Nachhaltige Softwarebeschaffung ESG, Green Deal und EU-Datenstrategie befeuern On-Premises-Software

Ein Gastbeitrag von Andreas E. Thyen* Lesedauer: 5 min |

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Die gesellschaftliche Diskussion um den Klimaschutz ist nicht erst seit den medienwirksamen Protestaktionen der Letzten Generation in vollem Gange. Tatsächlich bewegt sich heute etwa im Bau- und Gebäudewesen, dem Automobilsektor und bei den Versorgern schon spürbar mehr. Doch auch im IT-Kontext gewinnt Nachhaltigkeit eine immer größere Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance).

Nur von außen Vintage: gebrauchte Bücher; Gebrauchtsoftware aber trägt keine Gebrauchsspuren, sondern gilt als nachhaltig und up to date.
Nur von außen Vintage: gebrauchte Bücher; Gebrauchtsoftware aber trägt keine Gebrauchsspuren, sondern gilt als nachhaltig und up to date.
(Bild: frei lizenziert: G.C. / Pixabay)

Inhaltlich wird mit ESG eine umfassende Nachhaltigkeit angestrebt, also eine Unternehmenskultur, welche langfristig Erfolg verspricht und über den Klimaschutz hinausgeht. Dennoch ist der ökologische Aspekt („Environment“) das prägende Nachhaltigkeitselement, zu dessen Konkretisierung auf Artikel 9 der Taxonomie-Verordnung zurückgegriffen werden kann.

Definiert sind sechs Umweltziele: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung sowie Bewahrung und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.

Nachhaltigkeit in der IT hat viele Gesichter

Im IT-Zusammenhang geht es nicht nur um den Stromverbrauch von Rechenzentren, sondern auch um die Nachhaltigkeit von Software selbst und deren Wertschöpfungskette. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf so genannte gebrauchte Software und vermeiden unnötige Neu-Anschaffungen sowie den damit verbundenen Ressourcenverbrauch. Dank einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs von 2012 ist dabei der An- und Verkauf von gebrauchter Software im Europäischen Wirtschaftsraum im etablierten freien Handel ohne Einbeziehung des Herstellers möglich.

Insbesondere seit der Corona-Pandemie sind viele Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit gezwungen, ihre Kosten zu senken und IT-Budgets zu optimieren. In diesem Zusammenhang ist die Nachfrage nach gebrauchter Software seit Jahren enorm gestiegen, da diese verglichen mit entsprechenden Neulizenzen deutlich Kosten spart. Durch den Einsatz gebrauchter Software können Unternehmen ihre IT-Infrastruktur weitaus kosteneffizienter gestalten.

Auch der von den Herstellern beförderte und teilweise erfolgte Wechsel auf Abo- und Cloud-Modelle währte nicht lange. Denn infolge von mehreren kräftigen Preiserhöhungen der großen Software-Anbieter wie etwa Microsoft verpuffte der kurzfristig gedachte Kostenvorteil und der Lock-In-Effekt wurde schlagartig spürbar. Nicht zuletzt empfahl die renommierte Strategieberatung Gartner erneut, auf On-Premises-Software, also Perpetual-Lizenzen, anstelle auf solche Abos zu setzen.

Doch nicht nur ökonomische, sondern auch politische und ökologische Faktoren spielen eine Rolle beim Einsatz von gebrauchter Software. So hat die EU-Kommission im Februar 2020 ihre Datenstrategie vorgestellt, die darauf abzielt, Europa zu einem globalen Zentrum für Daten und Datenanalyse zu machen und gleichzeitig die Datenhoheit der Europäischen Union zu stärken. Hierbei spielt auch die faktische Abhängigkeit von Behörden und Unternehmen von einigen wenigen US-Anbietern wie Microsoft eine entscheidende Rolle.

Wo sich ESG und Datenschutz überlappen

Es stellen sich Fragen der digitalen Souveränität, insbesondere des Datenschutzes im Umfeld von Cloud- und Abo-Angeboten. Es geht dabei auch um ethische Aspekte, die zwingend und zuvorderst zu betrachten sind: Wie kann unsere Gesellschaft etwa die Speicherung, Analyse, Verknüpfung und Verarbeitung oder gar den Tausch und Handel von Daten in ethisch und rechtlicher Weise gewährleisten?

Wie kann es ethisch vertretbar sein, dass Vorbildinstitutionen wie Schulen teilweise eine nachlässige Praxis hinsichtlich des Datenschutzes praktizieren und so an die zukünftigen Generationen weitergeben? Kinder wachsen ganz selbstverständlich und in allen möglichen Alltagssituationen mit dem Internet, Künstlicher Intelligenz und Datenräumen auf. Dabei dürfen sie aber auch aufgrund des sozialen Kriteriums von ESG nicht mit diesen komplexen und intransparenten Vorgängen allein gelassen werden. Es gilt, sie frühzeitig über Risiken aufzuklären und nicht die resignative Abhängigkeit vorzuleben, wie es leider viel zu häufig sogar institutionell zu konstatieren ist.

Durch den Einsatz gebrauchter Software können Unternehmen und Behörden ihre digitale Souveränität stärken und Unabhängigkeit von externen Dienstleistern zurückgewinnen. Denn durch den Verzicht auf Neuanschaffungen wird auch der Ressourcenverbrauch reduziert und die Umwelt geschont. Darüber hinaus behalten sie Hoheit über ihre Daten und bauen damit verbundene Risiken ab.

Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit unter einen Hut bringen

Soll dennoch auf Cloud-Infrastruktur Dritter gesetzt werden, hilft die zunehmende Etablierung von Bring-your-own-License-Modellen. Hier lassen sich Perpetual-Lizenzen beim Cloud-Anbieter der Wahl flexibel einsetzen und damit die Risiken der Abhängigkeit zumindest streuen. Zur Förderung solcher Modelle hat sich selbst Microsoft kürzlich explizit bereit erklärt.

Auch der Green-Deal der EU-Kommission wirkt sich auf die IT-Branche aus. Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. In diesem Kontext wird auch der Einsatz von gebrauchter Software als nachhaltige Alternative zu neuen Lizenzen und Cloud-Services immer wichtiger; denn durch den Verzicht auf Neuanschaffungen wird nicht nur der Ressourcenverbrauch reduziert und die Umwelt geschont.

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Gebrauchtsoftware ermöglicht es zudem, ältere IT-Hardware weiterzuverwenden und deren Lebensdauer deutlich zu verlängern. Dadurch trägt der Einsatz gebrauchter Software auch zu sozialen Gesichtspunkten bei, indem er neue Arbeitsplätze in der Recycling- und Wertschöpfungskette fördert.

Ein weiterer Vorteil von gebrauchter Software ist die Möglichkeit, ältere Softwareversionen bedarfsgemäß zu nutzen, die nicht mehr von den Herstellern verkauft werden. Viele Unternehmen und Behörden sind aufgrund interner Geschäftsprozesse und Fachanwendungen auf ältere Softwareversionen angewiesen. Mithilfe gebrauchter Software können Unternehmen und Behörden diese älteren Versionen weiter nutzen, ohne dabei Sicherheit oder Compliance zu gefährden.

Gebrauchte Software als Wegbereiter für nachhaltige IT

Insgesamt bietet der Gebrauchtsoftware viele Vorteile, sowohl aus ökonomischer als auch aus politischer, sozialer und ökologischer Sicht. Insbesondere im Hinblick auf ESG-Kriterien, den Green-Deal und die EU-Datenstrategie wird der Einsatz von gebrauchter Software daher immer wichtiger, um Ressourcen zu schonen und die digitale Souveränität zu stärken.

ESG ist das vorherrschende Thema der nächsten Jahre. Umso erfreulicher, dass gebrauchte Software hier einen deutlichen und messbaren Betrag leisten kann. Die diesjährigen extensiven Preiserhöhungen bei Abo- und Cloud-Modellen gepaart mit nicht enden wollenden Datenschutzbedenken sollten aufrütteln und zu einer Anpassung von IT-Strategien zugunsten einer höheren Resilienz führen. Am Ende überwiegt jedoch die Zuversicht, dass die Trendumkehr von Abo hin zu innovativen hybriden Modellen wie Bring-Your-Own-License im Interesse der Kunden weiter Fahrt aufnimmt und letztlich gelingen wird.

Der Autor
Über den Autor
Diplom Volkswirt Andreas E. Thyen studierte in Hamburg Wirtschafts-, Rechtwissenschaften und Soziologie sowie Internationale Wirtschaftsbeziehungen und Sozialökonomie. Seit über 20 Jahren berät Thyen zu zahlreichen Planungs-, Prozess und Management-Themen u.a. bei einer internationalen Unternehmensberatung und publizierte vielfach in diesem Kontext.
Heute zeichnet Thyen sich verantwortlich als Präsident des Verwaltungsrats der Lizenz Direkt AG. Hierbei schöpft er von seinem Erfahrungsschatz aus knapp 20 Jahren in führenden Positionen auf dem Gebrauchtsoftware-Markt. Mittlerweile gilt Thyen hier als Branchenvertreter und leidenschaftlicher Fürsprecher und Vordenker. Er unterstützt Unternehmen und Behörden dabei, wie von diesem europäischen Juwel profitiert werden kann.
Weit über die rechtlichen Grundlagen dieses Marktes hinaus vermittelt Thyen routiniert, engagiert und mit Weitsicht die Tragweite damit verbundener wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aspekte und Interessen. Infolgedessen ist Thyen seit Jahren ein sehr gefragter Interviewpartner für Medien im gesamten DACH-Raum und publiziert regelmäßig zu Themen im digital-gesellschaftspolitischen und -wirtschaftlichen Kontext.
Thyen sponsert und engagiert sich überdies in diversen schulischen, sozialen und sportlichen Projekten für Kinder.

Bildquelle: Lizent Direkt

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