „Sylva“. Das Ziel: ein Software-Framework für eine Open-Source-basierte Telekom-Cloud.

Daran wirken mehrere große europäische TK-Provider mit, darunter Orange. Nächste Schritte sind Referenzimplementierungen und ein Validierungs-Framework.

IoT-Stiftung für den Mittelstand

Für den Mittelstand hat sich Intel etwas Ähnliches ausgedacht – wohl um zu verhindern, dass es durch Prozessor-Konkurrenten ausgebootet wird. Die in der Schweiz ansässige Industry Fusion Foundation wurde 2022 gegründet. Sie will vorwiegend mittelständischen Kunden, zunächst aus Deutschland, einen einfachen Einstieg in IoT ermöglichen.

Prototyp eines Gateways der von Intel initiierten Industry Fusion Foundation, ab Herbst bei der THomas-Krenn AG erhältlich.
Prototyp eines Gateways der von Intel initiierten Industry Fusion Foundation, ab Herbst bei der THomas-Krenn AG erhältlich.
(Bild: Rüdiger)

Dazu werden beispielsweise kleine IoT-Gateways mit Industry-Fusion-Logo produziert (siehe: Abbildung), die hierzulande die Thomas-Krenn AG anbietet. Die Stiftung soll aber ihre Aktivitäten auf die ganze Welt ausdehnen. Als erstes Betriebssystem wurde Suse Linux für Industry-Fusion-Produkte zertifiziert, was gut zu den Erweiterungen von „Suse Linux Edge 2.0“ passt. Andere Anbieter sollen folgen.

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Suse Edge ist jetzt in Version 2 verfügbar. Wichtigste Neuerung ist, dass die Software um „Akri“ ergänzt wird. Akri ist ein Sandbox-Projekt der CNCF (Cloud Native Computing Foundation) und bindet IoT-Endgeräte, auf denen wegen ihrer Kapazitäten kein Kubernetes laufen kann, in Container-Infrastrukturen ein.

Breitere Plattformunterstützung durch SEL 15 SP5

Natürlich gab es während der Susecon auch Suse-spezifische Neuigkeiten. Die wichtigste ist wohl das neue, wie alle ungeraden eher schmal gehaltene „Service Pack 5“ (SP5) zu „Suse Linux Enterprise Server“ (SLE), Version 15. Die Plattform, die Confidential Computing ermöglicht, unterstützt jetzt diverse neue Hardwareplattformen.

Beispiele sind die 4. Generation des „Xeon Scalable“ auch mit „Intel vRAN Boost“ und die Serie „Xeon CPU Max“ sowie Clients mit Prozessoren der Serien „Alder Lake N“ und „Raptor Lake“. Auch Gastmaschinen in der Cloud und anderswo können jetzt „Intel TDX“ (Trust Domain Extensions) nutzen. Die Funktion isoliert VMs unter anderem vom VMM oder Hypervisor.

Jetzt kommen auch „AMD Genoa“ und die AMD-GPUs „Navi 31“ und „33“ sowie für „AMD SEV“ (Secure Encrypted Virtualisation), „ARMv8-A“ und die Kryptographie-Beschleuniger von „Power10“ mit SLE 15, „SP5“ zurecht.

Weiter hat Suse die Virtualisierungsunterstützung verbessert. Neue Versionen gibt es deswegen für „Qemu“ (4,17), „Xen“ (4.17), „Libvirt“ (9.0.0, optional mit modulare Daemon-Architektur), „Virtmanager“ (4.1.0) und „VMware OpenVM“-Tools (12.5). Bis zu 768 virtuelle „KVM“-CPUs sind möglich.

Mehr Möglichkeiten in der Cloud

Auf „Azure“ können SLE-Anwender jetzt auch die größte Instanz, Azure 416, und auf „Google Cloud“ bis zu 832 vCPUs in sicheren Umgebungen nutzen. Für AWS gibt es einen verbesserten „ENA“-Vernetzungstreiber. Schon seit „SP3“ hinterlegt Suse sämtliche Base Container Images in einem frei verfügbaren, allerdings auch nicht unterstützten BCI-Repository.

Entwickler können sich mit „SP5“ über Stack-Aktualisierungen wichtiger Sprachen und Umgebungen wie Go, Rust, PHP 8.0, Tcl/Tk 8.6.12, Node.js 18 und OpenJDK 17 freuen. Außerdem wurde parallel zur derzeitigen Python-Version ein eigenes Modul mit einem Python-3.11-Interpreter bereitgestellt. Python 3.6 wird während des gesamten SLE-15-Lebenszyklus weiter unterstützt.

Andere SLE-Varianten und -Tools

„SLE 15 for SAP Applikations“ erhält verbesserte Funktionen für Hochverfügbarkeit, einfache Bereitstellung und Sicherheit. Vieles wurde automatisiert, zum Beispiel die Überwachung und das Auffinden von Servern, Cloud-Instanzen, „SAP-HANA“-Datenbanken, „Netweaver“-Anwendungen und Cluster. Sich andeutende HV-Probleme lösen proaktiv Handlungsempfehlungen aus.

„Suse Linux Manager 4.3.6“ unterstützt jetzt mehr als 15 Linux-Distributionen, darunter auch „RHEL“, „Rocky Linux“ und „Alma Linux“. Das Produkt wird on demand über den AWS-Marketplace bereitgestellt.

Weitere Neuerungen betreffen die „Suse Adaptable Linux Platform“ (ALP). für den Betrieb von SLE in Cloud-Umgebungen. Diese Variante ist modularisiert, läuft in Containern und nutzt virtualisierte Workloads. Sie hat Selbstheilungs- und Selbst-Management-Funktionen, um die administrative Last zu verringern.

Neues für die Containerwelt

Hinsichtlich der Containerwelt kommt „Longhorn“, ein CNCF-Inkubatorprojekt mit maßgeblichem Input von Rancher, in Version 1.5. Sie enthält eine erneuerte Storage Engine mit einem innovativen Storage Performance Development Kit. Ziel ist, Applikationen mit Stateful-Daten zu beschleunigen.

Reges Interesse bei der zur Susecon 2023 gehörenden Ausstellung.
Reges Interesse bei der zur Susecon 2023 gehörenden Ausstellung.
(Bild: Rüdiger)

Vor allem Cloud-Native-Umgebungen sollen von Harvester 1.2 profitieren. Ab Juli unterstützt das Produkt Third-Party-Storage durch CSI und sicherheitsoptimierte Betriebssysteme. Für Telcos und Edge-Anwendungen sind die verbesserten, Workload-übergreifenden I/O-Virtalisierungsfunktionen wichtig, um modulare, ressourcenübergreifende Frameworks aufzubauen können.

Rancher und generative AI

Der AI-unterstützte Assistent von Rancher, Suses Container-Orchestrierer, gehört jetzt zum 'Rancher-Prime-Stack'. Er kann nun mit „ChatGPT“ und anderen generativen AI-Werkzeugen umgehen.

„Suse Neuvector“ schließlich, ein Sicherheits-Tool für Container-Umgebungen, kommt in Version 5.2. Man kann damit nun öffentlich zugängliche Vulnerabilities- und Exposure-Datenbanken durchsuchen, NIST-800-53-Reports generieren und die Nutzung über AWS-Marketplace abrechnen, wo das Sicherheitstool ab Juli verfügbar ist.

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