Open Super Q Saarbrücker Physiker koordiniert Bau eines europäischen Quantencomputers

Sebastian Gerstl |

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Das „Quantum Flagship“ ist nach dem „Human Brain Project“ und dem „Graphene Flagship“ das dritte große Forschungsprogramm, mit dem die EU besonders zukunftsweisende Technologien in Europa fördert. In diesem Rahmen schließen sich zehn Partner aus Wissenschaft und Forschung zum Open-Source-Projekt „Open Super Q“ zusammen. Das Ziel: Den ersten Quantencomputer Europas zu bauen.

Das von der Universität des Saarlandes koordinierte Projekt 'OpenSuperQ' ist Teil der 1 Milliarde Euro schweren Flaggschiffinitiative der EU zur Quantentechnologie.
Das von der Universität des Saarlandes koordinierte Projekt 'OpenSuperQ' ist Teil der 1 Milliarde Euro schweren Flaggschiffinitiative der EU zur Quantentechnologie.
(Bild: / CC0)

Zehn Partner aus Wissenschaft und Industrie werden in den kommenden drei Jahren einen europäischen Quantencomputer entwickeln und bauen. Der „OpenSuperQ“ soll vor allem die Simulation von Abläufen in Chemie und Materialwissenschaft sowie das maschinelle Lernen, ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, beschleunigen. Er wird europaweit der erste Quantencomputer auf diesem Level sein und unter vergleichbaren Systemen weltweit führend.

Das Projekt ist Teil des eine Milliarde Euro schweren Flagship-Programms der Europäischen Kommission zur Erforschung von Quantentechnologien. Es wird mit rund 10 Millionen Euro gefördert. Koordiniert wird das Projekt von Frank Wilhelm-Mauch, Professor für Quanten- und Festkörpertheorie an der Universität des Saarlandes. Weitere Partner des Konsortiums sind unter anderem das Forschungszentrum Jülich und die ETH Zürich.

Ein Open-Source-Quantenrechner für alle

Die Erforschung von Quantentechnologien hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. War sie vor einem Jahrzehnt noch vor allem Spielwiese theoretischer Überlegungen, steht sie heute an der Schwelle zum Durchbruch in unseren technologischen Alltag. Mit extrem leistungsfähigen Quantencomputern können zum Beispiel Probleme, die heutige, herkömmliche Supercomputer an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringen, deutlich schneller und effizienter gelöst werden. : Statt die Rechenschritte nacheinander abzuarbeiten, wie ein normaler Computer dies tun muss, können Quantencomputer Rechenoperationen parallel verarbeiten, also ungleich schneller als bisher. Wenn klassische Computer Daten parallel verarbeiten sollen, brauchen sie sehr viele parallele Rechenkerne – ein Quantencomputer erledigt das mit einem einzigen Prozessor.

Ziel des Konsortiums ist es, am Ende des Förderzeitraumes einen funktionsfähigen Quantencomputer mit 100 Quanten- oder Qubits zu haben, der hardwareseitig auf supraleitenden Schaltkreisen basiert und dessen Betriebssystem eine Open-Source-Software sein soll, die also jedem zur Bearbeitung offensteht. „Das ist eines der hervorstechendsten Merkmale von ‚Open Super Q‘. Wir glauben, dass dieser Ansatz vielen Nutzern von Quantentechnologie weltweit nutzen wird“, sagt Professor Frank Wilhelm-Mauch, der das Konsortium von Saarbrücken aus koordiniert.

Forschungslabor in Jülich

Zudem wird am Forschungszentrum Jülich ein dauerhaftes Forschungslabor etabliert, an dem letzten Endes der Quantencomputer stehen wird, zu dem dann ein offener Zugang über die Cloud zur Verfügung gestellt wird. „Dieser Standort wird sicherlich befeuern, dass Ideen aus der Wissenschaft rasch in Anwendungen umgesetzt werden“, ist sich der Physiker mit dem Schwerpunkt auf Quanten- und Festkörpertheorie sicher. Schließlich können Probleme, die einen herkömmlichen Supercomputer in die Knie zwingen, mit einem speziellen Quantencomputer deutlich effizienter und in einem Bruchteil der Rechenzeit gelöst werden.

Der Computer, der vor allem die Simulation von Abläufen in Chemie und Materialwissenschaft sowie das maschinelle Lernen, ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, beschleunigen soll, wird europaweit der erste Quantencomputer auf diesem Level sein und soll unter vergleichbaren Systemen weltweit führend sein.

Das Projekt „Open Super Q“ ist Teil des eine Milliarde Euro schweren Flagship-Programms der Europäischen Kommission zur Erforschung von Quantentechnologien. Die Laufzeit von „Open Super Q“ beträgt drei Jahre. Das Innovations- und Projekt-Management liegt bei der ebenfalls in Saarbrücken ansässigen Eurice European Research and Project Office GmbH.

Manfred Schmitt, Präsident der Universität des Saarlandes, zeigt sich optimistisch: „Das von Professor Mauch koordinierte Forschungsprojekt passt nicht nur hervorragend in den Informatik- und KI-Schwerpunkt am Standort Saarbrücken. Es wird bei erfolgreicher Entwicklung eines Quantencomputers auch die gesamte Wissenschaft enorm beflügeln".

Universitäten und Forschungsinstitute aus ganz Europa

Koordinator des Projekts OpenSuperQ: Frank Wilhelm-Mauch, Professor für Quanten- und Festkörpertheorie an der Universität des Saarlandes.
Koordinator des Projekts OpenSuperQ: Frank Wilhelm-Mauch, Professor für Quanten- und Festkörpertheorie an der Universität des Saarlandes.
(Bild: Universität des Saarlandes/Thorsten Mohr)

Unter der Leitung der Universität Saarbrücken haben sich insgesamt 10 Forschungseinrichtungen und Hochschulen in dem Projekt „Open Super Q“ zusammengefunden. Zu den bereits erwähnten drei Einrichtungen aus Deutschland kommen die schwedischen Institute Chalmers Tekniska Högskola AB und Low Noise Factory AB, die Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich und die Zurich Instruments AG aus der Schweiz, Teknologian Tutkimuskeskus VTT Oy und BlueFors Cryogenics Oy aus Finnland sowie die spanische Universidad del País Vasco hinzu.

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„Die Quantentechnik erschließt neue Horizonte in allen Wissenschaften und wird Zugang zu bisher nicht lösbaren Fragestellungen liefern und kann damit unsere Gesellschaft positiv verändern“, ordnet Prof. Detlef Günther, ETH-Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, die Bedeutung dieses Forschungsgebietes ein. „Umso mehr freuen wir uns, dass die Expertise unserer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in diesem Quantum Flagship der europäischen Kommission gefragt ist“.

Hintergrund zur Quantentechnologie

Zugrundeliegendes Prinzip der Quantentechnologie ist, dass ein Teilchen (zum Beispiel ein Atom, Elektron, Lichtteilchen) zwei Zustände gleichzeitig einnehmen kann. Diese Zustände nennt man auch Überlagerungszustände. Auf die Computertechnologie übertragen bedeutet das, dass die Bits, aus denen eine Information auf einem normalen Computer besteht, die Zustände 1 oder 0 haben können, auf einem Quantencomputer hingegen die Zustände 1 und 0 gleichzeitig, in jeder beliebigen Kombination.

Solche Quantenbits oder Qubits sind die Grundlage eines Quantencomputers. Rechnen kann man beispielsweise mithilfe von Atomen als Speichereinheit, indem man sie mit Laserlicht anregt und ihren Quantenzustand gezielt manipuliert. Eine Rechenoperation kann nun auf beiden Anteilen des Überlagerungszustandes (1 und 0) gleichzeitig oder parallel stattfinden.

Ein Quantencomputer kann in derselben Zeit, in der ein herkömmlicher 32-Bit-Rechner einen seiner 2 hoch 32 möglichen Zustände verarbeitet, parallel alle diese Zustände verarbeiten. Der Quantencomputer rechnet also um ein Vielfaches schneller als ein normaler Computer. Diese hohe Rechenleistung lässt sich allerdings nur für spezielle Probleme ausnutzen, für die Rechenvorschriften (Algorithmen) entwickelt wurden.

Über das Quantum Flagship

Das „Quantum Flagship“ ist 2018 als eines der größten und ambitioniertesten Forschungsinitiativen der Europäischen Union gestartet. Mit einem Budget von einer Milliarde Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren vereint es Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Unternehmen und politische Akteure in einer bis dato noch nie dagewesenen Größenordnung. Hauptziel des Flaggschiffs ist es, die Vorreiterrolle und Exzellenz der europäischen Forschung in diesem Gebiet zu stärken und auszubauen.

Zudem soll die Initiative dazu führen, Quantentechnologien vom Forschungslabor in Alltagstechnik zu übersetzen. Mit über 5.000 beteiligten Forschern aus Wissenschaft und Industrie zielt das Flaggschiff darauf ab, die nächste Generation disruptiver Technologien zu erschaffen, die Europa weltweit als wissensbasierten Industriestandort und Technologieführer positionieren.

Hinweis:Den Artikel haben wir von PartnerportalElektronik Praxisübernommen.

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