Auftragsvergabe in Höhe von 208,5 Millionen Euro Bald werkeln die ersten Ionenfallen-Rechner der DLR Quantencomputing-Initiative
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Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat fünf Aufträge für Entwicklungen im Bereich Ionenfallen-basiertes Quantencomputing Aufträge mit einem Gesamtvolumen von 208 Millionen Euro vergeben. Die Zukunftsrechner sollen Innovationen in den Bereichen Energie, Automobil, Finanzen, Behörden, Luft- und Raumfahrt sowie anderen kritischen Infrastrukturen ermöglichen.

Die Aufträge erfolgen im Rahmen der Quantencomputing-Initiative des DLR. Für die Initiative stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) insgesamt 740 Millionen Euro zur Verfügung. Davon werden 80 Prozent, also rund 600 Millionen Euro für Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsaufträgen an Unternehmen für verschiedene Varianten von Quantencomputern eingesetzt, die restlichen Mittel fließen in die Eigenforschung des DLR.
Noch gibt es keine kommerziellen Quantencomputer; doch steht schon jetzt fest, dass sie Daten wesentlich schneller verarbeiten können als klassische Computer. Dadurch wird es möglich, komplexe Probleme, die heute unlösbar sind, anzugehen und die Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen zu unterstützen.
Quantencomputer kommen beispielsweise bei der Berechnung von Wetter- und Klimamodellen zum Einsatz, bei der beschleunigten Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, bei Modellrechnungen für Mobilität und Logistik, bei der Verbesserung der Cyber-Sicherheit und in vielen anderen Bereichen. Diese komplexen Rechner entwickeln sich zwar schnell weiter, aber ihre Herstellung ist nach wie vor schwierig. Sie erfordert ein hohes Maß an Fachwissen, und der Weg zur Serienreife und zur breiten Verfügbarkeit ist noch lang.
Die Partner
Zusammen mit Chipfabrikant NXP Semiconductors Germany wollen Eleqtron, Parity Quantum Computing Germany, Qudora Technologies und Universal Quantum Deutschland innerhalb von vier Jahren prototypische Quantencomputer auf der Basis von Ionenfallen bauen. Mit im Boot ist zudem die Technische Universität Hamburg.
Aus einer Ionenfalle können geladene Atome nicht entwischen: Ein elektromagnetisches Feld hält sie in ihrer Position. Ein Laser sowie Radio- oder Mikrowellen können den Zustand der geladenen Atome (Ionen) dann gezielt verändern. So werden sie zu Qubits, den Rechenbausteinen von Quantencomputern.
Karla Loida, Projektleiterin in der Quantencomputing-Initiative, führt aus: „Systeme mit Ionenfallen erlauben universelle Rechenoperationen. Sie sind nicht auf die Lösung bestimmter Aufgaben festgelegt.“
Zu den weiteren Vorteilen zählt sie: „Die Qubits sind vergleichsweise stabil und die Gattergüten sind hoch – eine wichtige Voraussetzung für den Bau hochqualitativer Quantencomputer. Durch die Integration auf Mikrochips und innovative Chipdesigns wird jetzt auch die Skalierbarkeit greifbar.“
Zudem seien die Technologien, die zum Bau erforderlich sind, schon ausgereift: So sind etwa Lasersysteme für die nötige Kühlung verfügbar. (Eine gezielte Manipulation von Qubits funktioniert mithilfe von Lasern, Mikro- oder Radiowellen.) Zudem habe sich die Integration auf Mikrochips bewährt.
Die geplanten Schritte
Professor Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR, erläutert: „Für die Realisierung von Qubits auf Basis von Ionenfallen vergibt das DLR Aufträge für fünf Projekte im Rahmen seiner Quantencomputing-Initiative. [...] Damit gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung eines programmierbaren, fehlertoleranten Quantencomputers.“ Darüber hinaus entstünden durch die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft Synergien, „die das Ökosystem Quantencomputing stärken und damit auch Start-ups neue Möglichkeiten eröffnen.“
Die sukzessive Entwicklung der Systeme läuft in mehreren Phasen, wie Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative, ausführt: „Zum Ende der Projekte werden Quantencomputer basierend auf Ionenfallen-Technologie mit mindestens 50 Qubits bereitstehen. Gleichzeitig werden modulare Systeme aufgebaut, die erweiterbar Richtung tausender Qubits sind“
Die Firmen und deren Mitarbeitende nutzen zukünftig Büros, Labore und einen Reinraum im DLR-Innovationszentrum in Hamburg. Dort und im DLR-Innovationszentrum in Ulm können die Unternehmen auch von der unmittelbaren Nähe zu den DLR-Instituten sowie Arbeitsgruppen und der gemeinsamen Arbeit an den Herausforderungen des Quantencomputing, profitieren, führt Axmann aus: „Das akademische und wirtschaftliche Umfeld in unseren Innovationszentren ist optimal zur Weiterentwicklung.“
Generell gibt es unterschiedliche Konzepte für die Entwicklung von Quantencomputern. Noch ist unklar, welches Konzept sich letztlich durchsetzen wird. Das DLR unterstützt parallel verschiedene Technologieansätze und bringt die eigenen Fähigkeiten und Fragestellungen in Forschung und Entwicklung ein.
So sollen im Rahmen der DLR Quantencomputing-Initiative innerhalb der nächsten vier Jahre prototypische Quantencomputer unterschiedlicher Architekturen gebaut, sowie die damit verbundenen Technologien und Anwendungen entwickelt werden.
Der Demonstrator
In einem ersten Projekt liefern NXP Semiconductors Germany (Hamburg) und Eleqtron (Siegen) sowie Parity Quantum Computing Germany (München) als Konsortium einen Demonstrator mit zehn Qubits. Der Betriebsbeginn ist für Ende 2023 geplant. Dieser soll hauptsächlich dazu dienen, dass Anwender und Anwenderinnen können Erfahrungen mit Ionenfallen-Systemen sammeln und die Entwicklung voranbringen können.
Zwei Projekte beinhalten den Bau von prototypischen Quantencomputern mit mindestens 50 voll funktionsfähigen Qubits auf einem Chip. Universal Quantum Deutschland (Düsseldorf) und das Konsortium Qudora Technologies (Braunschweig), NXP Semiconductors Germany entwickeln jeweils eigene Systeme.
Der Chip ist skalierbar, die Anzahl der Qubits und die Rechenleistung lassen sich also erhöhen. Die Fehleranfälligkeit gilt als eine der größten Herausforderungen beim Quantencomputing. Daher liegt ein Fokus darauf, dass der Chip perspektivisch fehlerkorrigierbar ist.
In zwei weiteren Projekten entstehen modulare, skalierbare Quantencomputer auf Ionenfallen-Basis. Mehrere Chips werden dabei zu einer universellen Quantencomputer-Architektur vernetzt. Das Besondere: Jedes Modul ist ein eigener kleiner Quantenprozessor mit jeweils zehn Qubits. Diese Struktur soll später auf viele Chips mit tausenden von Qubits wachsen.
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