Cloud Computing & Virtualisierung Technology Conference 2016 Nur Schnellboote bringen den Fortschritt in die IT
Unternehmen können sich in Zeiten der Digitalisierung der Frage, wie sie ihre IT auf Vordermann bringen und den neuen Anforderungen gerecht machen, kaum noch verschließen. Die Frage heißt nicht „ob“, sondern „wie?“. Und hierfür braucht es gute Ideen und eine handfeste Strategie.
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Dabei können Unternehmen heute verschiedene Wege einschlagen, um mehr Flexibilität, Agilität und Produktivität – so die meist genannten Vorteile – zu erzielen. Nur zwei Beispiele: Hybride Clouds, also die gleichzeitige Nutzung privater bzw. öffentlicher Clouds für bestimmte Anwendungen und Infrastruktur-Services, oder doch lieber eine bimodale IT – auch gerne die IT der zwei Geschwindigkeiten genannt –, wo intern traditionelle IT parallel zu agiler IT läuft. Tobias Geber-Jauch ist Director Alliances NTT Group der e-shelter facility services GmbH und Keynote-Sprecher der „Cloud Computing & Virtualisierung Technology Conference 2016“. Er erklärt im Interview, worauf Unternehmen bei ihrer Cloud-Strategie achten sollten.
Wie beginnen heute große Kundenprojekte, wenn es um das Thema Cloud geht?
Tobias Geber-Jauch: Wenn Kunden ihre bisher eher klassisch betriebene IT auf Cloud umstellen, existieren sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Ganz allgemein stellt der Umstieg auf cloud-basierte Ansätze auch einen Umstieg auf standardisierte Services dar, die vielfältige Veränderungen in der Organisation und Prozessen des Unternehmens nach sich ziehen. Die Grundmotivationen in die Cloud zu gehen sind jedoch sehr unterschiedlich. Das geht von sehr pragmatischen Gründen bis hin zu sehr strategischen Überlegungen. Bei der Auslagerung von standardisierten IT- Services ist es in der Regel eine reine „make or buy“ Entscheidung.
Wo liegen die größten Hindernisse auf diesem Weg?
Tobias Geber-Jauch: Kann die vorhandene IT aufgrund der Unternehmensausrichtung und -dynamik den Anforderungen nicht mehr schnell genug folgen, was immer mehr zum Problem wird, stellt sich die Cloud-Strategie grundsätzlich anders dar. Die neue Geschwindigkeit, mit der man heute Geschäftsmodelle oder das Portfolio verändern muss, gerät immer mehr zu einem großen Problem. Die existierenden IT-Organisationen, Prozesse und Lösungen sind mit diesen Anforderungen schlichtweg überfordert. Je mehr sich Unternehmen konsequent mit disruptiven Geschäftsmodellen auseinandersetzen, umso konsequenter ist die Cloud-Strategie.
Wo müssen Unternehmen in der Regel dann ansetzen oder wo sollten sie am besten anfangen?
Tobias Geber-Jauch: Eine Cloud-Strategie beginnt ganz wesentlich mit einem Zieldesign und der Fragestellung, wieviel Fertigungstiefe in die Cloud verlagert werden soll. Eine bedeutende Frage hierbei ist, wie man die Transformation der angedachten Services in die Cloud bewältigt. Die Transformation von IAAS Services in die Cloud geht in den meisten Fällen problemlos vonstatten und hat im Wesentlichen „nur“ Auswirkungen auf die Prozesse der IT-Abteilungen. Will man vorhandene Unternehmensapplikationen durch Cloud-Lösungen ersetzen hat das Auswirkungen auf das Kerngeschäft und die Kernprozesse des Unternehmens. Zu der Frage „ob“ und „wie“ gesellt sich noch ein „wie schnell“. Der richtige Umgang mit den Transformationsprojekten ist ein Schlüsselelement. Und es ist nicht immer leicht, die richtige Balance zwischen einem gesunden Pragmatismus oder übertriebenen Risikobetrachtungen zu finden.
Hybride Clouds stehen bei Unternehmen hoch im Kurs. Doch auch eine bimodale IT kann in Frage kommen. Beide „Sowohl, als auch“-Konzepte haben aber ihre Vor- und Nachteile. Wo sehen Sie die Priorität? Oder geht es noch ganz anders?
Tobias Geber-Jauch: Beide Modelle stehen meiner Meinung nicht in Konkurrenz, sondern sollten sich ideal ergänzen. Um die Frage nach der richtigen Cloud-Strategie zu beantworten, benötigt man beispielsweise neue Architekturmodelle, muss die bestehenden Referenzarchitekturen ergänzen oder überarbeiten. Und ganz nebenbei muss da noch der bestehende Betrieb gewährleistet werden. Die bimodale IT ergänzt die klassische, linear agierende IT um einen neuen, agilen IT Bereich.
Wie bereits in der Eingangsfrage nach dem „ob“ und dem „wie“ bekommt das „wie schnell“ eine wesentliche Bedeutung. Wie schnell kann ich Innovationen adaptieren und dem Unternehmen zur Verfügung stellen? Die klassische IT Organisationen kann mit den bestehenden Prozessen diese Geschwindigkeit nicht mehr darstellen. Neben diesem „Tanker“, mit all seinen Prozessen benötigt man „Speed-Boats“, um die Digitalisierungsvorhaben schnellstmöglich voranzutreiben. Diese neuen, agilen IT Bereiche sind eine Ergänzung zu den bestehenden Organisationen und kein Ersatz. Sie sind innovationsgetrieben und konzentrieren sich auf die Mehrwerte neuer Lösungen für das Kerngeschäft der Unternehmen.
Und dann gibt es noch Schlagworte wie Software-defined Data Center oder Container-Lösungen. Wie bewerten Sie diese Möglichkeiten, neben hybrider Cloud-Nutzung oder bimodaler IT? Oder ist es am Ende irrelevant für den Kunden, wie es hinter den Kulissen aussieht?
Tobias Geber-Jauch: Die genannten Technologien sind wichtige Bausteine des neuen Cloud-Ökosystems. Sie sind elementar wichtig, wenn man den Aufbau einer privaten Cloud plant. Darüber hinaus gibt es noch andere wie zum Beispiel Openstack. Mit den herkömmlichen Virtualisierungstechnologien kommt man nicht mehr weit. Sowohl auf Infrastruktur als auch auf Applikationsebene muss man sich mit diesen neuen Technologien auseinandersetzen, da sie in jedem Falle Teil der neuen Cloud-Strategie sein sollten.
Egal, ob direkt in Form einer privaten Cloud oder indirekt, wenn der Cloud-Anbieter auf diese Technologien setzt oder diese über APIs unterstützt. Spätestens dann, wenn man klassische Workloads zwischen der Private Cloud und anderen Public-Cloud-Anbietern hinweg managen möchte, stellt sich die Frage nach der Interoperabilität und Managebarkeit. Wenn man also über hybride Cloud-Lösungen nachdenkt sollte man sich im Vorfeld mit diesen Technologien auseinandersetzen um die gewünschten Effekte zu erreichen.
Im Gegenzug dazu sieht man allzu oft, dass eine lieblose 1:1-Transformation der bestehenden Server-Instanzen in die Cloud vorgenommen wird. Das kann ein erster Schritt sein. Ist aber in der Regel viel zu kurz gesprungen.
Die Hybrid-Cloud-Nutzung hat klare Vor-, aber auch deutliche Nachteile. Den Vorteilen flexible Nutzung von Cloud-Ressourcen, deren hohe Skalierbarkeit, Kostensenkung und mehr Kontrolle stehen die Nachteile steigender Komplexität der Cloud-Strukturen, eines höheren Bedarfs an Cloud-Management und mögliche Datenrisiken bei fehlerhafter Umsetzung entgegen. Wie lassen sich solche Nachteile vermeiden?
Tobias Geber-Jauch: Ist die Hybride Cloud wirklich komplexer? Es ist eine andere, neue Art von Komplexität, die hier entsteht. Diese hat nicht zwingend eine höhere Komplexität als die der bestehenden proprietären Systeme, geschweige denn der bestehenden Prozesse und IT-Managementumgebungen zur Folge. Ein Umdenken ist erforderlich!
Gerade in den letzten Jahren hat sich die Komplexität in den bestehenden IT Organisationen dramatisch erhöht, was mit ursächlich für fehlende Flexibilität ist. Sehr viele Standardisierungsprojekte, die eine Industrialisierung der IT-Services zum Ziel hatten, haben nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Viele Anwender und Fachbereiche klagen über das Auseinanderdriften von Business-Anforderungen und Lieferfähigkeiten. Flexibilität und Dynamik bleiben auf der Strecke.
Neue Cloud-Ansätze können helfen, die gewünschte Attraktivität zurück zu erlangen. Das Risiko, an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, kann weitaus höher sein, als die oft diskutieren technischen Risiken. Diese Diskussion findet noch zu selten statt. Was aber auch oft darin begründet ist, dass die IT-Bereiche als reine Lieferanten betrachtet werden und nicht als gleichberechtigter Partner der Fachbereiche auf Augenhöhe. Fachbereiche und die IT Organisationen müssen diesen Dialog offen und konstruktiv führen. Die jeweiligen Vor- und Nachteile können nur gemeinsam bewertet werden.
Geht es um die Cloud-Nutzung in Deutschland, widersprechen sich viele Marktbeobachtungen: Mal liegen wir insgesamt vorne, mal sind die Firmen noch deutlich im Hintertreffen im internationalen Vergleich. Wie sind Ihre Erfahrungen als Praktiker: Wo liegen deutsche Unternehmen bei der Cloud-Nutzung?
Tobias Geber-Jauch: Wie in allen derartigen Studien ist das immer eine Frage der Definition. Nach meinen Erfahrungen sind wir im guten Mittelfeld, wenn es um die Nutzung der Public-Cloud-Angebote geht. Allerdings ist im Moment ein deutlicher Anstieg an Projekten zu verzeichnen, die konsequente Cloud-Ansätze im Focus haben.
Der Anstieg der Projekte, die beispielsweise einem Mix aus Private Cloud, AWS und Azure beinhalten, ist immens. Gerade die großen Cloud-Anbieter haben in den letzten Jahren massiv in den deutschen Markt investiert, um für die hiesigen Kunden attraktiver zu werden und um Antworten auf die wichtige Frage zum Thema Datenschutz zu haben. Aber es müssen nicht immer die Großen sein.
Auch mittlere und kleine Systemhäuser bauen ihr Portfolio nun konsequent in Richtung Cloud aus, um den Nachfragen ihrer Kunden gerecht zu werden. Diese Investitionen würden sie nicht tätigen, wenn das Potenzial nicht erkennbar wäre. Die Zeit des Kokettierens ist definitiv vorbei. Man kann ebenso verzeichnen, dass sich im Ökosystem der Cloud vollkommen neue Unternehmen und Dienstleistungen etablieren. Deutschland ist definitiv in der Cloud angekommen.
Tobias Geber-Jauch verantwortet bei E-Shelter Facility Services GmbH in seiner Rolle als „Director Alliances NTT Group“ die Aktivitäten innerhalb der NTT Gruppe. Ziel hierbei ist es, die Stärken der einzelnen NTT-Töchter in einem innovativen Cloud-Portfolio zusammenzuführen. Er studierte »Technische Kybernetik« in Ilmenau und kann auf eine ausgeprägte Historie in den Bereichen Systemintegration, Outsourcing und Business Development zurückblicken. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung von Delivery- und Cloud-Strategien für das Enterprise-Kundensegment und hier speziell bei Banken, Versicherungen und im Automotive Umfeld. Besonders interessieren ihn neue Lösungsansätze in den Bereichen Internet of Things, Digitalisierung und Big-Data.
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