HPE-Ausstieg aus OpenStack-Software und Absage für Hyperscale-Hardware - Was nun? Alain Andreoli: „Es geht nur mit Versuch und Irrtum“

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Hybride IT von der physischen Infrastruktur bis zum Management und Service ist ein Schwerpunkt von HPE. Ariane Rüdiger sprach mit Alain Andreoli, Senior Vice President und Geschäftsführer der Hybrid IT Group, über jüngste Umstrukturierungen und die jetzige Strategie. Unter anderem interessant: Der Ausstieg von HPE aus dem Segment ´Hardware für Hyperscaler".

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Auf dem "HPE Summit" Ende November traf die Journalsuin Ariane Rüdiger, Alain Andreoli, Senior Vice President und General Manager der Hybrid IT Group bei Hewlett Packard Enterprise, zum Interview.
Auf dem "HPE Summit" Ende November traf die Journalsuin Ariane Rüdiger, Alain Andreoli, Senior Vice President und General Manager der Hybrid IT Group bei Hewlett Packard Enterprise, zum Interview.
(Bild: Hewlett Packard Enterprise Development L.P.)

Sie versprechen, Hybrid IT so einfach wie möglich zu machen. Aber kann das mit einem derart umfangreichen Portfolio, wie HPE es noch immer hat, überhaupt funktionieren? Sind da andere ohne Hardware-Altlasten nicht langfristig im Vorteil, beispielsweise Nutanix, der derzeitige Marktführer bei hyperkonvergenten Systemen?

Alain Andreoli: Auch wir haben ja mit Simplivity ein sehr gutes Angebot für den Plug-and-Play-Markt. Ich bin sicher, dass wir uns auch im hyperkonvergenten Bereich sehr gut behaupten werden.

Aber der Kern des Marktes braucht Enterprise-Produkte. Und bei der steigenden Komplexität von Infrastrukturen, und eingedenk der Tatsache, dass Informationstechnik in Zukunft ein Teil von nahezu allem wird, braucht man Beratung, damit alles funktioniert, die wir mit unserem 'Pointnext'-Bereich und seinen rund 25.000 Mitarbeitern weltweit anbieten können.

Stehen Sie damit nicht Ihren Integrationspartnern auf den Füßen?

Alain Andreoli: Im Gegenteil. Wir versuchen, die größten und besten Spezialisten als Partner zu gewinnen und zu halten. Die steigende Komplexität der Infrastruktur sorgt dafür, dass es genug Arbeit und Aufgaben für alle gibt.

Die meisten Anwender wünschen sich Informationstechnik doch inzwischen so einfach wie die Nutzung von AWS oder Azure. Bestimmen nicht in Zukunft die Hyperscaler, wo es langgeht?

Alain Andreoli: Es gibt einmal die sieben oder acht großen Hyperscaler, die sich ihre Hardware notfalls selbst bauen: Alibaba. Tencent, Baidu, Facebook, Amazon, Google, Apple, vielleicht könnte man noch ein oder zwei Firmen zu diesem Segment rechnen. Die bilden vielleicht 20 Milliarden aus einem Infrastrukturmarkt ab, der insgesamt 120 Milliarden umfasst.

Allerdings prägen die Großen, wie die Infrastruktur der Zukunft aussieht, und es scheint, als würde HPE deren Architekturprinzipien durchaus berücksichtigen, - ich meine Ihre 'Cloudline'-Produktserie.

Alain Andreoli: Bis jetzt haben wir den oben genannten Großen geholfen. Das ist jetzt vorbei. Sie können nach wie vor alle unsere Produkte kaufen, aber wir werden keine Systeme nach ihren Designvorgaben bauen. Wir bauen die Infrastrukturen und Produkte für den großen Rest des Marktes.

Allerdings wächst der Hyperscaler-Markt jedes Jahr um 15 Prozent, kann man sich das entgehen lassen?

Alain Andreoli: Tatsächlich wächst der übrige Markt erheblich flacher als das Segment der Hyperscaler. Doch sein Volumen ist sehr groß und voraussichtlich über die kommenden Jahre zumindst stabil.

Wir haben uns aus diesem Markt die Segmente als Fokus gewählt, die besonders schnell zulegen. Und im Übrigen haben wir ja mit unseren engen Beziehungen zu Rackscale und zu 'Microsoft Azure' durchaus auch einen Fuß im Markt der großen Service Provider.

Welche Segmente des Enterprise-IT-Marktes sind aus Ihrer Sicht besonders attraktiv, Sie bieten ja für beinahe jeden Bedarf etwas?

Alain Andreoli: Wir sehen Flash-Storage, Hyperkonvergenz, Hochleistungsrechnen und Software als besonders wachstumsträchtige Teile des Gesamtmarkts an.

Bei HP hatte man in den vergangenen Restrukturierungs-Jahren manchmal den Eindruck, dass Unternehmenszweige nur eingekauft wurden, um dann schnell wieder verkauft oder sonstwie unsichtbar zu werden. Beispiele dafür sind Software – das Sie ja eben als Schwerpunkt genannt haben – und 'Moonshot': Über Jahre erworbene Softwarefirmen wurden nun an Microfocus verkauft, und von Moonshot hört man einfach nichts mehr.

Alain Andreoli: Wir haben nur die Software verkauft, die nicht in unsere Strategie passt, die drei Komponenten hat – eine möglichst einfache Hybrid IT, ein intelligentes Edge und die dazu nötigen Services. Mit 'Onesphere' haben wir eine wegweisende neue Lösung für das Multicloud-Management entwickelt und stellen sie als Service zur Verfügung.

Mit Multicloud-Management werden sich wohl alle Unternehmen und auch Dienstleister in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen müssen. Und was Moonshot angeht: Die Moonshot-Systeme stecken heute in unseren 'Edgeline'-Produkten, die ein Kernbestandteil unserer Strategie sind.

Multicloud-Management bieten heute viele an, unter anderem viele Ihrer Integrationspartner als Teil Ihrer Dienstleistung. Worin sehen Sie das Besondere an Ihrem Angebot für dieses Segment?

Alain Andreoli: Zunächst mal zeigen wir mit Onesphere, dass wir nicht einfach eine Strategie definieren, sondern auch im Stande sind, sie so auszuführen, wie sich das unsere Kunden wünschen, nämlich als standardisierten, nach Verbrauch abzurechnenden Service. Wir sind in diesem Bereich aktuell um Längen voraus – unter anderem, weil wir auch Infrastrukturkomponenten anderer Hersteller und Plattformen wie Simplivity oder Synergy einbeziehen, weil wir die Abrechnung von heterogenen Cloud-Services bis auf den Arbeitsplatz genau ermöglichen und weil das Management mit Onesphere neutral hinsichtlich der Erbringungsform ist.

Es gibt bisher niemanden, der eine so einheitliche Management-Oberfläche über alle diese Bereiche hinweg anbietet. Allerdings erfordert es durchaus Know-how, die einzelnen Systeme für Onesphere vorzubereiten und darüber nachzudenken, was man in die Cloud bringt. Das sind typische hochwertige Beratungsleistungen, die wir über Pointnext oder unsere Partner bereitstellen können.

Nochmal zurück zu Ihrer Strategie: Sie haben sich nach einem eher plötzlichen Einstieg in den Public-Cloud-Markt wieder sehr schnell von diesen Aktivitäten verabschiedet. Werden wir in der nächsten Zeit genauso hektische Veränderungen bei HPE sehen?

Alain Andreoli: Der IT-Markt und die ihn tragenden Technologien und Geschäftsmodelle verändern sich derzeit in einer geradezu unvorstellbaren Geschwindigkeit. Da müssen Sie einfach ausprobieren, sonst sind Sie in der falschen Branche. Es geht nur mit Versuch und Irrtum, und Irrtümer schaden langfristig nicht, so lange sie schnell behoben werden, die Strategie in die richtige Richtung geht und es nicht zu viele sind.

Letzteres ist bei uns sicher nicht der Fall. Trotz einiger Irrtümer ist es uns gelungen, wegweisende und sehr zukunftsträchtige Produkte zu entwickeln: Moonshot, 'Synergy', die erste und bislang einzige Composable Infrastruktur, von der wir mittlerweile über 1.000 Kunden weltweit überzeugen konnten, selbstheilende IT und jetzt Onesphere als Multicloud-Lösung zusammen mit den dazugehörigen Beratungs- und Service-Kapazitäten. Wir sind bereits 77 Jahre erfolgreich am Markt, und ich bin sicher, dass wir das noch sehr viel länger sein werden.

* Ariane Rüdiger ist freie Journalsitin und lebt in München.

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