GPU statt CPU und andere Revolutionen Autokauf beginnt künftig in der virtuellen Realität

Redakteur: Ulrike Ostler

Kernaussage der jüngsten PWC-Studie zu Industrie 4.0 lautet: „Industrie 4.0 transformiert unsere gesamte Wertschöpfungskette und ermöglicht die Entwicklung innovativer Produkte und Services.“ Wie das aussieht? Das Startup Rocket Data Intelligence GmbH beispielsweise zeigt auf, dass die Digitalisierung des Autos nicht erst bei Bluetooth-Interfaces beginnt.

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Automobilkonzerne liegen relativ weit vorne, wenn es um Industrie 4.0 geht, und stocken massiv IT-Know-how auf. Sichtbar wird das auch auf der IAA.
Automobilkonzerne liegen relativ weit vorne, wenn es um Industrie 4.0 geht, und stocken massiv IT-Know-how auf. Sichtbar wird das auch auf der IAA.
(Bild: IAA 2013)

Die Digitalisierung des Autos beginnt für Fahrer künftig nicht erst bei Bluetooth-Schnittstellen für das Smartphone oder beim autonomen Fahren, sondern bereits bei der Visualisierung, Konfiguration und dem virtuellen Kaufprozess. Auf der diesjährigen IAA in Frankfurt präsentiert das Startup Rocket Data Intelligence GmbH erstmals eine Software, die innerhalb kürzester Zeit Autos virtuell erstellt und in 3D erlebbar macht.

Kubilay Topal, Geschäftsführer des Startups Rocket Data Intelligence, setzt die „Oculus“-Datenbrille auf. Vor sich sieht er den Innenraum eines „Audi RS7“ – und zwar derart echt, dass er theoretisch nach dem Schalthebel oder dem Lenkrad greifen könnte. Kann er aber nicht. Denn seine Hände halten ein iPad, auf dem er über eine Konfigurator-App die Farbe der Polsterung oder das Leder des Lenkrads wechselt.

Sein Kollege verfolgt das Ganze mit einer 3D-Brille, mit der er auf eine Fernsehwand in der Größe eines Schaufensters guckt; die Powerwall. Topal nimmt die Datenbrille ab: „Uns ist es nicht nur gelungen, drei Industrien zu kombinieren: Entertainment, Automotive und Big Data. Wir haben es geschafft, Fotograf, Kameramann und Beleuchter zu digitalisieren.“

Sodann habe das Unternehmen die besten Einstellungen, Licht-Setups und Environments herausdestilliert und skalierbar in eine Software gepackt. „Komplett computergenerierte Renderings in Echtzeit und dieser Qualität gab es in der Automobilbranche in der Geschwindigkeit von CAD bis zur fertigen Visualisierung bislang noch nicht. Von nun an wird die Customer Journey zur Datenreise. Der Weg des Käufers zu seinem Traumauto beginnt mehr denn je im Internet“, erläutert der 35-Jährige.

Die wesentlichen Ergebinisse der PWC-Studie zu Industrie 4.0

Damit dürfte der Start-up-Chef einen solchen Prozess im Blick haben, von dem in der PWC-Studie „Industrie 4.0 – Chancen und Herausforderungen der vierten industriellen Revolution“ die Rede ist. Denn hier wird angesprochen, wovon bisher nur in geringen Umfang gesprochen wird: Diese Revolution ist weitaus mehr als der Anschluss der Produktion an die IT im Unternehmen und der Transport der Daten ins Rechenzentrum und Maschinen, respektive Kühlschränke , die miteinander reden.

Neue Arten der Datenspeicherung und –Analysen sind bereits Dauerthema, oftmals jedoch der einzige Ansatz. Die Unternehmen müssen jedoch ebenso in neue Prozesse, Anwendungen und sogar Hardware investieren – letztlich eine Effizienzsteigerung erzielen zu können. Selbst bisherige, in der IT gängige Sicherheitsmechanismen gehören überdacht, überarbeitet und nicht nur übertragen. Unter Umständen braucht es ein neues Verständnis von „Rechenzentren“.

Die PWC-Studie fasst die Hauptaussagen in sechs Punkten zusammen:

1. Industrie 4.0 transformiert das gesamte Unternehmen und gehört auf die CEO-Agenda.

Das Thema Industrie 4.0 umfasst nicht nur die Digitalisierung der horizontalen und vertikalen Wertschöpfungsketten, sondern wird auch das Produkt- und Service-Angebot der Unternehmen revolutionieren – letztlich mit dem Ziel, Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen. Die Nutzenpotenziale von Industrie 4.0 gehen somit weit über die Optimierung von Produktionstechniken hinaus.

Um diese auszuschöpfen, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Daher nimmt das Thema zwingend einen Spitzenplatz auf der Agenda von Vorständen und Geschäftsführern deutscher Industrieunternehmen ein.

2. Deutsche Industrieunternehmen investieren bis 2020 jährlich 40 Milliarden Euro in Industrie 4.0-Anwendungen.

Die befragten Industrieunternehmen werden in den nächsten fünf Jahren durchschnittlich 3,3 Prozent ihres Jahresumsatzes in Industrie 4.0-Lösungen investieren. Dies entspricht fast 50 Prozent der geplanten neuen Ausrüstungsinvestitionen und einer jährlichen Summe von mehr als 40 Milliarden Euro bezogen auf die deutsche Industrielandschaft. Diese Investitionen werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette eingesetzt werden müssen, um maximalen Erfolg zu erzielen.

3. In fünf Jahren werden über 80 Prozent der Unternehmen ihre Wertschöpfungskette digitalisiert haben.

Bereits heute hat ein Viertel der Befragten einen hohen Digitalisierungsgrad der Wertschöpfungsketten erreicht, wobei häufig erst Teilbereiche und Insellösungen umgesetzt sind. Die Unternehmen erwarten, dass bis zum Jahr 2020 86 Prozent der horizontalen und 80 Prozent der vertikalen Wertschöpfungsketten einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen und damit eng miteinander verknüpft sein werden.

4. Industrie 4.0 führt zu einer höheren Produktions- und Ressourceneffizienz – 18 Prozent Effizienzsteigerung in fünf Jahren.

Die Industrie muss mit immer weniger Rohstoffen und immer weniger Energie größere Mengen produzieren. Industrie 4.0 ermöglicht eine höhere Produktions-, Energie- und Ressourceneffizienz und schafft damit die Voraussetzungen, um nachhaltig wirtschaftlich produzieren zu können.

Über alle Branchen hinweg versprechen sich die befragten Unternehmen eine durchschnittliche jährliche Effizienzsteigerung von 3,3 Prozent durch eine Digitalisierung der Wertschöpfungsketten. Das sind insgesamt 18 Prozent in den kommenden fünf Jahren. Mit Blick auf die Kostenreduktion erwarten sie jährliche Einsparungen von 2,6 Prozent.

5. Die integrierte Analyse und Nutzung von Daten ist die Kernfähigkeit im Rahmen von Industrie 4.0.

Schon heute ist die effiziente Analyse und Nutzung von Daten für die Hälfte aller befragten Unternehmen von hoher Bedeutung. 90 Prozent sind der Ansicht, dass schon in fünf Jahren die Fähigkeit zur Datenanalyse für das Geschäftsmodell entscheidend sein wird. Dabei liegt der Fokus der Unternehmen primär auf dem effizienten Datenaustausch innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette, der eindeutigen digitalen Kennzeichnung der Produkte und auf der Nutzung von Echtzeitdaten zur Steuerung der Produktion.

6. Digitalisierung des Produkt und Serviceportfolios ist der Schlüssel zum nachhaltigen Unternehmenserfolg.

30 Prozent der befragten Unternehmen haben ihre Produkte bereits weitgehend digitalisiert und ihr Angebot hin zu vernetzten und automatisierten Dienstleistungen ausgebaut. Ein mechanisch perfektes Produkt allein wird nicht mehr genügen, um im internationalen Wettbewerb langfristig bestehen zu können. Daher gehen mehr als vier von fünf Befragten – mit Ausnahme der Prozessindustrie – davon aus, in fünf Jahren einen hohen Digitalisierungsgrad ihres Produkt- und Serviceportfolios erreicht zu haben.

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