Quantencomputer wie ein Raum voller Pendeluhren Cavity Protection Effect lässt Quanteninformation lang' leben
Hybridsysteme aus Mikrowellenresonatoren und Atom-Spins in Diamant gelten als Hoffnungsträger für zukünftige Quantentechnologien und damit letztlich auch für die Entwicklung superschneller Quantencomputer. Durch einen Trick gelang es Forschern an der TU Wien die Speicherdauer in diesem System deutlich zu verbessern.
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Die Elektronik in unseren Computern kennt nur zwei Zustände: entweder null oder eins. Quantensysteme hingegen können beliebige Überlagerungen von Zuständen annehmen - also null und eins gleichzeitig. Man hofft, basierend darauf in Zukunft superschnelle Quantencomputer bauen zu können.
Insbesondere hat man damit zu kämpfen, dass gespeicherte Quantenzustände durch Wechselwirkungen mit der Umgebung extrem leicht zerstört werden. An der TU Wien ist es nun gelungen, einen speziellen Schutzeffekt zu nutzen, um die Stabilität eines besonders vielversprechenden Quantensystems deutlich zu erhöhen.
Ein Quantenrechner aus zwei Systemen
Es gibt heute ganz unterschiedliche Konzepte für die Speicherung von Quanteninformation. „Wir verwenden ein Hybridsystem aus zwei völlig verschiedenen Quantentechnologien“, erklärt Johannes Majer vom Atominstitut der TU Wien.
Gemeinsam mit seinem Team koppelt er Mikrowellen und Atome und arbeitet damit an der Verwirklichung eines Quantenspeichers. Die theoretischen Modelle dazu wurden von Dmitry Krimer und Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien entwickelt.
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Diamanten für Quanten zum Rechnen
In einem Mikrowellenresonator werden Photonen erzeugt. Sie reagieren wechselseitig mit dem Spin von Stickstoffatomen, die in Diamant eingebaut sind.
Bis zu 100 Nanosekunden
Der Mikrowellenresonator ermöglicht Quanteninformation schnell zu transportieren, die Atomspins im Diamant können diese speichern, zumindest für eine Zeitdauer von einigen hundert Nanosekunden. Das ist lange genug, verglichen mit der extrem kurzen Zeitskala, auf der sich Photonen im Mikrowellenresonator hin und her bewegen.
„Eigentlich sind alle Stickstoffatome zwar völlig gleich, aber wenn sie im Diamant jeweils in eine leicht unterschiedliche Umgebung platziert sind, dann haben sie auch leicht unterschiedliche Schwingungsfrequenzen“, sagt Stefan Putz, Doktorand am Atominstitut.
Die Atomspins verhalten sich dann wie ein Raum voller Pendeluhren mit leicht unterschiedlich langen Pendeln: Am Anfang schwingen sie ziemlich synchron, aber nachdem sie niemals völlig identisch sind, laufen sie nach einer gewissen Zeit aus dem Takt und übrig bleibt ein wildes Durcheinander.
Ordnung durch Kopplung
„Wenn die Energien der einzelnen Spins auf passende Weise verteilt sind, kann man durch eine starke Kopplung zwischen Atomspins und dem Mikrowellenresonator erreichen, dass die Spins viel länger im Gleichtakt schwingen“, erklärt Physiker Krimer.
Die Atomspins haben zwar keinen direkten Einfluss aufeinander, aber die Tatsache, dass sie kollektiv stark an den Mikrowellenresonator gekoppelt sind, verhindert, dass der Quantenspeicher in Zustände übergeht, die für Quanteninformations-Übertragung nicht mehr genutzt werden können. Dieser Quanten-Schutzeffekt gegen den Zerfall der quantenmechanischen Eigenschaften des Systems verlängert die Zeitdauer, in der man Quanteninformation aus den Atomspins auslesen kann erheblich.
„Durch die Verbesserung der Quanten-Kohärenzzeit auf Basis dieses Cavity Protection Effekts eröffnen sich vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten für unsere hybriden Quantenspeicher“, so Kollege Majer.
Originalpublikation: S. Putz, D. O. Krimer, R. Amsüss, A. Valookaran, T. Nöbauer, J. Schmiedmayer, S. Rotter & J. Majer: Protecting a spin ensemble against decoherence in the strong-coupling regime of cavity QED. Nature Physics (2014), doi:10.1038/nphys3050, Received 29 March 2014, Accepted 30 June 2014, Published online 17 August 2014
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