Im Juli 2015 gründete sich die Firma ICT Facilities. Jetzt stellt sich das Unternehmen vor – mit dem modularen Design-Modell „Prime“ für den standardisierten Rechenzentrumsbau, dem Planungskonzept „Lead“ und dem „ICT Power Tower“, ein RZ auf 10 x 10 Meter Grundfläche mit 30 Metern Höhe - eine Einreichung für den Deutschen Rechenzentrumspreis.
ICT Prime Datacenter PDC steht für vorgefertigte (PRefabricated), innovative (Innovative), modulare (Modular) sowie effiziente (Efficiency) Realisierungsmöglichkeit von Rechenzentren.
(Bild: ICT Facilities)
Nicht selten dauert schon die Vorplanung für ein Rechenzentrum Jahre. Mit Hilfe eines modularen, standardisierten Designs und vorgefertigten Elementen kann sich die Bauzeit wesentlich verkürzen. Darauf bauen die Anbieter von IT-Containern, aber auch IBM mit „Module One“, „CMDC“ und „Eco Cube“ beispielsweise (siehe: „Die Vorteile der Industrialisierung im Rechenzentrumsbau“).
ICT Facilities setzt nun sowohl auf modulare Gebäudetechnik, wie bei einem Fertighaus, als auch bei der Projektierung auf in anderen Bereichen bewährtes Building Information Modeling (BIM) und Lean-Management Prozesse in einer 5D-Darstellung; denn Zeitabläufe und Kosten werden miteinbezogen. Der ICT Power Tower ist dagegen ein vollautomatisiertes und Hochregallagers, das den Anforderungen eines Rechenzentrums entspricht.
Die Überlegungen, die zur Entwicklung dieser Konzepte geführt haben, führt Stephan Lang aus, Mitgründer von ICT Facilities. Rechenzentren seien Infrastrukturelemente mit stark zunehmender, oft auch kritischer Bedeutung. Konsequenterweise unterlägen sie damit kontinuierlich dem Zwang zur Anpassung an die sich ständig ändernden Randbedingungen der IT-Systeme und an Anforderungen wie Hochverfügbarkeit, Sicherheit, Energie-Effizienz und Nachhaltigkeit.
Optimierung gesucht
Wie Verkehrswege und Energieversorgung zählen auch Rechenzentren zu der für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes entscheidenden, oft sogar kritischen Infrastruktur. In Deutschland sind damit laut dem Bitkom-Verband derzeit etwa 250.000 Arbeitsplätze direkt beziehungsweise in Systemhäusern, Baufirmen und bei Dienstleistern verbunden.
„Angesichts dieser Zahlen und der bestehenden internationalen Wettbewerbssituation ist es verständlich, dass die aktuellen Optimierungsbemühungen bezüglich Kosten, Sicherheit, Flexibilität und vor allem Energieverbrauch und Energie-Effizienz auch die Konzeption, Errichtung und den Betrieb von Rechenzentren erfasst haben“, so Lang.
Noch vor wenigen Jahren sind es vor allem statische Parameter wie Standort, Größe und Energiebedarf sowie die Sicherheit eines Rechenzentrums gewesen, welche bei dessen Konzeption, Planung und Errichtung beachtet wurden. Das heutige Umfeld mit vollständiger Digitalisierung – vor allem im Umfeld von Industrie 4.0 rasant wachsenden Datenvolumina, Zunahme mobiler Endgeräte und dem zunehmenden Trend der Auslagerung von Daten in eine private Cloud ergänzen die statischen Parameter um dynamische Kriterien wie Skalierbarkeit, Geschwindigkeit und Flexibilität.
Fertigbau statt Container-Stapel
Mit ICT Prime will ICT Facilities darauf reagieren. Es soll die Grundforderungen der im Kern langfristig ausgerichteten, auf Verfügbarkeit und Sicherheit bedachten Branche berücksichtigen, aber auch die Anforderungen nach Energie-Effizienz und Skalierbarkeit bei gleichzeitig sparsamer Flächennutzung erfüllen.
Denn nach wie vor gilt: Das Gebäude eines Rechenzentrums sollte so sorgfältig angedacht, geplant und errichtet werden, genauso wie sein sensibles für den reibungslosen Ablauf der Geschäftsprozesse entscheidendes IT-Innenleben. Dient es doch langfristig als sichere „Hülle“ für die Server- und Speichereinheiten mit ihren wertvollen Daten und zugleich als funktionsgerecht gestaltetes Umfeld für die darin beschäftigten Personen mit den für das Unternehmen wichtigen Arbeitsprozessen.
Mit einem im Wesentlichen vorgefertigten Gebäudesystem lässt sich diese Forderung erfüllen, ist Lang überzeugt, da hier die Vorteile traditionell errichteter fester Gebäude wie Stabilität oder Brandschutz mit den Argumenten für modulare, stapelbare Einheiten und ihrer Flexibilität und Kosteneffizienz intelligent verbunden würden.
Die Prime-Vorteile
Die im Prime Datacenter eingesetzten Gebäudeteile sind aus extern vorgefertigten Gebäude-Modulen aufgebaut, die flexibel gestaltbare Abmessungen aufweisen. Mit ihrer spezifischen Ausgestaltung und Einrichtung bilden die Module spezialisierte Funktionsräume für die IT-Technik, Kühl- und Lüftungsanlage, Büro- oder Lagerräume sowie Gebäude-Einheiten wie Treppenhäuser und Verbindungsgänge.
Die Vorteile einer solchen Bauweise liegen auf der Hand:
1. Die Ausschreibungsphase entfällt.
2. IT-Ausbau und Rechenzentrumsplanung sind eins.
3. Vorgefertigte Bauteile beschleunigen Aufbau und Montage.
4. Auf der Baustelle reduzieren sich Dreck und Lärm.
Heute folgt auf die Planung des Rechenzentrums zumeist noch eine Ausschreibung. Eventuell werden Baupläne modifiziert, zum Beispiel wenn es zu teuer wird.
Zudem werden in aller Regel IT und RZ-Bau getrennt voneinander geplant. Das führt dann dazu, dass etwa der Supercomputer, den IBM in das Rechenzentrum des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zunächst zerlegt werden musste, weil dieser nicht in den Aufzug passte. Dabei ist das Gebäude neu und besonders nachhaltig gebaut.
Zwar hatten Planer und Architekten an einen Rechnerraum im Keller gedacht, doch der eingebaute Doppelboden war schlichtweg zu schwach, um den Supercomputer zu tragen. An die Kühlung hatte man ebenfalls nur einmal gedacht. Als IBM den Auftrag zur IT-Ausgestaltung bekam, gab es das Gebäude und den Keller bereits.
Maincubes One ist Kunde
Kunden von Prime- und Lead-Kunden von ICT Facilities hingegen setzen sich mit den Planern zusammen und bestimmen, wo Kabelschächte und Stromzuleitungen sein müssen, ordnen vorab Racks und Versorgungsräume sowie Klima-Anlagen ein, bestimmen, wie und wie viele Racks Platz finden. „Es ist alles bedacht und eingeplant, bis auf die Außenanlagen und die Hersteller, die die Ausgestaltung liefern sollen“, sagt Lang.
Dass das funktionieren kann, beweist der Kunde „Maincubes“, der derzeit in Offenbach ein 5.600 Quadratmeter großes Rechenzentrum baut. Das Datacenter soll übrigens nicht sofort als solches erkennbar sein; es fehlen die großen Kühlsysteme auf dem Dach. Vielmehr sind die Chiller in die Wände integriert (siehe: Abbildung 1 und 2). Für die gesamte Planung bis zur Erstellung der Fertigteile benötigten Kunde und ICT Facilities 18 Monate.
Die einzelnen Prime-Module haben eine Breite und Höhe bis zu 4 Metern und eine Länge bis zu 15 Metern. In ihrer Gesamtheit ergeben die einzelnen Module ein komplettes Rechenzentrum mit IT-Flächen, Infrastruktur-Bereichen sowie Büro- und Lagereinheiten und einer Gesamtfläche von beispielsweise 200 bis 1.000 Quadratmeter. Sodann sind die Module bis zu drei Stockwerken stapelbar. Das soll eine flexible, kostengünstige und auch nachträglich zum Tragen kommende Erweiterungsstrategie gewährleisten.
Die Gebäudemodule werden außerhalb der eigentlichen Baustelle in Spezialunternehmen nach einer seit mehr als 20 Jahren bewährten Methode standardisiert – jedoch nach individuellen Vorgaben gebaut – mit der vorgesehenen Technik ausgestattet, mehrfach geprüft und dann vor Ort planmäßig zusammengesetzt und montiert und nach der Abnahme und Übergabe in Betrieb genommen.
5D-Darstellung im Projektverfahren zahlt sich aus
Auch noch in der heutigen Zeit arbeiten viele IT-Chefs und Rechenzentrumsbetreiber nur wenig mit innovativen Prozess-Modellen, wenn es um die Gestaltung und Realisierung einer Erweiterung des bisherigen Rechenzentrums oder gar eines Neubaus geht. Bisher wurden für Planung und Umsetzung konsekutive Abläufe genutzt, d.h. in einer Reihenfolge Entwurf – Planung – Auftrag – Ausschreibung – Umsetzung.
ICT Facilities geht einen anderen Weg. Zu einer bildlichen 3D-Darstellung des Projektes addiert das Unternehmen sowohl eine vierte, zeitliche Dimension als auch eine fünfte, finanzielle Ebene. Damit ergibt sich eine 5D-Sicht auf das Gesamtprojekt.
Das Unternehmen arbeitet zudem bereits in den ersten Projektschritten mit erfahrenen Partnern zusammen. Das hilft, zeitliche Verzögerungen und unerwartete Kostensteigerungen zu vermeiden. Die Kunden sollen die einzelnen Schritte bei der Konzeption, der Planung und Umsetzung des Projektes direkt und ohne Verzug nachvollziehen können.
Zudem ist ihre Mitwirkung bei den zu leistenden Arbeitspaketen unabdingbar. Alle Schritte in diesem Prozess werden somit vorab offengelegt, diskutiert, gemeinsam abgestimmt und in einem für alle Beteiligten verbindlichen Ablaufplan dokumentiert.
Nach dem Prinzip der Leadership Competence Teams arbeiten alle für den einzelnen Arbeitsschritt notwendigen Experten in einer 5D-Matrixorganisation zusammen. Die Zusammensetzung der Teams ändert sich im Lauf des Projektes, je nach Arbeitspaket, mehrfach. Ein Fachmann wird also durchaus in mehreren Leadership Competence Teams mitarbeiten, um so den Erfolg des Gesamtprojektes zu ermöglichen.
Der ICT Power Tower
Mit dem Konzept „ICT Power Tower“ (siehe: Abbildung 5 und 6) hat sich ICT Facilities in diesem Jahr für den Deutschen Rechenzentrumspreis beworben, Kategorie 1 „Visionäre Rechenzentrumsarchitektur“. Nach Darstellung der Unternehmenslenker ist das Konzept jedoch mehr als das.
Der Tower (10x10x30 Meter) ist gedacht für Innenstädte, für Metropolen wo wenig Platz ist und zudem viel kostet. Die grundlegende Idee ist die eines vollautomatisierten Hochregallagers, in dem 50.000 Server-Einheiten Platz finden und Roboter an deren Backplanes heranfahren, um die zu warten oder auszutauschen.
Das Unternehmen schätzt das Potenzial auf 1 Milliarde Euro in den kommenden zehn Jahren. Denn zentrale Netzknoten in den Metropolen sind zunehmend der Standortfaktor neuer Rechenzentren. Also wird der Bedarf nach einem Rechenzentrum mit geringem Footprint - Gebäude und Carbon - steigen. Doch entsprechende Grundstücke sind teuer und rar. ICT Power Tower braucht wenig Platz, ist global einsetzbar und bietet eine Leistung vom mehr als 125 Kilowatt pro Quadratmeter.
Raum, Roboter, Racks
Das wird erreicht durch eine ausgezeichnete Raumnutzung. Um einen Kamin für die Kühlung, der unten und oben mit Ventilatoren bestückt ist, winden sich Regale auf Basis standardisierter Stahlprofile. Es bildet sich ein Endless-Rack- und Server-Stecksysteme. Die Kühlung, unterstützt durch Adibiatik und Kompressoren erlaubt eine hohe Varianz und arbeitet mit vergleichsweise hohen Temperaturen.
Doch durch die Konvektion, den Luftzug, den Kamineffekt lässt sich, so ICT Facilities etwa 20 Prozent Energie sparen, die ansonsten für die Kühlung aufgewendet werden müsste. Zudem sorgt der Kamin quasi immanent im Fall des Falles für die Entrauchung des Gebäudes. Diese Technik nennt der Anbieter „ICT Lead Air“.