Offene Tools für Verwaltung und Orchestrierung hybrider Rechenzentrumsinfrastrukturen Datacenter-Management mit Open Source – ein Triumphzug
Quelloffene Software zählt in vielen Unternehmen seit Jahrzehnten zu den Grundpfeilen der IT, aber nicht in allen. Im Datencenter-Management jedoch geben quelloffene Werkzeuge, zumindest vorerst, klar den Ton an und das Innovationstempo gewinnt noch an Schwung. Also: Diese Open-Source-Tools sollte jeder Admin kennen...
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Im Cloud-Orchestrierungslager mangelt es nicht an interessanten und viel versprechenden quelloffenen Softwareprojekten. Und der Markt ist interessant. So geht das Forschungsinstitut Technology Business Research davon aus, dass der Markt für Datencenter-gehostete private Clouds noch in diesem Jahr ein Umsatzvolumen von 41 Milliarden Dollar verzeichnen und innerhalb von vier Jahren 69 Milliarden Dollar erreichen wird.
Und doch ereignet sich der Kampf ums Datencenter praktisch zwischen zwei quelloffenen IaaS-Lösungen: OpenStack und CloudStack. Kürzlich konnte HPs Geschäftsführerin Meg Whitmann durch die Akquisition von Eucalyptus Systems, des Anbieters der quelloffenen IaaS-Managementsoftware, die Karten in diesem Markt kräftig neu aufmischen.
Bei OpenStack, CloudStack, Eucalyptus und OpenNebula handelt es sich um quelloffene Software-Plattformen zur Verwaltung von IaaS mit einem unterschiedlichen Grad an Fähigkeiten der Datencenter-Virtualisierung (eine Spezialität von CloudStack und OpenNebula) und Infrastrukturbereitstellung (eine Stärke von Eucalyptus und OpenStack).
OpenNebula ist unter Insidern beliebt, hat es aber bisher noch nicht in den Mainstream geschafft. OpenNebula wird vor allem in Europa in Deployments mit bis zu 100 Knoten und bis zu 4 Zonen, primär mit CentOS, Ubuntu und Debian eingesetzt.
Die konzeptionellen Unterschiede zwischen den drei führenden Stacks sind genauso tief greifend wie erbittert der Wettbewerb.
OpenStack
Die quelloffene Computing-Plattform OpenStack entstand aus dem Code der Cloud Files-Plattform von Rackspace Hosting und der Nebula-Plattform der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA (NASA ist später aus dem Projekt ausgestiegen). Kurz danach haben unter anderem Ubuntu Linux, Debian, Red Hat und Cisco ihr Gewicht hinter OpenStack geworfen (Cisco ist inzwischen ein Verfechter von CloudStack).
OpenStack verwaltet IaaS-Ressourcen eines Datencenters nach dem Selbstbedienungskonzept von Amazon AWS über eine Web-basierte Schnittstelle oder eine API. Der standardmäßig voreingestellte Hypervisor ist „KVM“ von RedHat.
OpenStack wurde modular aufgebaut, um den Projektentwicklern wie auch den Administratoren eine möglichst hohe Flexibilität zu bieten. Ein Nachteil dieser fragmentierten Architektur ist die beachtliche Komplexität der Implementierung.
Die einzelnen Komponenten von OpenStack werden von unabhängigen Teams entwickelt, müssen durch den Anwender einzeln installiert und über ihre jeweiligen APIs miteinander integriert werden. Für die Kommunikation zwischen den einzelnen Modulen nutzt OpenStack den Nachrichtenservice namens „RabbitMQ“; die SQL-Datenbanken der einzelnen Module muss der OpenStack-Administrator manuell anlegen.
Viel Kraft notwendig
Nur die wenigsten Unternehmen verfügen über hinreichend freie Ressourcen, um OpenStack mit eigenen Kräften aufzusetzen. Zu den Anwendern von OpenStack zählen demnach vor allem Großunternehmen wie Ebay – die Hälfte der Ebay-IT läuft in einer privaten Cloud – oder Symantec Corporation.
Inzwischen gibt es allerdings Tools und Dienste von Anbietern wie Red Hat, Canonical und Mirantis, welche die Inbetriebnahme von OpenStack wesentlich vereinfachen. Unternehmen wie Piston führen in ihrem Programm sogar Turnkey-Lösungen für OpenStack.
OpenStack genießt insgesamt eine breitere Unterstützung als seine beiden größten Rivalen, unter anderem durch AT&T, Red Hat und IBM. Es ist allerdings nicht klar, ob HP nach Abschluss der Acquisition von Eucalyptus Systems die OpenStack-Plattform weiterhin unterstützen wird, und falls ja, in welcher Form.
Apache CloudStack
CloudStack wurde ursprünglich von Cloud.com, einem wagemütigen IaaS-Management-Startup, ins Leben gerufen und ging im Juli 2011 im Zuge einer Akquisition in den Besitz von Citrix über. Der neue Eigentümer stiftete CloudStack an die Apache Software Foundation, wo das Projekt in Apache Incubator eingegliedert wurde.
CloudStack wird seither vorwiegend durch Citrix/Cloud.com-Mitarbeiter weiterentwickelt; die „Citrix CloudPlatform“ ist im Übrigen nichts anderes als eine kommerzielle Distribution von CloudStack. Indem Citrix, ursprünglich ein Befürworter von OpenStack, nach der Akquisition den CloudStack-Code der Apache Software Foundation übertrug, hat das Unternehmen einen Krieg um die Vorherrschaft bei Cloud-Stacks losgetreten.
Anders als OpenStack zeichnet sich CloudStack durch eine monolitische Architektur aus und lässt sich dadurch schnell und einfach in Betrieb nehmen. Die Plattform verfügt über eine starke Web-basierte Administrationsschnittstelle sowie eine CLI, ist Hypervisor-neutral, vollständig in Java geschrieben und bietet zudem (ähnlich wie Eucalyptus) Kompatibilität zu den APIs von Amazon Web Services, welche die Inbetriebnahme von Amazons IaaS-Ressourcen im Rahmen einer hybriden Cloud ermöglichen.
Eucalyptus
HPs Interesse an einer Acquisition von Eucalyptus Systems hat dieser quelloffenen Software neue Aufmerksamkeit beschert. Eucalyptus hat seine Wurzeln in einem Universitätsprojekt an der University of California zu Santa Barbara, in dem Dozenten und Studenten die APIs von Amazon Web Services für das Management der Infrastruktur eines Datencenters replizieren wollten. Amazon ging später auf eine Partnerschaft mit den Entwicklern von Eucalyptus ein, um eine kontinuierliche Kompatibiliät der beiden Stacks zuzusichern.
Eucalyptus weist eine (kürzlich) modularisierte Architektur auf, die aus fünf Basiskomponenten besteht und sich deutlich einfacher als OpenStack zähmen lässt. Die Hochverfügbarkeits-Features beinhalten einen Failover-Memchanismus. Eucalyptus unterstützt neben dem VMware ESX Server den KVM-Hypervisor von Red Hat.
Die Stärken und die Schwächen von Eucalyptus hängen mit der AWS-Integration der Plattform zusammen. Eucalyptus beherrscht rund 90 Prozent der APIs von den beliebtesten AWS-Diensten, darunter APIs der Compute-Plattform „EC2“, des Objekt-relativen Massenspeicherdienstes „S3“, des elastischen Blockspeicherdienstes „EBS“, des Authentifizierungsdienstes „IAM“, der Lastverteiler „Auto Scaling/ELB“ und des Infrastruktur-Monitoring-Dienstes „CloudWatch“. Diese Features erlauben den Aufbau hybrider Clouds mit elastischen Kapazitäten, die sich bedarfsgerecht erweitern lassen, sowie die Entwicklung von Cloud-Lösungen, die sowohl im Datencenter auf Eucalyptus als auch in der AWS-Wolke laufen.
Hybrid im wahrsten Sinne
Mit wachsendem Interesse an hybriden Clouds steigt auch das Bedürfnis an Management-Produkten für hybride Umgebungen, die mehrere Datencenter wie auch IaaS-Dienste verschiedener Cloud-Anbieter abdecken. Hersteller von Cloud-Management-Software haben diesen Trend erkannt und sind bemüht, mehrere quelloffene sowie proprietäre IaaS-Stacks parallel zu unterstützen, um Datencenter-übergreifend und IaaS-plattformübergreifend zu orchestrieren.
So versteht sich beispielsweise Scalr auf die Zusammenarbeit unter anderem mit CloudStack, OpenStack, Eucalyptus, AWS (proprietär), Rackspace (proprietär) und der Google Compute Engine (proprietär). Features wie „Cost Analytics“ von Scalr erlauben eine Optimierung der Kostenstruktur und eine bessere Planung. Die IT-Verantwortlichen kommen so in den Genuss einer höheren Flexibilität und vermeiden die langfristige Bindung an einen einzigen Anbieter.
Die Autoren:
Filipe Pereira Martins und Anna Kobylinska arbeiten für die Soft1T S.a r.l. Beratungsgesellschaft mbH McKinley Denali Inc. (USA).
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