Grüne Denke und finanzielle Muskeln AQ Compute, der neue Player im Datacenter-Markt
Zuerst in Norwegen und dann in Europa und wenn`s gut läuft, darüber hinaus, so sind die Pläne für den Bau und den Betrieb von Rechenzentren bei AQ Compute. Die Aufbau- und Ausbaupläne setzen ein Budget von Milliarden Euro voraus, das die Muttergesellschaft, die Hamburger Investmentgesellschaft Aquila Capital auch hat.
Anbieter zum Thema

Auf der Website des Unternehmens heißt es: „AQ Compute bietet kosteneffiziente und maßgeschneiderte Co-Location-Kapazitäten in Kombination mit 100 Prozent erneuerbarer Energie.“ Das kann für Norwegen stimmen, wo es viel regenerative Energiequellen gibt, doch heißt es weiter: „In diesem Zusammenhang strebt AQ Compute die Entwicklung klimaschonender Co-Location-Rechenzentren an und arbeitet derzeit an verschiedenen Konzepten zur Wiederverwendung überschüssiger Wärme…“
Um zu verstehen, wie das zu stemmen ist, müsse man wissen, so führt Petter M. Tømmeraas aus, der seit dem 1. Oktober 2021 die Position des Chief Executive Officer (CEO) bei AQ Compute inne hat, welche Bewandtnis es mit der Muttergesellschaft auf sich habe. Aquila Capital ist eine bankenunabhängige, inhabergeführte Investmentgesellschaft mit Hauptsitz in Hamburg.
Die 2001 gegründete Unternehmensgruppe strukturiert und managt alternative Investments für institutionelle Investoren in den Bereichen Finanzmarkt-Investments, Sachwert-Anlagen und Private-Market-Lösungen. Sie verwaltet ein Vermögen von mehr als 13 Milliarden Euro.
Wo die Finanzmittel herkommen
Man könnte auch sagen, das Geld fließt zu einem Großteil in den Ausbau von Stromgewinnung aus erneuerbarer Energie. Denn Aquila Capital ist seit 2011 auf dem norwegischen Markt tätig und der größte Betreiber von Kleinwasserkraftwerken in Norwegen und agiert seit 2006 selbst klimaneutral.
Roman Rosslenbroich, CEO und Mitbegründer von Aquila Capital, beschreibt das jetzige und die entstehende Ausrichtung so: „Aquila Capital trägt zur globalen Energiewende bei, da wir konsequent in grüne Energie und nachhaltige Infrastrukturprojekte investieren. Indem wir einen Teil des produzierten Stroms aus unserem grünen Energieportfolio von mehr als zwölf Gigawatt für unsere nachhaltigen Rechenzentren einsetzen, ermöglichen wir vielen Unternehmen, die eigene Umweltbilanz maßgeblich zu verbessern.“
Der Macher
Tømmeraas berichtet somit aus Oslo an Rolf Zarnekow, Head of Investment Management Real Estate bei Aquila Capital. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Rechenzentrumsbranche. Er begann seine berufliche Laufbahn im Dienstleistungsbereich für die Rechenzentrums- und Telekommunikationsindustrie im Jahr 1998 und ist Gründungsmitglied sowie der Vorstandsvorsitzende des Branchenverbands Norwegian Data Centre Industry.
Vor seinem Wechsel zu AQ Compute hat er das Rechenzentrumsgeschäft von Basefarm AS geleitet, einem europäischen Managed-Service-Provider und Anbieter auf dem norwegischen Co-Location-Markt. Dafür arbeitete Tømmeraas als Chief Sales Officer für den norwegischen Rechenzentrumsanbieter Green Mountain AS. Nun verantwortet er insbesondere die Weiterentwicklung des bestehenden Geschäfts in Skandinavien und soll die Expansion in anderen europäischen Ländern vorantreiben.
Das Rechenzentrum in Norwegen
Die erste Rechenzentrumsanlage von AQ Compute „NO-DC1“ entsteht derzeit in der Nähe von Oslo. NO-DC1 will mit dem Co-Location-Angebot insbesondere Kunden anlocken, die für ihre High-Performance-Computing-Anwendungen eine ‚grüne‘ Heimat suchen und Latenz eine untergeordnete Rolle spielt. Der Erbauer plant mit einer Kapazität von 20.000 Quadratmetern beziehungsweise 10 Megawatt. Abgesehen davon, dass ausschließlich erneuerbare Energie verwendet wird, soll das Rechenzentrum über Kühlungs- und Datacenter-Infrastrukturtechnologien verfügen, die einen PUE-Wert (PUE = Power Usage Effectiveness) von 1,05 ermöglichen sollen.
Darüber hinaus richtet sich das Angebot nach Projektgröße und -anforderungen der Kunden mit einer Palette an Kapazitäten und installierten Techniken, darunter Datenhallen in verschiedenen Größen, von kleineren bis hin zu großen White-Space-Bereichen und ganzen Anlagen. Zum Beispiel bietet der Rechenzentrumsbetreiber Luftkühlung aber auch direkte Heißwasserkühlung an. Partner ist in diesem Fall das Dresdner Unternehmen Cloud and Heat Technologies. Selbstredend erfüllten die Einrichtungen höchste Sicherheitsstandards seien GDPR-konform (GDPR = General Data Protection Regulation).
Auf der Website des Unternehmens bietet AQ Compute einen Rechner an, mit dem (potenzielle) Kunden ihren CO2-Fußabdruck berechnen können (siehe: Abbildung). Doch ist der Strom nicht nur grün, sondern auch günstig im Vergleich zu den Preisen hierzulande. Das Unternehmen bietet zudem langfristige Energieverträge, die Preisstabilität sichern und eine Planungssicherheit von mehr als zehn Jahren.
Die Energie-Effizienz und den Anspruch an die Klimaverträglichkeit will AQ Compute in andere Länder exportieren. Doch da gibt es weniger Grünstrom und bereits etablierte Player sowie eine zunehmende Marktkonzentration. Tømmeraas erläutert, warum er trotzdem Chancen sieht, den Markt zu erobern. Aquila Capital habe schlichtweg ausreichend starke finanzielle Muskeln, um das Rechenzentrumsgeschäft zu stellen. Selbst große, etablierte Konkurrenten würden um die Finanzierung der Ausbaubaupläne kämpfen. Und 12 Gigawatt an installierter grüner Energie.
Zudem beabsichtige das Unternehmen nicht, die Tier-1-Standorte zu erobern. Vielmehr gebe es in Europa genügend große Städte, die eine Rechenzentrumsansiedlung attraktiv machten. Zudem hätten unternehmenseigene Untersuchungen ergeben, dass 80 bis 90 Prozent der IT-Last von Unternehmen keine Latenz unter 25 Sekunden benötigten. Das aber biete die Freiheit, nahezu überall neue Standorte zu erschließen. Die Klientel soll aus möglichst großen Rechenzentrumskunden zählen.
Die Standortwahl
Wo AQ Compute das nächste Datacenter bauen will, verrät Tømmeraas nicht, immerhin liefen bereits Verhandlungen. Wahrscheinlich ist ein deutscher Standort, aber auch Rechenzentren in Spanien und Italien wären denkbar. Jedenfalls soll es heuer noch losgehen.
Dass das Invest in die Rechenzentrumsbranche ein Risiko sein könnte, schließt der Manager aus. Es sei ihm keine weitere Branche bekannt, die alle anderen mit ihren Dienstleistungen unterstützen könne.
Wie der Bitkom jüngst ermittelt hat, schätzen die deutschen Datacenter-Betreiber den Fachkräftemangel als großes Risiko ein (siehe: „Bitkom-Studie zu Rechenzentren und ihre aktuelle Entwicklung; Datacenter in Deutschland: Mehr Daten – mehr Strom?“. Nicht so Tømmeraas. Es gebe andere Industriezweige, die zwar gut ausgebildete Techniker mit Fähigkeiten , die die Rechenzentren brauchten, beschäftigten, deren Zukunft aber schwinde, wie die Öl- und Gas-Industrie. Die dort Beschäftigten brächten einerseits einen ähnlichen Hintergrund mit und andererseits ein Bewusstsein für die Kritikalität des Geschäfts.
(ID:48020816)