Lesetipp und Denkanstoß zum Digitalen Buchrezension zu Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht

Autor / Redakteur: Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Zwei bekannte Figuren der Digitalszene, Ossi Urchs und Tim Cole, haben gemeinsam ein Buch geschrieben, das eine Aufforderung zu neuem Denken übers Digitale sein will. Mit zehn steilen Thesen untermauert, fordern sie eine neue „digitale Aufklärung“.

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"Willkommen im Land hinter dem Bildschirm, wo man irgendwie das Gefühl hat, alles liefe viel schneller ab, als man es mitbekommen und verstehen kann, und wo sich der Fortschritt im Zeitraffertempo abzuspielen scheint", heißt es im Vorwort.
"Willkommen im Land hinter dem Bildschirm, wo man irgendwie das Gefühl hat, alles liefe viel schneller ab, als man es mitbekommen und verstehen kann, und wo sich der Fortschritt im Zeitraffertempo abzuspielen scheint", heißt es im Vorwort.
(Bild: Hanser Verlag)

Viel ist in den vergangenen Jahren geschrieben worden über die Konsequenzen der unaufhaltsam voranschreitenden Volldigitalisierung, darunter einige sehr kritische Texte, etwa „Payback“ von FAZ-Chefredakteur Schirrmacher und Ähnliches. Nun also wieder ein Werk, das sich grundlegend mit den Auswirkungen und Anforderungen der digitalen Welt befasst.

Ossi Urchs ist Inhaber einer Medienagentur, Internet-Guro und vielen als Redner und Moderator bekannt. Tim Cole betreibt heute einen Blog (www.cole.de) moderierte Sendungen bei N-TV und N24, und gilt als Internet-Experte.

Gemeinsam sehen sie das Internet als positive Herausforderung an die mentale Evolution des Menschen, die bisherige Strukturen in Frage stellt, dafür aber auch einen neuen Möglichkeitsraum eröffnet, den es ohne diese Technologien schlicht nicht geben würde. Merkmale wie digital bedingte Beschleunigung, die Verschmelzung von virtuellem und realem Raum, die digital vereinfachte Globalisierung aller Wirtschaftsbeziehungen sind Grundtendenzen, deren Auswirkungen Cole und Urchs ansatzweise beschreiben und als deren Konsequenz sie eine „Digitale Aufklärung“ – so der Titel ihres Buchs- fordern.

Kurzweilig geschrieben und zum Diskutieren geeignet

Allerdings wollen sie keine Rezepte dafür liefern, wie etwa ein passendes Urheberrecht für das Digitalzeitalter aussehen könnte. Vielmehr geht es ihnen ganz grundsätzlich darum, viele Erscheinungen und Haltungen aus dem Analogzeitalter komplett neu zu überdenken, um auf renoviertem gedanklichem Fundament eine sinnvolle Neugestaltung der sozial-ökonomisch-digitalen Sphäre überhaupt erst vornehmen zu können. Dieser Ansatz hat einiges für sich – zeigt sich doch gerade an aktuellen Debatten über Urheberrecht, Datenschutz im Internet und soziale Medien, dass das bisherige Denken in einer digital überformten Lebenswelt nicht unbedingt zu brauchbaren Resultaten führt.

Bei der Lektüre des kurzweilig geschriebenen Buches kommt es nicht darauf an, jeder These des Autorenduos zuzustimmen. Man kann zum Beispiel durchaus darüber debattieren, ob das menschliche Gehirn wirklich so umgebildet werden kann, dass es mit dem digital induzierten Multitasking besser zurechtkommt und was das für die soziale Sphäre bedeuten könnte. Auch thematisieren Urchs und Cole niemals, dass die digitale Sphäre durchaus und sehr real auf die physische Sphäre und deren Funktionieren angewiesen bleibt: Daten reisen über Kabel oder Funktürme, Smartphones enthalten seltene Metalle und werden unter sklavenähnlichen Bedingungen von den Leichtlohntruppen des Globus massenweise hergestellt, um nur kurz danach im globalen Abfallberg zu landen. Die gesamte digitale Sphäre verbraucht immer mehr des weltweit produzierten Stroms.

Das Buch ist im Hanser Verlag, München, erschienen.
Das Buch ist im Hanser Verlag, München, erschienen.
(Bild: Hanser Verlag)
Egal, wie man zu den Thesen der Autoren im Einzelnen steht: Man kann sich an ihnen mit Gewinn abarbeiten, weil sie darauf hinwirken, die richtigen Fragen mit dem richtigen – nämlich grundlegenden – Tiefgang zu stellen und sich dabei weniger von der Angst um das Alte als von der Neugier aufs Neue leiten zu lassen. Deshalb ist ihr Buch allen zu empfehlen, die an der Gestaltung der digitalen Sphäre jetzt und in Zukunft mitwirken wollen oder müssen – als politische Gestalter, als Manager oder Unternehmer oder ganz einfach als diejenigen, die digitale Technologie täglich nutzen.

Das Buch:

Ossi Urchs, Tim Cole: Digitale Aufklärung. Warum und das Internet klüger macht. Gebunden, 280 Seiten. Hanser-Verlag München 2013, ISBN 978-3-446-43673-2

Die Autorin:

Ariane Rüdiger ist freie Journalistin, wohnhaft in München.

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