Renovieren statt neu bauen? Das Warum und Wie der Rechenzentrumsmodernisierung
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Die Rechenzentrumsbranche boomt. Aufgrund der nahezu ungebrochenen Nachfrage nach Rechen- und Speicherkapazitäten wächst der Bedarf an Rechenzentren auch in der aktuell sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation. Dies erfordert nicht nur den Bau neuer Rechenzentren, sondern insbesondere die Modernisierung bestehender Rechenzentren.

Wie beim Bau neuer Rechenzentren müssen auch bei ihrer Modernisierung Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Die nachhaltige Modernisierung wirft zwei konkrete Fragen auf: Wann ist sie sinnvoll? Welche Maßnahmen sind sinnvoll?
Wann ist sie sinnvoll?
Die erste Frage lautet: Wann ist es sinnvoll, ein Rechenzentrum zu modernisieren? Die richtige Antwort hängt von vielen Faktoren ab, wie von der Tatsache, dass die installierte Ausrüstung ihre wirtschaftliche Lebensdauer überschritten hat, dass Teile nicht mehr verfügbar sind, dass Systeme im Betrieb ausfallen, dass das Design veraltet ist oder dass die Umweltbedingungen schlecht sind. Die Energie- und Umweltaspekte haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
Seit einiger Zeit ist es für Betreiber möglich, die Nachhaltigkeit eines Rechenzentrums zu verbessern, indem sie einfach auf erneuerbare Energien umsteigen. Häufig gibt aber die begrenzte Belastbarkeit der Stromnetze den Anstoß für Energiesparmaßnahmen. Dies gilt insbesondere für Knotenpunkte wie Frankfurt am Main oder Dublin. Die Belastung der Stromnetze ist daher neben den europaweit steigenden Energiepreisen ein wichtiger Grund für die Modernisierung von Rechenzentren.
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Oft bietet eine veraltete Infrastruktur Anlass für ein Modernisierungsprojekt. Die Schaffung zusätzlicher elektrischer oder kältetechnischer Kapazitäten zur Bewältigung größerer IT-Lasten innerhalb desselben Platzes verlängert beispielsweise die Lebensdauer der Einrichtung und schützt den Wert der Gesamtanlage.
In letzter Zeit werden auch extreme Wetterereignisse und Umwelteinflüsse auf die Infrastruktur zu einem immer wichtigeren Faktor. So hat beispielsweise der heiße Sommer die Kühlsysteme zahlreicher Rechenzentren im Vereinigten Königreich an ihre Grenzen gebracht. Diese Rechenzentren sind gute Kandidaten für eine Modernisierung.
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In der Praxis bietet der Auszug eines Mieters oft eine gute Gelegenheit für eine Modernisierung. Die Möglichkeit, unbehelligt von Fragen der Service Level Agreements an den Systemen zu arbeiten, bietet Kosten- und Zeitvorteile, die sonst nicht zu realisieren wären.
Ob eine Modernisierung sinnvoll ist, hängt auch von den Bedingungen in der Umgebung ab, die sich seit dem Bau eines Rechenzentrums erheblich verändert haben können. So können beispielsweise Bauprojekte in der Nachbarschaft in Kombination mit veränderten klimatischen Bedingungen dazu führen, dass Rechenzentren oder die unterstützende Infrastruktur in einem potenziellen Überschwemmungsgebiet liegen oder im Gegenteil, dass ihr Wasserbedarf bei Trockenheit nicht mehr zuverlässig gedeckt werden kann. Selbst wenn einer der oben genannten Gründe für eine Modernisierung gegeben ist, kann ein Neubau in einem solchen Fall tatsächlich sinnvoller sein.
Welche Maßnahmen sind sinnvoll?
Welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, hängt ebenfalls von vielen Faktoren ab, die möglichst umfassend in ein Kunden-Briefing aufgenommen werden sollten. Darin sollten Aspekte wie Motivation, Budgets und die gewünschten Ergebnisse möglichst genau definiert werden.
Für Betreiber von Rechenzentren, die auch die IT-Infrastruktur kontrollieren, liegt es nahe, diese unter die Lupe zu nehmen und sie gegebenenfalls durch effizientere Geräte der nächsten Generation zu ersetzen. Ein großes Nachhaltigkeitspotenzial bei der Modernisierung bietet die Kühlung.
Die bestehende Lösung muss nicht unbedingt ersetzt werden. Oft kann die bestehende Lösung deutlich verbessert werden. Dazu muss zunächst eine CFD-Analyse (CFD: Computational Fluid Dynamics) durchgeführt werden, um die Optimierungsmöglichkeiten genau zu identifizieren und dann die Kühlsysteme entsprechend anzupassen oder zu erweitern.
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Wer es mit der Modernisierung seines Rechenzentrums wirklich ernst meint und langfristig eine optimale, zukunftssichere Kühllösung realisieren will, kommt an „Immersion Cooling“ („Flüssigkeitstauchkühlung“) nicht vorbei. Bei dieser Methode werden IT-Komponenten oder komplette Geräte in eine wärmeleitende Flüssigkeit getaucht. Die Wärme wird dem System entzogen, indem die Flüssigkeit über warme oder heiße Komponenten und anschließend über einen Wärmetauscher geleitet wird.
Diese Methode wird bereits seit einiger Zeit in begrenztem Maße eingesetzt. Für die Kühlung von IT-Komponenten ist sie noch vergleichsweise innovativ und stellt einen echten Paradigmenwechsel dar. Allerdings steht die fehlende Standardisierung einer breiten Anwendung der Flüssigkeitstauchkühlung noch im Wege. Eine Standardisierung oder Zertifizierung der Kühlflüssigkeit ist notwendig, um einer großen Anzahl von Rechenzentrumsbetreibern das Vertrauen in die Technologie zu geben, das nötig ist, um den Wechsel zu vollziehen.
Gerade im Hinblick auf die CO2-Emissionen führen auch einfachere Mittel zu einer Reduktion. So werden in vielen Rechenzentren noch Dieselgeneratoren eingesetzt. Es ist ein naheliegender Schritt, auf HVO umzusteigen, einen synthetischen Diesel, der aus pflanzlichen und tierischen Fetten gewonnen wird und zusätzliche Vorteile wie die Verringerung der Stickoxid-, Feinstaub- und Kohlenmonoxidemissionen bietet. Für die mutigeren Betreiber von Rechenzentren gibt es auch eine Alternative: den Einsatz von Brennstoffzellen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden.
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Auch der Einsatz von Photovoltaik kann eine Rolle spielen. Zwar mag die Strommenge, die durch Photovoltaik erzeugt werden kann, im Verhältnis zum Energiebedarf eines Rechenzentrums sehr gering erscheinen. Sie reicht jedoch in der Regel aus, um die Verwaltungsräume und -geräte mit Energie zu versorgen. Zudem sind Photovoltaikanlagen leicht zu installieren.
Ein letzter Grund
Es gibt viele gute Gründe, bestehende Rechenzentren zu modernisieren. Einer der Hauptgründe wurde bisher noch gar nicht erwähnt: Die Modernisierung von Rechenzentren spart eine Menge CO2-Emissionen im Vergleich zum Abriss und Neubau eines Rechenzentrums. Die Kohlenstoffemissionen, die allein durch die Herstellung des für ein Rechenzentrum erforderlichen Betons entstehen, rechtfertigen ein Modernisierungsprojekt gegenüber einem Neubau. Das Zeitalter der Wegwerfkultur liegt definitiv hinter uns.
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*Der Autor Simon Harris ist Head of Critical Infrastructure bei Business Critical Solutions (BCS)
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