Die SAP-Lizenzmodelle Kostenfalle Software-Lizenzen

Autor / Redakteur: Andreas Dumont / Dr. Stefan Riedl

Bei Software und den dazugehörigen Lizenzen lauern etliche Fallstricke, die sich für Unternehmen schnell zu einer signifikanten Kostenfalle ausweiten können. Lizenzrechtliche Probleme gibt es aber auch an ganz anderen Stellen.

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Wer seine Lizenzen im Griff hat, kann viel Geld sparen.
Wer seine Lizenzen im Griff hat, kann viel Geld sparen.
(Bild: © beeboys - stock.adobe.com)

Viele Unternehmen nehmen es mit der Lizenzierung nicht so genau. Die Business Software Alliance (BSA), ein Interessenverband der Software-Hersteller, schätzt den Anteil der unlizenzierten Software in Deutschland auf 20 Prozent aller verwendeten Programme.

Das kann jedoch teuer werden. Mehrere Prozesse an externe Dienstleister zu übertragen, ist inzwischen gängige Praxis. Knifflig wird es allerdings beim Thema Software-Lizenzen. Denn wenn ein Unternehmen Geschäftsprozesse auslagert, übergibt es dem Dienstleister häufig auch die entsprechende Software und begibt sich damit auf ein rechtliches Minenfeld:

Es ist strittig, ob die Übertragung von Lizenzen an Dritte mit dem Urheberrecht vereinbar ist. In manchen Fällen kann es zwar durchaus sein, dass die erworbene Lizenz eine solche Übertragung zulässt, ohne dass erweiterte Nutzungsrechte oder gar neue Lizenzen notwendig sind. Das Urheberrecht greift aber immer dann, wenn der Urheber dadurch potenzielle Kunden verliert.

Falls der Dienstleister nur für den Betrieb der Software zuständig ist und dafür seine IT-Infrastruktur zur Verfügung stellt, ist juristisch alles in Ordnung. Wenn er darüber hinaus bestimmte IT-Prozesse durchführt, beispielsweise die Lagerhaltung, dann sind in der Regel zusätzliche Lizenzen oder das Einräumen erweiterter Nutzungsrechte notwendig. Um Rechtssicherheit zu schaffen, empfiehlt es sich für Unternehmen, das Outsourcing im Lizenzvertrag genau zu regeln.

Selbstauskunft

Jedes Jahr schickt SAP seinen Kunden die „Aufforderung zur Abgabe der Selbstauskunft“. Daraufhin führen die meisten Unternehmen erste Testvermessungen mit den von SAP dafür vorgesehenen Tools durch. Die Ergebnisse führen nicht selten zu unangenehmen Überraschungen: Unerwartet viele User sind in den Systemen angelegt, die zugeordneten Lizenzen entsprechen nicht der tatsächlichen Nutzung.

Bei vielen Unternehmen wird ein User einmal zu Beginn im System angelegt, dann aber nicht mehr aktualisiert. Wenn seine Nutzung sich verändert, ist das nicht hinterlegt und wird bei der Vermessung auch nicht berücksichtigt. Dies erfordert manuelle Anpassungen in den Systemen.

Gelebte Praxis

Aber der durchschnittliche SAP-Kunde hat hunderte User und dutzende verschiedene Systeme. Theoretisch sind also an tausenden Stellen manuelle Anpassungen möglich, um sicherzustellen, dass die Tools die korrekten Daten erfassen. Da aber in der Praxis eine derart umfangreiche Überprüfung und Korrektur nicht zu leisten ist, stellen die meisten Unternehmen die Daten nur in groben Zügen richtig und investieren ihre Zeit vor allem in jene Stellen, von denen sie wissen oder vermuten, dass sie Fehler enthalten.

An SAP werden letztlich Vermessungsergebnisse übermittelt, die halbwegs plausibel erscheinen, aber mit der tatsächlichen Nutzung und dem tatsächlichen Lizenzbedarf nicht übereinstimmen. Das bedeutet in der Regel eine Unter- oder Überlizenzierung – beides zum Nachteil des Unternehmens.

Zugriff von Drittsystemen

Es gibt noch ein weiteres Problem für viele Unternehmen: Mehrere Software-Anbieter, vor allem aber wiederum SAP, stehen wegen Lizenzgebühren für eine indirekte Nutzung ihrer Software in der Kritik. Grundsätzlich orientiert sich das Lizenzmodell von SAP an der Anzahl der User.

Inzwischen greifen jedoch immer mehr Drittsysteme wie Salesforce auf die SAP-Software zu. SAP leitet aus dieser indirekten Nutzung einen Anspruch auf Lizenzgebühren ab. Für die Unternehmen ist das intransparent und rechtlich umstritten.

Aus der Sicht von SAP liegt eine Nutzung dann vor, wenn die Verarbeitungsfunktionen einer Software in Anspruch genommen werden. Aus Lizenzierungssicht gilt also jeder Zugriff auf SAP-Software als Nutzung. Eine indirekte Nutzung liegt dann vor, wenn Personen oder Dinge diese Funktionen verwenden, ohne einen direkten Nutzerzugriff auf das System zu haben.

Humaner und digitaler Zugriff

Im vergangenen Jahr hat SAP sein Lizenzmodell überarbeitet, ohne aber das Problem zu lösen. Das neue Modell unterscheidet nun zwischen einem direkten menschlichen Zugriff, „Human Access“, und einem indirekten „Digital Access“. Letzterer wird nach Transaktionen und Dokumenten lizenziert – anders als der Human Access, der sich nach der Anzahl der menschlichen Nutzer berechnet.

Während also das Lesen einer Adresse im SAP-System nicht lizenziert werden muss, ist das beim Anlegen eines Vertriebsauftrags anders. Wenn im IoT-Umfeld eine Maschine Statusmeldungen an das Zentralsystem schickt, ist dies ebenfalls zunächst nicht lizenzierungspflichtig. Anders sieht es aus, wenn daraus ein Service-Auftrag entsteht.

SAP hat insgesamt neun Dokumenttypen definiert, die im Zuge der indirekten, digitalen Nutzung lizenziert werden müssen. Das neue Modell gilt sowohl für „SAP S/4HANA“ und „SAP S/4HANA Cloud“ als auch für „SAP ERP“.

Die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) hält das Modell für innovativ. Viele Details seien aber noch offen. Unsicherheit und Unzufriedenheiten bleiben, weil auch das neue Modell weder fair noch transparent erscheint. Der Bundesverband der IT-Anwender hat deshalb Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht.

Software-Asset-Management

Die Notbremse zu ziehen und SAP den Rücken zu kehren, kommt dennoch für die wenigsten Unternehmen in Frage. Ihre Geschäftsprozesse und IT-Systeme sind so tief in SAP verwurzelt, dass ein Austausch des ERP-Systems vorübergehend alle Geschäfte zum Stillstand bringen würde. Zusätzlich zum technischen und wirtschaftlichen Lock-in kommen Mitarbeiter, die oftmals so sehr auf die Arbeit mit SAP spezialisiert sind, dass ein Anbieterwechsel einen Großteil ihrer Expertise entwerten würde.

Die Unternehmen müssen sich deshalb mit SAP arrangieren. Wie viele Lizenzen sind vorhanden, und welche Applikationen von Drittanbietern sind im Einsatz, die möglicherweise eine indirekte Nutzung darstellen? Nur Unternehmen, die diese Fragen zuverlässig beantworten, können ihre Lizenzen anpassen und optimieren.

Manuell lässt sich diese Verwaltungsaufgabe in den seltensten Fällen bewältigen. Abhilfe schafft Software-Asset-Management (SAM). SAM-Lösungen liefern alle benötigten Informationen: Administratoren erhalten eine exakte Übersicht, ob die Mitarbeiter noch richtig und ausreichend lizenziert sind. Wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oder bestimmte Anwendungen nicht mehr verwenden, verhindert die Lösung zuverlässig Überkapazitäten.

Gebrauchte Software

Immer mehr Unternehmen greifen auch auf gebrauchte Softwarelizenzen zurück. Im Vergleich zum Neukauf lassen sich damit in der Regel zwischen 20 und 50 Prozent der Kosten sparen. Auch wenn mancher Entscheider vielleicht Bauchschmerzen hat: Der Handel mit Gebrauchtsoftware ist legal und durch richterliche Urteile geregelt.

Es gilt der Erschöpfungsgrundsatz: Wenn eine Softwarelizenz einmal mit Zustimmung des Herstellers verkauft wird, dann ist damit sein alleiniges Verbreitungsrecht mit Ausnahme des Vermietrechts erschöpft.

Damit dieser Grundsatz zum Tragen kommt, muss die Software vom Hersteller oder mit dessen Zustimmung erstmals im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sein. Außerdem muss der Erstkäufer ein dauerhaftes Nutzungsrecht an der Lizenz erhalten haben. Schließlich muss der Verkäufer alle etwaigen Kopien der Software vernichten.

Software-Audit

Grundsätzlich gilt: Wenn ein Unternehmen gebrauchte Softwarelizenzen erwerben oder verkaufen will, sollten die Verantwortlichen immer auf einen seriösen, erfahrenen und kompetenten Händler vertrauen. Dieser prüft die Lieferkette und stellt damit sicher, dass die Lizenz rechtlich einwandfrei ist.

Außerdem bietet er eine Dokumentation, die auch im Falle eines Software-Audits keine Fragen offen lässt. Teilweise übernehmen Händler von gebrauchten Software-Lizenzen auch standardmäßig die Korrespondenz in juristischen Auseinandersetzungen.

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