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60 Jahre Tape - k(l)eine Gedenkrede, Teil 2 Der Markt begrüßte den LTO-Standard
Die rasche Konzentration des Tape-Markts auf die Produkte einer Herstellergruppe war so nicht vorhersehbar. Zuvor waren viele Versuche gescheitert sich auf einige wenige Datenaustauschformate zu einigen. Die LTO-Allianz setzte den Grabstein für viele Tape-Protagonisten.
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Die Einführung von LTO als erste standardisierte Magnetbandtechnik durch die Firmen IBM, HP und Seagate im Jahr 2000 brachte Sony schnell zur Aufkündigung der eigenen robusten AIT-Technik . Andere Hersteller wie Exabyte mit dem VXA- oder Tandberg mit dem SLR-Format gingen sang- und klanglos unter.
Nur Quantum versuchte sich gegen den neuen Mainstream zu stemmen, musste zum Schluss aber das eigene etablierte Super-DLT-Format aufgeben und zur übermächtigen Konkurrenz überlaufen. Quantum erwarb von Seagate die LTO-Lizenz.
Im Einstiegssegment hielt sich Sonys und HPs DAT-Format wacker und sattelt auf die mehrfach abgekündigte Technik immer wieder eine neue Generation drauf, bis ihr die USB-Festplatten größere Marktsegmente bei der Datensicherung streitig machten.
Half Inch und die Entstehung von LTO
Das ursprüngliche Reel-to-Reel-Band entwickelte sich zu einem Standardformat mit einer Breite von einem halben Zoll (1/2-Inch). Dieser folgten zahlreiche Nachfolger, die bis in die heutige Zeit in der IBM-Grossrechnerwelt überleben.
Noch heute offeriert IBM mit dem Format 3592 (Jaguar) Ahnen der Rollentechnik auf Basis von einem halben Zoll, bei denen die Spulen jedoch nicht mehr frei liegen, sondern in einer Bandkassette residieren. Natürlich kann die heutige Technik nicht mit damals verglichen werden.
Neben IBM kamen auch andere Hersteller auf die Idee, das auf eine einzelne Spule gewickelte Band in einer schützenden Kassette (Cartridge) unterzubringen. Beim Betrieb zieht das Bandlaufwerk das Band aus der Kassette und wickelt es auf eine interne Spule um.
Linear Tape Open
Wie der Name schon andeutet, sollte LTO als offener Standard dem Quantum-proprietären DLT von Anfang an Konkurrenz machen und ein entsprechendes Gegengewicht darstellen. Initiatoren von LTO und die sogenannten „Technology Provider Companies“ sind HP, Seagate und IBM.
Die Spezifikationen von LTO wurden 1997 und 1998 entwickelt, um als erster Bandtechnologie-Standard auf den Markt zu kommen, um den damals herrschenden Wildwuchs an unterschiedlichen Technologien und Medien zu stoppen.
LTO ist sowohl von der Technologie als auch vom Medium her ein offizieller ISO-Standard mit entsprechender ECMA-Nummer, der definiert wie beliebige LTO-Medien zu gestalten sind, damit sie auf jedem herstellerspezifischen LTO-Laufwerk funktionsfähig sind.
Heute haben über 30 Firmen die Fertigungslizenzen von der LTO erworben. Hinzu kommen zusätzlich die OEM-Abkommen, die die ersten Entwicklungsfirmen IBM, HP und Seagate eingegangen sind.
Die Flächendichte lässt sich noch erheblich steigern
Bei der Aufzeichnungstechnik entschied man sich auf Grund der hohen Zuverlässigkeit für die IBM Magstar Lineare-Serpentinen-Aufzeichnung, die die technische Basis für LTO-1 (2000) und LTO-2 (2002) bildete. Bei LTO-1 wird das Band bei einer Datenrate von 15 MByte pro Sekunde bei 384 Spuren vorangetrieben und hat eine Kapazität von 100 GByte (LTO 1 im Jahr 2000); LTO-2 arbeitet mit 35 MByte pro Sekunde bei 512 Spuren und besitzt eine Kapazität von 200 GByte.
LTO arbeitet mit linearen Spursets. Erst wird ein Spurset vom Bandanfang bis zum Bandende erzeugt, dann ein weiteres versetzt vom Bandende bis zum Bandanfang. Das wiederholt sich solange Spuren zur Verfügung stehen.
Bei den hohen Spudichten war es notwendig, eine möglichst exakte Führung der Schreib-/Leseelemente sicher zu stellen. An dieser Feinführung wird bei jeder neuen Generation intensiv gearbeitet, da hier der Schlüssel für eine höhere Flächendichte liegt.
Das führte im Jahr 2004 zu LTO-3 mit einer Datenrate von 80 MByte/s und einer Kapazität von 400 GByte, im Jahr 2007 zu LTO-4 mit 120 MByte/s und 800 GByte. Und 2010 dann zur aktuellen Generation LTO-5 mit 140 MByte/s und 1,5 Terabyte Kapazität auf der Kassette (alle Angaben native ohne Kompression).
Die LTO-Laufwerke sind rückwartskompatibel wie es der ECMA-Standard verlangt. Ein Beispiel: LTO-5-Laufwerke können LTO-4 Kassetten lesen und beschreiben und auch LTO-3-Kassetten können gelesen werden.
Für Farbenblinde geeignet
Der festgelegte ISO-Standard schreibt auch die Farben der Kassetten der jeweiligen LTO Generation vor. Die Farbgebung muss die Bedingung erfüllen, dass selbst farbenblinde Menschen die Kassetten der verschiedenen Generationen unterscheiden können.
So fing man mit der Generation 1 mit einer schwarz-grauen Kassetten an, Generation 2 wartete mit einem krassen lila auf, Generation 3 und 4 waren dezent grau bis bläulich und Generation 5 erhielt eine kräftige Bordeauxfarbe.
Das LTO-Band besitzt fünf Streifen für die sogenannten Servobänder. Die Spurführung übernehmen vier Servoelemente. Jeweils zwei davon führen über die Spuren des jeweiligen Servobandes.
Zusätzlich werden auf den Servobändern schräg gestellte Analogspuren bei der Herstellung aufgebracht, die für eine zeitgesteuerte Spurnachführung sorgen. Kommt das Signal zu kurz, wird entsprechend nach oben justiert, kommt es zu lang wird entsprechend nach unten korrigiert.
Zwischen den Servospuren liegen die Datenspuren
Diese zeitgesteuerte Spurnachführung ermöglicht eine extreme Feinführung der Schreib- und Leseköpfe auf dem Spur-Set und findet bis heute aktive Verwendung. Sie ist auch Basis dafür, dass mit jeder neuen LTO-Generation die Kassettenkapazität verdoppelt werden konnte.
Zwischen den Servobändern liegen die vier Datenbänder, in die Daten geschrieben werden. Ein Datenband liegt immer zwischen zwei Servobändern. Dabei schreiben bei LTO-1 acht Elemente gleichzeitig 12 Sets von 8 Spuren in jede Richtung eines Datenbands.
Ein Datenband besteht somit aus 96 Spuren. Bei vier Datenbändern wird eine Gesamtspurzahl von 384 Datenspuren erzeugt. Zuerst wird der Innenbereich des Bandes mit den Datenbändern “0“ und “1“ beschrieben, dann erst die beiden äusseren Datenbänder “3“ und “4“. Das macht man deswegen, weil der Innenbereich eines Bandes geschützter ist als der Außenbereich.
Volle Bauhöhe, volle Geschwindigkeit
Mit LTO-3 im Jahr 2004 stieg IBM auch in die Produktion der kostengünstigen halbhohen LTO- Laufwerke ein, ein Markt, der bisher nur von HP bedient wurde. Dafür wurde extra eine neue Produktionsstätte in Singapur in Betrieb genommen.
Passend zum LTO-Laufwerk entwickelte IBM ein neues Library-Konzept, das seit seiner Einführung mit seinem Greifersystem die Features der standardisierten LTO-Kassetten ausreizt. Dieses Robotersystem mit seinem Spezialgreifer wurde Anfang 2000 mit der neuen IBM 3584 Library realisiert.
Die IBM 3584, zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich an Open Systems betreibbar, stellte das Gegenstück zur IBM 3494 Library dar, allerdings mit wesentlich moderneren Möglichkeiten und einer Robotergeschwindigkeit, die bis heute unerreicht ist. Später wurde die 3584-Library in TS3500 Library umbenannt (TS steht für „Tape System“).
Mit LTO-3 wurde neben den wiederbeschreibbaren Kassetten die WORM-Kassette (Write Once Read Many) eingeführt. Diese Kassetten können einmal beschrieben, aber nicht mehr überschrieben oder gelöscht werden.
Mit LTO-4 kam die Verschlüsselungstechnik, damit die häufig Offline, also außerhalb der Bandbibliothek, gelagerten Bänder gegen unbefugte Zugriffe schützbar sind (Encryption).
LTO-5 brachte die Partitionsmöglichkeit von LTO-5-Bändern und damit die Möglichkeit, mit einem Tape Filesystem, dem LTFS (Linear Tape File System) zu arbeiten. Wird das Tape geladen, verhält es sich wie ein USB-Stick oder eine externe Festplatte mit eigenem Dateiverzeichnis. Um das Tape zu bearbeiten, braucht man nun keine eigenen Backup-Anwendungen mehr.
Fortschritte der Laufwerkstechnik
LTO-5-Laufwerke haben im Vergleich zu den zurückliegenden LTO-Generationen „Dual Ported“ 8 Gbit/s Fibre-Channel-Anschlüsse oder „Dual Ported“ 6 Gbit/s SAS-Anschlüsse, die eine einfache und redundante Einbindung der Laufwerke in eine SAN-Infrastruktur erlauben und damit höchste Verfügbarkeit des Datenzugriffs mit entsprechenden Device-Treibern sicherstellen.
PRML (Partial Response Maximum Likehood) wurde bei den Festplatten erstmals 1991 eingeführt und hält mit der IBM 3592 im Jahr 2003 Einzug in den Enterprise-Bereich der Tape-Technik. Neue Funktionen wie Virtual Backhitch kommen zum Tragen, die das Band im Laufwerk am “streamen“ halten, auch wenn nur kleine Datenmengen zum Laufwerk transferiert werden. Tape entwickelte sich damit zum High-Tech-Entwicklungsprodukt mit Möglichkeiten, an die bisher keiner gedacht hatte.
Mit Einführung der IBM 3592 (Jaguar) Technologie im Jahr 2003 für den Enterprise-Bereich wurden Techniken aus der Harddisk-Technik auf Bandlaufwerke übernommen. Eine neue Kopftechnik kommt zur Anwendung, die es erlaubt, in Verbindung mit der ersten Dünnfilmbeschichtung auf dem Medium, mit wesentlich höherer Induktion auf den Köpfen aufzuzeichnen und so wesentlich stabilere Bits auf dem Medium zu erhalten.
Im Jahr 2008 gelingt den IBM-Forschern ein gewaltiger Sprung: Das IBM TS1130-Laufwerk (Jaguar Generation 3) arbeitet mit GMR-Leseköpfen (Giant Magneto Resistance). So kann nun auch die Aufzeichnungsdichte von Festplatten auf das Band übertragen werden.
Damit wurde ebenfalls die Basis gelegt, dass in Zukunft der Einsatz der Perpendicular-Recording-Technik möglich wird, die der Festplatte eine bislang ungeahnte Steigerung der Flächendichte ermöglichte. Das Tape bekommt damit das höchste Entwicklungspotenzial und ist aus zukünftigen Archivierungs- und Datenaustauschprozessen nicht mehr wegzudenken.
Hier geht es zur ungekürzten Festschrift von Kurt Gerecke.
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