Mindsquare hat den Migrationstest Eine Matrix leitet Unter­nehmen zum passenden SAP-Betriebsmodell

Von Jürgen Frisch Lesedauer: 5 min |

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Die Migration auf „SAP S/4 HANA“ steht vielerorts bald an, und damit stellt sich die Frage nach dem Betriebsmodell. Der Bielefelder SAP-Dienstleister Mindsquare hat einen strukturierten Test erarbeitet, mit dem Unternehmen herausfinden, ob für sie die Cloud oder ein Inhouse-System besser passt.

Im Podcast und im Artikel erörtern SAP-Berater Ingo Biermann von Mindsquare und Autor Jürgen Frisch, wie sich mithilfe einer Matrix das jeweils richtige SAP-Betriebsmodell für ein Unternehmen finden lässt.
Im Podcast und im Artikel erörtern SAP-Berater Ingo Biermann von Mindsquare und Autor Jürgen Frisch, wie sich mithilfe einer Matrix das jeweils richtige SAP-Betriebsmodell für ein Unternehmen finden lässt.
(Bild: frei lizenziert: Gerd Altmann / Pixabay)

2027 endet die Standardwartung für „SAP ERP“ und die „Business Suite“. Danach müssen SAP-Kunden entweder die Nachfolgelösung SAP S/4 HANA nutzen oder auf die teure „Extended Maintenance“ wechseln.

Weil das nur drei Jahre lang möglich ist, steht die SAP-Migration vielerorts weit oben. Bei diesem Umbau werden nicht nur die Geschäftsprozesse hinterfragt und optimiert, sondern auch das Betriebsmodell. Dabei gerät der Cloud-Betrieb in den Blick, ebenso das Angebot „RISE with SAP“, mit dem die SAP den Umstieg unterstützt.

Damit Unternehmen jenseits aller Marketingbegriffe die für sie am besten passende Betriebsvariante finden, hat der Bielefelder IT-Dienstleister Mindsquare AG im Bereich S/4 HANA und SAP Entwicklung einen strukturierten Test erarbeitet. An erster Stelle der Entscheidungsmatrix steht die IT-Strategie des Unternehmens.

„Bei der Individualisierung trennt sich die Spreu vom Weizen“, erläutert Ingo Biermann, SAP-Berater des IT-Dienstleisters mindsquare. „SAP-Bestandkunden haben oft jede Menge Individualisierungen im Einsatz und tendieren allein deshalb nicht übermäßig in Richtung Public Cloud. S/4HANA-Neueinsteiger bringen hingegen keine Individualisierungshistorie mit und entscheiden sich daher öfter für die public Cloud.“
„Bei der Individualisierung trennt sich die Spreu vom Weizen“, erläutert Ingo Biermann, SAP-Berater des IT-Dienstleisters mindsquare. „SAP-Bestandkunden haben oft jede Menge Individualisierungen im Einsatz und tendieren allein deshalb nicht übermäßig in Richtung Public Cloud. S/4HANA-Neueinsteiger bringen hingegen keine Individualisierungshistorie mit und entscheiden sich daher öfter für die public Cloud.“
(Bild: Mindsquare)

„Ein Unternehmen könnte beispielsweise sagen, dass grundsätzlich Software as a Service-Lösungen zum Einsatz kommen, außer es sprechen Sicherheitsbedenken oder rechtliche Einschränkungen dagegen“, formuliert Mindsquare-Berater Ingo Biermann ein Beispiel einer solchen Strategie. Wendet man diese auf die SAP-Landschaft an, muss der Kriterienkatalog angepasst und erweitert werden.

Cloud-Elemente ergänzen die IT-Strategie

Als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Cloud-Migration sollten sich die Unternehmen zunächst mit grundlegenden Cloud-Begriffen wie Infrastructure as a Service, Software as a Service und Platform as a Service vertraut machen. Infrastructure as a Service betrifft Server und Storage in der Cloud, wie sie beispielsweise Amazon oder Microsoft anbieten. Bei Software as a Service wird eine Applikation als Dienstleistung angeboten. „Google Mail“ ist ein Beispiel dafür, ebenso eine Cloud-basierte Reisekostenabrechnung oder Personalverwaltung.

Platform as a Service ist eine Programmier- und Entwicklungsumgebung, mit der man Geschäftsprozesse gestaltet. Bei SAP ist dies die „Business Technologieplattform“ (BTP) mit Bausteinen wie einem Datenbankservice einem Sicherheitsservice einem Rollenmodell und einem „Fiori Launchpad“. Fiori ist das aktuelle User-Interface der SAP. Die im Launchpad als Kacheln angeordneten Fiori-Apps sollen sich genauso intuitiv bedienen lassen, wie es die Anwender vom Smartphone gewohnt sind.

Nachdem die Grundbegriffe geklärt sind, folgt ein Blick auf die verschiedenen Varianten von SAP S/4 HANA in der Cloud: „SAP S/4 HANA Cloud“ ist die Public-Cloud-Variante des SAP-ERP-Nachfolgers. „SAP S/4 HANA Private Cloud“ beinhaltet ein individuelles SAP-System, das bei einem Hosting-Partner läuft. Es unterscheidet sich funktional nicht von der On-Premises-Version von SAP S/4 HANA. RISE with SAP wiederum ist das 2021 eingeführte Dienstleistungspaket der SAP, das Unternehmen die Transformation und die Migration auf S/4 HANA erleichtern soll.

Die Grundfrage: Software as a Service oder On-Premise Style

Die grundlegende Frage in einem Migrationsprojekts lautet: ‚Software as a Service oder On-Premises-Style?‘ Eine SAP-Lösung in der Public Cloud arbeitet sehr nahe am Standard und lässt sich nur eingeschränkt individuell anpassen. Unternehmen, die sich darauf einlassen, sollten prüfen, ob sie damit klarkommen, und ob ihnen der dort angebotene Funktionsumfang ausreicht.

„Bei der Individualisierung trennt sich die Spreu vom Weizen“, erläutert Biermann. „SAP-Bestandkunden haben oft jede Menge Individualisierungen im Einsatz und tendieren allein deshalb nicht übermäßig in Richtung Public Cloud. S/4 HANA-Neueinsteiger bringen hingegen keine Individualisierungshistorie mit und entscheiden sich daher öfter für die public Cloud.“

Da sich ein standardisiertes SAP-System einfacher und kostengünstiger warten lässt, fahren manche Unternehmen im Rahmen der S/4 HANA-Migration ihre Individualisierungen auf ein Minimum zurück und sind dann laut Biermann „funktional von einer Public-Cloud-Lösung nicht mehr weit entfernt“.

Ein Inhouse-Rechenzentrum braucht Expertise und Fachpersonal

‚Eigenes Rechenzentrum oder Hosting-Dienstleister‘ lautet die nächste Frage, wenn Unternehmen sich gegen die Public Cloud entschieden haben. Der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums ergibt sich oftmals aus der IT-Strategie: „Wenn ein Unternehmen genug Expertise und Fachpersonal hat, um ein Rechenzentrum wirtschaftlich zu betreiben, und wenn es dabei Synergieeffekte heben kann, dann spricht nichts dagegen, SAP S/4 HANA im eigenen Haus zu betreiben“, erläutert Biermann. Wo dies nicht möglich oder gewünscht ist, läuft ein individualisiertes SAP-System bei einem Hosting-Dienstleister.

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‚Kauflizenz oder Subscription-Modell‘ lautet die nächste Entscheidung. Geht ein Unternehmen mit SAP S/4 HANA in die Public Cloud oder in die Private Cloud, dann gilt dort das Subscription-Modell, das pro User und Monat abgerechnet wird. Bei den User-Typen gibt es mehrere Abstufungen vom Professional-User, der alles kann, bis hin zu Usern mit geringeren Möglichkeiten, die auch deutlich weniger kosten. SAP-Bestandskunden haben üblicherweise Kauflizenzen, für die sie Wartung bezahlen.

Vor einem Umstieg in die Cloud verhandeln sie mit SAP einen Übergang auf das neue Lizenzmodell. Im Rahmen von RISE with SAP erhalten sie einen Vertrag, dessen Abrechnungsmetrik sich an der Zahl der Nutzer orientiert.

Application Management ergänzt Rise with SAP

‚Wie hoch soll die Schöpfungshöhe im Service sein?‘ lautet die abschließende Frage. Unternehmen entscheiden hier darüber, ob ihnen die im Rahmen von RISE with SAP angebotenen Dienstleistungen ausreichen, oder ob sie mit einem SAP-Partner einen zusätzlichen Application Management Service vereinbaren. „Die Dienstleistungen im Rahmen von RISE with SAP umfassen lediglich einen Teil des gesamten SAP-Stacks und reichen von der Infrastruktur über das Betriebssystem über die HANA -Datenbank bis hin zur SAP-Basis“, erläutert Biermann.

„Unternehmen sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie bei diesem Angebot Themen wie Integration, Berechtigungs-Management, Weiterentwicklung und Support künftig entweder mit eigenen SAP-Fachkräften abbilden, oder dass sie andernfalls einen SAP-Dienstleister mit einem Application Management Service beauftragen“, so der Berater weiter. Die Vielfalt der Angebote ist hier sehr groß und reicht vom Second Level Support bis zur individuellen proaktiven Betreuung.

Im Podcast #12 der DataCenter Diaries „Eine Matrix für das passende SAP-Betriebsmodell“ führt Autor Jürgen Frisch mit Ingo Biermann, SAP-Berater des IT-Dienstleisters Mindsquare, das Gespräch, das zu diesem Artikel geführt hat.

Anhand der beschriebenen Matrix lassen sich zwei Gegenpole formulieren: Unternehmen, für die ein Cloud-Szenario sehr gut passt und solche, die mit einem individuellen System im eigenen Rechenzentrum oder bei einem Hosting-Dienstleister besser bedient sind: „Wenn in einem Unternehmen das Cloud-Mindset entweder schon besteht oder gerade aufgebaut wird, und wenn die Entscheider nach Abwägung der genannten Fragen zum Schluss kommen, dass der Betrieb von IT-Systemen nicht zu ihren Kernkompetenzen gehört und sie sich lieber auf ihr eigentliches Business konzentrieren wollen, dann ist die Grundlage für den erfolgreichen Cloud-Betrieb der SAP-Landschaft geschaffen“, erläutert Biermann. „Betrachten Unternehmen hingegen ihr individualisiertes SAP-System als Wettbewerbsvorteil, dann dürfte es die richtige Entscheidung sein, SAP S/4 HANA künftig im eigenen Rechenzentrum oder bei einem Hosting-Dienstleister zu betreiben.“

Hybride SAP-Landschaften wird es noch lange geben

Aktuell gehen laut der jüngsten DSAG-Umfrage die meisten SAP-Anwender genau diesen Weg und ergänzen ihr System funktional um Cloud-Services wie beispielsweise Rechnungswesen, Personalverwaltung oder Logistik. SAPs oberster Verkäufer Scott Russell hat jüngst erklärt, dass es für ihn nicht die Frage ist, ob seine Kunden den Sprung in die Cloud wagen, sondern nur, wann dies passiert.

Biermann stimmt dieser Einschätzung prinzipiell zu, geht aber davon aus, dass das dauert: „Wenn wir uns in einigen Jahren über dieses Thema unterhalten, dann hat sich sicher ein großer Teil des IT-Betriebs in die Cloud verlagert. Gut eingespielte Inhouse-Systeme haben allerdings ein hohes Beharrungsvermögen, und daher dürften sich hybride SAP-Landschaften noch eine ganze Zeit lang halten.“

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