Crisp-Analyst bespricht Verse E-Mail-Client von IBM ruft Begeisterung hervor

Autor / Redakteur: Joachim Haydecker / Ulrike Ostler |

Interessierte wussten es: IBM ICS wird 2014 mit der Produktvorstellung einen großen Satz nach vorne machen. Aber dieser Sprung mit „Verse“ ist dann doch sehr viel größerer geworden als vermutet. Hochachtung! Worum geht es eigentlich? Um nichts mehr oder weniger als einen neuen E-Mail Client.

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Crisp: "Schon häufig für tot erklärt ist die e-Mail immer noch das zentrale Medium der Kommunikation und des Projekt-Managements in Unternehmen."
Crisp: "Schon häufig für tot erklärt ist die e-Mail immer noch das zentrale Medium der Kommunikation und des Projekt-Managements in Unternehmen."
(Bild: © Gajus - Fotolia)

Dachte man über einen langen Zeitraum, dass es beim Thema E-Mail eigentlich keine wirklichen Neuerungen geben kann, zeigt IBM, dass es doch noch viel zu verbessern gibt. Aber warum ausgerechnet die E-Mail? Die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach: Trotz aller Bemühungen neue Formen der Zusammenarbeit oder alternative Aufgaben- und der Terminverwaltungen zu etablieren, ist E-Mail nach wie vor das Kommunikationswerkzeug Nummer 1 in Unternehmen.

Anwender kommunizieren damit ohne Schranken und Hürden mit Partnern innerhalb und außerhalb des Unternehmens, Dateien werden damit verwaltet und es ist das mit Abstand größter Wissensarchiv. Von weiteren Einsatzszenarien wie Projekt-Management und Customer Relationship Management (CRM) möchte man am liebsten nicht sprechen, aber die Realität ist oftmals so.

Ein sehr wichtiger Vorteil – trotz aller Probleme – der E-Mail ist, dass jeder Anwender mit seinem persönlichen E-Mail-Client arbeitet und diesen kennt. Im Gegensatz dazu haben alle anderen Tools, wie die Social Plattformen, jeweils ihre eigene Oberfläche, ihren eigenen Zugang und ihre eigenen Regeln (die es zu erlernen gilt).

IBM investiert in die E-Mail-Entwicklung

IBM traf vor über einem Jahr die Entscheidung, neben seiner Social Business Plattform wieder viel Geld in die bis dahin zurückgedrängte, fast vergessene E-Mail zu investieren. Um die E-Mail tatsächlich wieder nach vorne zu bringen, greifen die Entwickler tief in die eigene Trickkiste und ergänzen die neue Mail-Anwendung mit den bewährten Entwicklungen aus dem eigenen Haus: Analytics mit Watson, Social Business mit Connections und mehr.

Dass IBM Analytics und Social kann, ist weitestgehend bekannt. Dass der Konzern nun aber bei der User Experience im Browser und Mobil nicht nur aufgeholt sondern die Mitbewerber überholt haben, ist sehr bemerkenswert. Die hohen Investitionen in die neuen Design-Zentren von IBM in Texas, und seit kurzem auch in Deutschland, und die Kooperation mit Apple haben beziehungsweise werden sich auszahlen.

IBM integriert auf der vollständig neu entwickelten Oberfläche von der E-Mail über Kalender und Aufgaben bis hin zu Meetings, Filesharing, Instant-Messaging, Video-Chats und Socia- Network-Komponenten. Dabei bleibt der Arbeitsplatz immer sehr aufgeräumt und übersichtlich. Die Designer schaffen es sehr elegant, dem Anwender weitestgehend nur die Informationen und Funktionen zur Verfügung zu stellen, die für die aktuelle Aufgabe benötigt werden.

Social Media ist nicht alles

Jeff Schick zeigt in seiner Live-Demo wie sich die Suche verändert hat. Anwender erhalten vom System unterstützt alle wichtigen Informationen, zum Beispiel zu einer Person, mit der man gerade an einem gemeinsamen Thema arbeitet. Mit der additiven Suche, von IBM „facetted search” genannt, und der vom System analysierten Mailbox erhält der Benutzer schrittweise alle relevanten Beiträge aus Mail, aus Chat, einem anderen Beitrag oder einer angehängten Datei.

Jedes Suchelement enthält ein kleines „x”, so dass der Anwender bei der Suche nach relevanten Informationen sehr schnell(!) wieder einen Schritt zurück oder in eine andere Richtung gehen kann. Bei der Arbeit mit den gefundenen Inhalten erhält der Anwender nun alle Möglichkeiten die aktuelle Browser bieten und in Consumer-Produkten schon lange etabliert sind.

Dateien können nun einfach per Drag ‘n Drop in die Mail kopiert werden, Mouse-over-Effekte stehen nun den Anforderungen entsprechen zur Verfügung und angehängte Inhalte werden nun im Browser dargestellt und müssen nicht mehr heruntergeladen werden. Wer das heutzutage als etwas Selbstverständliches ansieht, hat sicherlich Recht. Aber in den nach wie vor gängigen Unternehmensanwendungen jeglicher Couleur ist man davon oftmals noch weit entfernt.

Lernen aus bekannten User-Fehlern

Weiterhin haben die Entwickler das Klickverhalten der Anwender analysiert. Einige kleine Beispiele in der Demo zeigen, womit wir uns schon viel zu lange rumplagen, ohne es eigentlich zu bemerken. Wer ausversehen auf „Antworten an alle” geklickt hat, muss die Namen von Hand entfernen. Bei Verse reicht ein Klick auf „Antworten” und alle Namen sind entfernt und nur der ursprüngliche Absender bleibt stehen.

Oder der Anwender bemerkt, dass die Mail immer weitere Kreise zieht und die Kommunikation ineffizient wird. In diesem Moment erstellt dieser einfach einen Blog-Beitrag und verschiebt den Inhalt und die anschließende Kommunikation dorthin. Auch verbinden die Entwickler die Mail mit einer Aufgabe, die man zu einem späteren Zeitpunkt erledigen kann. So gerät nicht aus dem Sinn, dass man den Kollegen am Ende der Woche noch eine Information zukommen lassen muss.

Es hört sich erst Mal alles im Einzelnen nicht weltbewegend an, schließlich reden wir hier nur über einen E-Mail Client. Aber wenn man diese vielen vermeintlichen einfachen Hilfen gepaart mit dem neuen Layout und den analytischen Fähigkeiten des Systems in der Summe sieht, zeigt IBM einen E-Mail Client, der tatsächlich revolutionär ist. Man darf dabei nicht vergessen, dass das darunterliegende Backend-System weiterhin der Domino-Server ist und Unternehmen somit nahtlos die neue Anwendung zu der bestehenden Installation – sprich Investitionen – hinzufügen können.

Der IBM Mail Client

Etwas aufwendig und für den Anwender komplex zu programmieren ist einfach, „Notes“-User wissen davon ein Lied zu singen. Aber einfach und pfiffig ist eine viele größere Herausforderung und IBM hat sie bewältigt. Da wir alle täglich viel Zeit mit E-Mails verbringen, wird sich dieser Aufwand lohnen.

IBM wird aller Voraussicht nach nicht nur die Software erneuern, sondern auch in anderen Bereichen neue Wege gehen. Es wird neue Bezahlmodelle geben und auch bei der Werbung wird es neue Angebote geben. IBM hat es mit der bisherigen Form der Werbung vermieden, dass man über die eigenen Produkte spricht. Daran wird sich etwas ändern.

Auch bei der Bereitstellung der Software geht IBM einen neuen Weg. Ab sofort steht Verse ausgewählten Kunden in der Cloud auf ihrer eigenen „Softlayer“-Infrastruktur zur Verfügung. Im neuen Jahr wird es dann allen Kunden in der Cloud zur Verfügung gestellt. Die IBM Entwickler können so sehr schnell Anpassungen am System vornehmen. Sobald ein bestimmter Reifegrad erreicht ist, werden dann – sicherlich vor allem in Deutschland sehnsüchtig erwartet – im Laufe des nächsten Jahres dann On-Premise-Versionen zur Verfügung gestellt.

* Joachim Haydecker ist Senior Analyst bei Crisp Research.

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